Weltmeister-Goalie Manuel Neuer sagt: «Wir glauben daran, dass wir es packen.» Und Stürmer Thomas Müller meint: «Wir brauchen kein Fussballwunder, wir brauchen eine Topleistung.»
Die braucht Bayern München in der Tat, wenn es in der Champions League in die Halbfinals gelangen will. Im Viertelfinal-Rückspiel auswärts gegen Real Madrid brauchen die Deutschen einen Sieg mit mindestens zwei geschossenen Toren. Gegen den Titelverteidiger ist das eine äusserst schwierige Aufgabe. Doch «unmöglich» gibt es im Fussball nicht – das haben auch schon die Bayern selber bewiesen, wie unser Blick ins Europacup-Archiv belegt.
In einer Umfrage des Magazins 11 Freunde wird das Rückspiel im Viertelfinal des Cupsieger-Cups zum grössten Fussballspiel aller Zeiten gewählt. Uerdingen verliert in der DDR mit 0:2 und liegt im Rückspiel zur Pause mit 1:3 zurück. Doch nach einer wahnwitzigen zweiten Halbzeit mit sechs Toren in 29 Minuten und einem gloriosen 7:3-Erfolg schaffen die Uerdinger sensationell noch den Einzug in den Halbfinal. «Das sind Spiele, die sind auch nach dem Spiel nicht ganz einfach zu erklären», staunt der Trainer von Bayer 05, Kalli Feldkamp.
3:0 gewinnt der FCB das Viertelfinal-Hinspiel der Europa League – und schafft es doch nicht in die Halbfinals. Denn im Rückspiel im Mestalla biegt Valencia die Sache noch um, erzwingt eine Verlängerung und siegt am Ende mit 5:0. «Valencia hat uns gezeigt, was grosse internationale Klasse ist. Wir waren chancenlos», sagt Yann Sommer, dessen viele Paraden am Ende wertlos sind.
«Wenn es ein Team gibt, das ein 0:4 noch umbiegen kann, dann Barça.» Sagen vor dem Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals zwar einige, aber sie glauben wohl selber nicht daran. Doch der FC Barcelona schafft die unglaubliche Wende, siegt dank drei späten Toren – Penaltygeschenk inklusive – mit 6:1 und zieht in den Viertelfinal ein. Dort verliert Barça das Hinspiel bei Juventus Turin 0:3 – die Katalanen benötigen also schon wieder ein Fussballwunder.
Der Titelverteidiger aus Italien ist im Viertelfinal der Champions League schon mit einem Bein im Halbfinal, als es nach Spanien geht: Mit 4:1 gewinnt Milan im San Siro. Doch als Urs Meier in La Coruña abpfeift, ist Milan draussen: «Superdepor» wirft die Rossoneri mit einem 4:0 zum Wettbewerb hinaus.
Der Bundesligist verliert in der 2. Runde des UEFA-Cups das Hinspiel mit 1:3. Im Rückspiel ereignet sich das «Wunder vom Wildpark». Der KSC schiesst Valencia 7:0 ab, Stürmer Edgar Schmitt wird dank vier Toren zum «Euro-Eddy». Es ist der grösste Erfolg der Karlsruher unter Trainerfuchs Winnie Schäfer und mit dem jungen Oliver Kahn im Tor.
Wie Basel gegen Valencia – das Hinspiel gewinnt der Schweizer Vertreter zuhause mit 3:0. Doch im Rückspiel in der Türkei erwartet die Xamaxiens die Hölle auf Erden. Im Ali-Sami-Yen-Stadion fliegen Stürmer Ädu Kunz Münzen an den Kopf und wirbeln die Gala-Spieler durch die Neuenburger Abwehr. Am Ende gewinnt Galatasaray Istanbul mit 5:0.
Der 3:2-Heimsieg der Rumänen wird gar zu einem 3:0-Forfaitsieg, weil die Pariser einen nicht spielberechtigten Akteur einsetzen. Im Rückspiel ballert sich der PSG den Frust darüber weg und gewinnt 5:0, der Brasilianer Raï schiesst drei Tore.
