Der Schweizer Sport sieht Licht am Ende des Tunnels. Ab Oktober sind Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen – Teilnehmer oder Zuschauer – wieder möglich. Allerdings müssen sie einzeln vom Kanton bewilligt werden, unter Berücksichtigung der epidemiologischen Entwicklung und der Voraussetzungen der jeweiligen Infrastruktur. Bis zum 2. September sollen nun mit aktiver Unterstützung des Sports möglichst präzise Grundlagen ausgearbeitet werden für eine verlässliche, plausible und schweizweit harmonisierte Bewilligungspraxis
Swiss Olympic als Dachverband des Schweizer Sports ist in den vergangenen Wochen mehrfach von Vertretern der Profiklubs für eine zu passive Haltung kritisiert worden. Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl bezeichnet die Kritik als «teilweise oberflächlich». Man wolle und müsse nicht mit der gleichen Tonalität und in derselben Lautstärke auftreten wie die Klubvertreter. Und die unterschiedliche Auftrittsweise könne sich ja auch ergänzen.
Er sagt, sein Verband sei seit Monaten ein glaubwürdiger und verlässlicher Partner für Bund und Kantone. Swiss Olympic habe mit wirksamen Schutzkonzepten für die Rückkehr zum Trainingsbetrieb ab 11. Mai und später zum Wettkampfsport massgeblich daran mitgearbeitet, dass das System Sport Schweiz auch unter erschwerten Rahmenbedingungen weiterhin funktioniert. Gestützt auf diese Anstrengungen und die Erfahrungen der«best practice», könne man nun die ab Oktober gefragten gesamtheitlichen Konzepte weiterentwickeln.
Stahl lobt die Profiligen von Fussball und Eishockey ausdrücklich. Die Zusammenarbeit und der Austausch mit den beiden Direktoren seien viel intensiver geworden und das Vorgehen besser koordiniert. «Man ist sich bewusst, dass wir die Kräfte bündeln und gemeinsam an einem Strick ziehen müssen.» Und dank der Tatsache, dass man rasch griffige Schutzkonzepte ausgearbeitet und diese diszipliniert befolgt habe, «hat der Schweizer Sport einen Beitrag geleistet, dass die Infektionszahlen tief gehalten wurden».
Als Jürg Stahl im Nachgang des Bundesratsentscheids Reaktionen von Profiklubs in den Medien verfolgte, da ärgerte er sich ob einiger negativen Äusserungen. «Wir sollten jetzt nicht selber Unsicherheit suggerieren, sondern aufzeigen, wie wir unsere Verantwortung wahrnehmen.» Dazu ist dem Präsidenten von Swiss Olympic wichtig, «dass wir die Schutzkonzepte verständlich machen. So einfach wie möglich, so präzis wie nötig. So schaffen wir Vertrauen gegenüber den Kantonen und in der Bevölkerung.»
Stahl vergleicht den Weg, welchen der Schweizer Sport in den kommenden Wochen gehen muss,mit einer Kunstturnübung am Schwebebalken. «Es braucht eine gehörige Portion Mut, man muss gut trainiert sein und darf keine Angst haben.» Und der Sport sei sich gewohnt, Spielregeln einzuhalten. Deshalb glaubt er an die notwendige Sensibilität, etwa beim konsequenten Tragen von Schutzmasken.
Swiss Olympic betont aber auch, dass die Schweizer Sportlandschaft nicht nur aus je zwei Fussball- und Eishockeyligen besteht. Auch in anderen Teamsportarten wie Unihockey, Handball oder Volleyball braucht es nun griffige Konzepte. Diese sind ebenso anspruchsvoll, da viele dieser Vereine ihre Wettkämpfe nicht in grossen Stadien, sondern in kleineren Sporthallen austragen. Abstand wahren wird hier zur Herausforderung.
Der ehemalige Olympiacurler Ralph Stöckli, der Verantwortliche für Grossanlässe bei Swiss Olympic, stellt in diesen Tagen ein Expertenteam zusammen. Dabei sind auch Vertreter von Swiss Top Sport. Diese Vereinigung vertritt 20 jährlich wiederkehrende Grossveranstaltungen in der Schweiz – ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der aber auch in der laufenden Diskussion oft ein wenig in Vergessenheit gerät.
Mit den Lauberhornrennen, dem Engadin Skimarathon oder dem Skispringen in Engelberg sind mehrere Wintersportarten in ihrer Eventvorbereitung in den nächsten Monaten direkt betroffen. Stöckli will mit seinem Team Kantone,Verbände, Ligen und Vereine sowie Veranstalter unterstützen. Etwa auch bei Detailfragen, wenn ausländische Sportler in die Schweiz an Veranstaltungen reisen oder Schweizer Sportler im Ausland starten oder trainieren.
Ein Projekt liegt Jürg Stahl speziell am Herzen. Er hat eine wissenschaftliche Begleitung der Schutzkonzepte durch Universitäten oder Hochschulen angeregt. «Es ist enorm wichtig, dass wir verlässliche Zahlen haben, wie unsere Massnahmen wirken», sagt Stahl. Damit könne man den Veranstaltern den Rücken stärken. Er habe auf seinen Vorschlag ein sehr gutes Feedback bekommen und auch vonseiten der Wissenschaft positive Signale zur aktiven Mitarbeit erhalten.