«Wenn Davos gegen Biel gewinnen will, muss es entweder 60 Minuten in Überzahl oder gar 60 Minuten in Unterzahl spielen», schoss es mir am Dienstagabend durch den Kopf, als ich das fünfte Spiel in dieser Playoff-Serie verfolgte. Natürlich ist das gar überspitzt formuliert. Aber wenn man sich die Statistik der Special Teams anschaut, fühlt man sich doch bestätigt.
Die Ausgangslage für Davos ist ziemlich unangenehm, denn Biel war bislang die bessere Mannschaft. Aber mit diesem Sieben-Punkte-Plan haben die Bündner vielleicht noch eine Chance, diese Serie zu drehen:
Es zieht sich ein Muster durch die Saison des HC Davos: Die Bündner begehen immer wieder unglaubliche individuelle Fehler, die dem Gegner Torchancen auf dem Silbertablett servieren. Auch am Dienstag schlichen sich solche Unkonzentriertheiten ein: Anton Rödin leistet sich vor dem 0:2 einen katastrophalen Fehlpass und Gilles Senn lässt sich beim 0:3 aus spitzem Winkel in der nahen Ecke erwischen. Will der HCD diese Serie noch gewinnen, muss er diese Fehler dringend abstellen.
Der EHC Biel hat das Spiel vom Dienstag über weite Strecken im Griff gehabt, wie die untenstehende Grafik zeigt. Insbesondere bei ausgeglichenem Spielerbestand waren die Seeländer überlegen.
Biel hat am Anfang des 2. Drittels völlig dominiert. Auch lustig: Kurz vor den beiden Toren im 2. Drittel beides mal einen Pfosten getroffen pic.twitter.com/JEUk5ss2v0
— Micha Hofer (@EuroCaps) March 20, 2018
Das hatte auch damit zu tun, dass der HCD insbesondere im ersten und zweiten Drittel sehr passiv verteidigte. Das Team von Arno Del Curto gab dem Gegner zu viel Freiraum und das rächte sich, wie Rajalas Treffer zum 1:0 zeigt. Dabei sollten die Davoser mittlerweile wissen, dass man den Bieler Stürmern nicht so viel Freiraum geben darf.
Wenn etwas funktioniert beim HC Davos, dann sind es die Special Teams. Das Powerplay ist in diesen Playoffs absolut überragend. Aktuell verwertet das Team von Arno Del Curto 42,86 Prozent seiner Überzahlgelegenheiten – ein unfassbarer Wert und klare Ligaspitze.
Zudem wehren die Davoser 94,44 Prozent aller Unterzahlsituationen schadlos ab – ebenfalls Liga-Bestwert. Am Dienstag gegen Biel überstanden die Bündner vier Minuten doppelte Unterzahl unbeschadet. Tatsächlich hat man fast das Gefühl, dass Davos mit einem Mann weniger besser spielt als bei numerischem Gleichstand.
Der Finne hat in mittlerweile fünf Spielen gegen den HCD fünf Tore geschossen und zusätzlich noch zwei Assists gegeben. Man müsste meinen, die Davoser hätten mittlerweile begriffen, wie gefährlich dieser Mann ist. Doch beim 4:1 lassen die Bündner ihn einfach gewähren. Im nächsten Spiel müssen sie den Topskorer dringend in den Griff kriegen.
Obwohl das Boxplay gegen Biel hervorragend funktioniert, muss Davos dringend gewisse Undiszipliniertheiten abstellen. Topskorer Anton Rödin holte im dritten Spiel eine unnötige Disziplinarstrafe. In Spiel fünf nahm sich Gregory Sciaroni mit einem dummen Revanchefoul selbst aus dem Spiel – eine Sperre ist wahrscheinlich. Wenn sich die Davoser weiterhin selbst so schwächen, ist der Halbfinal-Traum bald ausgeträumt.
Gregory Sciaroni vs Mauro Dufner, 5+SD, @HCDavos_off vs @ehcbiel pic.twitter.com/roWuDRMoqj
— Kristian Kapp (@K_Krisztian_) March 20, 2018
Eigentlich liest sich die Playoff-Bilanz von Marc Wieser gar nicht so schlecht. Nach fünf Spielen stehen dem 30-Jährigen zwei Tore und ein Assist zu Buche. Doch es wäre noch deutlich mehr möglich gewesen. Wieser hatte in dieser Serie schon mehrere Grosschancen zu verzeichnen, scheiterte aber immer wieder an Jonas Hiller, sich selbst oder seinem Stock. Will der HCD in den Halbfinal, braucht er wieder einen treffsicheren Marc Wieser.
Neben Marc Wieser braucht Davos aber noch weitere Leader. Derzeit müssen Félicien Du Bois und Magnus Nygren ihre Mannschaft im Alleingang tragen. Andres Ambühl ist verletzt, Dino Wieser ebenfalls angeschlagen. Zudem ist Broc Little, Topskorer der Regular Season, völlig ausser Form. Der HCD hofft, dass vielleicht Ambühl, mindestens aber Dino Wieser heute wieder im Einsatz stehen können.