April, April, der macht mit den Bayern was er will. Der verwöhnte deutsche Rekordmeister aus München erlebt gerade einen der schlimmsten Monate der Vereinsgeschichte und hat innerhalb von acht Tagen den Traum vom «Triple» und dann noch vom «Double» verspielt.
Am 1. April, da war den Bayern noch zum Scherzen zu Mute. Nach dem 6:0-Heimsieg gegen den FC Augsburg war die Welt nämlich noch in Ordnung. Die Meisterschaft war damals schon im Sack (13 Punkte Vorsprung auf RB Leipzig), die Münchner konnten sich demnach voll auf die Champions-League-Viertelfinal-Spiele und den Halbfinal im DFB-Pokal konzentrieren. Die perfekte Grundlage für die perfekte Saison war geschaffen.
Was danach folgte, war ein April des Grauens. In sieben Partien gab es nur einen Sieg, dazu zwei Unentschieden und satte vier Niederlagen.
In den letzten fünf Spielen gelang den Bayern kein Sieg mehr. Das gab es seit 17 Jahren (!) nicht mehr. Am 4. April 2000 war es, als für die Bayern zuletzt eine Serie von fünf sieglosen Partien endete. In ebendieser Saison gewannen die Bayern dennoch die Meisterschaft und den Pokal, in der Champions League reichte es immerhin fürs Halbfinale.
Wir haben die Spiele der Bayern analysiert – und folgende Gründe für die Bayern-Krise gefunden:
Was wäre, wenn Bender gegen Robben nicht so mirakulös auf der Linie gerettet hätte? Das 3:1 wäre wahrscheinlich die Vorentscheidung gewesen. Niemand würde es heute wagen, von einer Bayern-Krise zu sprechen. Man kann also behaupten: Trüge Bender eine Schuhnummer kleiner, die Bayern stünden im DFB-Pokalfinal.
Hätte, hätte, Viererkette. Die Bayern sind raus und der Konjunktiv ein Strohhalm, an welchen sich kein Fussballteam klammern sollte.
Die Leistung von Dortmund nach den schweren letzten Wochen mit dem Terroranschlag kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Mit dieser Spielfreude und Kreativität kann der BVB jeden Gegner schlagen – auch einen FC Bayern, für den es um alles geht.
😃 "Das war pure Freude gerade in der Kabine" #fcbbvb https://t.co/9eb9YD3enq pic.twitter.com/XN85s9MlSF
— Borussia Dortmund (@BVB) 26. April 2017
Ein Out in der Champions League gegen Real Madrid ist ebenfalls keine Schande, auch wenn man beim deutschen Rekordmeister natürlich auf den grossen Coup hoffte.
«Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Meisterschaften», heisst ein (zu) viel zitiertes Credo. Wenn die Abwehr so löchrig ist, wie die der Bayern, gewinnt man aber nicht mal einzelne Spiele.
3 - Erstmals seit Februar/März 2006 kassiert der FC Bayern in 3 Pflichtspielen in Folge mindestens 2 Gegentore. Lücken. #FCBBVB
— OptaFranz (@OptaFranz) 26. April 2017
Beim 0:1 gegen Dortmund stellte sich die Bayern-Verteidigung mehr als nur stümperhaft an.
Auch wenn Ersatz-Torwart Sven Ulreich an den Gegentoren keine Schuld trifft, ist er halt kein Manuel Neuer, der Bälle hält, die man gar nicht halten kann.
Die Verletzung des Welttorhüters der letzten vier Jahre wiegt für die Bayern schwerer, als zunächst gedacht – auch wegen der Sicherheit, die Manuel Neuer ausstrahlt. Er macht die Bayern-Defensive selbst dann besser, wenn er nicht eingreifen muss.
Ich halte Carlo Ancelotti für einen der besten Trainer der Welt. Er hat die Champions League bereits drei Mal gewonnen – öfters als Pep Guardiola und José Mourinho.
Aber Ancelotti und Bayern, das passt irgendwie einfach nicht. Der Italiener wurde von «Focus» gar als «Ancefloppi» bezeichnet.
So unbestritten seine Qualitäten sein mögen, so sehr beharrt Ancelotti auf seiner Spielidee. Das Out gegen Real Madrid hängt auch mit seiner Sturheit zusammen, den Aggressiv-Leader Arturo Vidal partout nicht auswechseln zu wollen, bis dieser die absehbare Gelb-Rote Karte holte. Es schien, als hätte Ancelotti keinen Plan B, da kein weiterer Box-to-Box-Mittelfeldspieler auf der Bank sass.
Wenn die Mannschaft einen Lauf hat, ist Kumpeltyp Ancelotti der perfekte Trainer. In einer Krise sollte der Trainer aber auch mal ausrasten und durchgreifen können. Das scheint eine entscheidende Schwäche des freundlichen Italieners zu sein.
Die Bayern sind in grossen Spielen von einzelnen Weltklassespielern abhängig. Mit Boateng, Hummels und Lewandowski sind drei unverzichtbare Stammspieler seit Wochen angeschlagen und mussten entweder passen oder nicht ganz fit spielen.
Dazu kommen mit Thomas Müller und Philipp Lahm zwei Führungsspieler, die komplett ausser Form sind – das ist selbst für den FC Bayern zu viel.
Kann irgendjemand mal Philipp Lahm in den Arm nehmen.#fcbbvb pic.twitter.com/6tPxAULGd7
— Peete (@derPeete) 26. April 2017
Die Schlüsselspieler der Bayern sind in die Jahre gekommen. Es wartet dahinter zwar eine junge zweite Garde, diese scheint aber zu stagnieren. Spieler wie Joshua Kimmich und Kingsley Coman, die sich unter Guardiola prächtig entwickelten, schaffen es derzeit nicht, in die Bresche zu springen – zumindest nicht in den wichtigen Spielen.
Bayern hat übrigens noch bis am Sonntag die Möglichkeit, die Kaufoption über 21 Millionen Euro für Kingsley Coman zu ziehen. «Coman ist wichtig für uns, jetzt und in der Zukunft. Er wird hier bleiben», sagte Ancelotti noch anfangs April über den Spieler, der von Juventus Turin ausgeliehen ist.
"Coman und Sanches spielen dafür am Samstag von Anfang an." #Saetzedieesnichtgibt
— texterstexte (@texterstexte) 26. April 2017
Auch der im Sommer verpflichtete Europameister Renato Sanches ist noch weit vom Prädikat «Weltklasse» entfernt. Die Bayern stecken nicht nur in der Krise, sie haben auch ein Nachwuchsproblem. Im Moment ist eigentlich nur eines sicher: Nachdem die Saison praktisch vorbei ist, stehen die Bayern vor einem heissen Sommer.
Jetzt können Sie wenigstens mal die Meisterschaft richtig feiern weil 2Tage später KEIN CL-Spiel mehr ansteht. ...und danke Karma für den Bender Ablenker! Das hat dieser holländische Tiefflieger aber sowas von verdient!!!
Kimmich und co sind noch so jung, von denen kann man das noch nicht erwarten.
Gerade Kimmich hat für mich was von Shaqiri: Eingeschlagen wie eine Bombe, aber ob die Bestätigung gelingt? Ist abzuwarten