Mit einem 5:1-Heimsieg auf dem Bökelberg reisen die Deutschen nach Madrid – da darf nichts mehr anbrennen. Am Ende brennt es lichterloh. Jorge Valdano schiesst früh zwei Tore, zwei weitere durch Santillana bringen Real Madrid dank der Auswärtstor-Regel weiter. Das 4:0 fällt dabei erst in der 89. Minute.
Ein 1:3 auswärts beim königlichen Ballett – das würde auch für die roten Teufel kaum zu biegen sein. Doch es kommt zum «Wunder vom Betzenberg». Mit 5:0 verprügeln die Lauterer das grosse Real. Friedhelm Funkel schiesst die ersten beiden Tore, schon damals trägt er einen Bart. Der «Betze» brennt und die Fans singen: «Zieht den Spaniern die Badehosen aus!»
Wer wettet nach dem 3:1-Heimsieg der Spanier noch auf ein Weiterkommen der Zürcher? Die Quote muss gut gewesen sein und wer tatsächlich auf GC setzt, fährt danach mit dem Mercedes durch die Gegend. Claudio Sulser, der schon das Auswärtstor geschossen hat, ist die grosse Figur im Hardturm. Seine beiden Tore in der 8. und in der 86. Minute sorgen dafür, dass den Grasshoppers ein Wunder gelingt. Der Tessiner wird in dieser Saison mit elf Treffern auch Torschützenkönig des Meistercups.
Im Waldstadion verlieren die Zürcher nach 2:0-Führung noch mit 2:3, aber die Auswärtstore lassen fürs Rückspiel hoffen. 30'000 Zuschauer fiebern im Hardturm mit und tatsächlich eliminiert GC den Bundesligisten um die Weltmeister Bernd Hölzenbein und Jürgen Grabowski. Hinten hext Roger Berbig, vorne verwertet Raimondo Ponte einen Penalty zum 1:0-Sieg.
Die «Wunder an der Weser» sind im deutschen Fussball legendär, mehr als einmal schafft Bremen eine kaum mehr für möglich gehaltene Wende. Erstmals taucht der Begriff nach dem Einzug in den UEFA-Cup-Viertelfinal auf. In Russland verliert Werder mit 1:4, doch zuhause wird Spartak Moskau mit 6:2 vom Platz gefegt. Auch das Wetter spielt mit: Der Nebel lässt ein Spiel gerade noch so zu. Hätte es der Schweizer Schiri Georges Sandoz abgebrochen, wäre es zu einem Wiederholungsspiel gekommen.
Zuerst schafft QPR ein Comeback. Im Hinspiel auf eigenem Platz liegen die Engländer 1:2 zurück, müssen nach einer roten Karte mit einem Mann weniger auskommen und feiern trotzdem noch einen 6:2-Kantersieg. Der nützt den Rangers allerdings nichts, denn in Belgrad tauchen sie 0:4 und scheiden aus.
Nach dem Meistertitel verpassen die Ostschweizer knapp die Qualifikation für die Champions League und verlieren daraufhin im UEFA-Cup bei Chelsea mit 0:1. Sascha Müller und Charles Amoah schiessen den FCSG im Rückspiel (2:0) im Zürcher Hardturm gegen den englischen Goliath eine Runde weiter. Es ist St.Gallens grösster internationaler Erfolg.
Vor 22'000 Fans auf der Maladière schlägt die Truppe von Gilbert Gress den grossen Favoriten dank Toren von Röbi Lüthi und Bruno Sutter mit 2:1. Im Rückspiel sieht es sehr lange nach einer Sensation aus, doch spät gelingt den Münchnern doch noch die Wende. Hansi Pflügler und die «Kobra» Uwe Wegmann treffen in der 87. und in der 90. Minute. Bayern ist weiter, Xamax draussen.