Michael van Gerwen war und bleibt der Topfavorit auf den WM-Titel. Der Holländer, bereits zweifacher Champion, untermauerte seine Ansprüche mit einem phänomenalen Halbfinal-Auftritt. «Mighty Mike» haute den Schotten Gary Anderson 6:1 weg. Wird Michael Smith im Final heute Abend (ab 21 Uhr) ebenfalls chancenlos sein?
Nicht, wenn er so spielt wie im Halbfinal gegen den überraschenden Nathan Aspinall. Smith kam auf einen Schnitt von 105,22 Punkten pro Aufnahme à 3 Pfeilen, warf dabei 17 Mal das Maximum von 180 Punkten – ein neuer Rekord für einen WM-Halbfinal – und ihm gelangen fünf Highfinishes.
Smith, dessen Spitzname «Bully Boy» nicht vom Treffen des Bull's Eyes abstammt, sondern von der Arbeit auf einer Rinderfarm als Jugendlicher, traf 2018 schon einmal in einem grossen Final auf van Gerwen. Im Endspiel um den Sieg in der Premier League unterlag er dem damals brillant aufspielenden Holländer klar mit 4:11.
An der WM wird jedoch im Satzmodus gespielt, wodurch ein Über-Spieler wie Michael van Gerwen eher geschlagen werden kann. Wenn der 29-Jährige indes die Doppelfelder beim Abschliessen eines Legs weiterhin so gut trifft, dann wird es für Smith sehr schwierig werden. Auch wenn die Erkenntnis nicht neu ist, so gilt sie in einer Partie zwischen zwei Spielern mit hohen Scores eben doch umso mehr: Die Präzision bei den entscheidenden Würfen aufs Doppelfeld wird entscheiden.
«Ich war wirklich extrem nervös», verriet Smith nach dem gewonnen Halbfinal. Der frühere Junioren-Weltmeister sagte: «Es fühlte sich an, als ob ich ein Straussenei gebären würde oder etwas in die Richtung. Nun bin ich sehr erleichtert darüber, dass meine Nerven gehalten haben und ich den Job erledigt habe. Nur noch ein Schritt fehlt zur Erfüllung meines grossen Traums.»
Immerhin 6 der bislang 31 Vergleiche mit Finalgegner van Gerwen konnte Smith, im Alexandra Palace als Nummer zehn der Setzliste angetreten, für sich entscheiden. Zwei Erfolge feierte der 28-Jährige aus St.Helens bei Liverpool in diesem Jahr, darunter der Sieg im Halbfinal der Shanghai Darts Masters, die er daraufhin gewinnen konnte.
Die Weltnummer eins ist also gewarnt. «Das wird ein phänomenaler Final gegen Michael», kündigte der andere Michael, van Gerwen, an. «Meine Bilanz gegen ihn ist stark, ich freue mich auf das Spiel. Tagein, tagaus arbeite ich hart und deshalb bin ich froh, dass ich im Halbfinal gegen Gary Anderson mein Topniveau abrufen konnte.» Selbstredend möchte er heute Abend daran anknüpfen.
Im Final geht es nicht nur um die 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy, sondern auch um einen Siegercheck von umgerechnet 630'000 Franken. Den Verlierer trösten 250'000 Franken.
Für die Buchmacher ist klar, wer gewinnen wird: Michael van Gerwen erhielt bloss die Quote 1,25. Wer sein Geld auf einen WM-Titel von Michael Smith setzt, erhält im Erfolgsfall das Vierfache seines Einsatzes zurück.