Danach wissen es immer alle besser. Egal ob Fan, Journalist oder sonstiger Experte: Alle glauben den Grund für das erneute Scheitern der ZSC Lions im Playoff-Viertelfinal zu wissen. Einige monieren, den Zürchern sei die eigene Arroganz zum Verhängnis geworden, andere finden, die Lions hätten das Sieger-Gen verloren. Und wiederum andere sehen den Ausfall von Robert Nilsson als Hauptgrund für das Out.
An diesen Ansichten ist sicherlich einiges Wahres dran, belegen kann man sie aber nicht. Fest steht: In der Qualifikation bezwangen die Lions Lugano drei Mal deutlich und verloren ein Mal erst in der Verlängerung. In den Playoffs setzten sich dann die Luganesi mit 4:2-Siegen durch. Die Gründe dafür haben wir mittels Statistiken analysiert.
Der verletzungsbedingte Ausfall von Topskorer Robert Nilsson wog sehr schwer. In der Regular Season war er der einzige Zürcher, der mehr als eine Punkt pro Spiel erzielte (1.11 Punkte pro Spiel). Natürlich gibt es keine Garantie, dass er auch in den Playoffs wieder solche Werte erreicht hätte. Aber nur schon der Verlust dieses Potentials und seiner Kreativität war für die Lions kaum zu kompensieren.
Kam erschwerend hinzu, dass bei den Lions das «Secondary Scoring» fehlte. Die Leute aus den Top-Linien, namentlich Geering, Rundblad, Thoresen, Suter und Herzog erfüllten ihre Pflicht. Einzig Roman Wick hatte von den Top-Spielern einen statistischen Rückgang zu Verzeichnen (Von 0.90 Punkten pro Spiel in der Regular Season zu 0.50 Punkten pro Spiel).
Von den hinteren Linien kam beim ZSC aber zu wenig. Spieler wie Inti Pestoni, Ronalds Kenins, Ryan Shannon oder Chris Baltisberger waren allesamt zu wenig effizient. Aus diesem Grund ging die Zahl erzielter Tore pro Spiel von 3,32 aus der Qualifikation auf 2,00 in den Playoffs zurück.
Bei ungefähr gleich bleibender Anzahl erhaltener Tore pro Spiel, reicht das dann in der Endabrechnung nicht mehr. Dabei darf man aber auch den Verteidigern der Luganesi ein Kränzchen winden, denn sie haben den ZSC Lions das Leben in jedem Spiel sehr schwer gemacht. Auch beim HC Lugano ist ein Gefälle bei der Punkteverteilung auf die einzelnen Spieler zu sehen. Sie schafften es aber, die phasenweise durchzogenen Auftritte von Spielern wie Topskorer Linus Klasen, Gregory Hofmann oder Alessio Bertaggia zu kompensieren.
Auf das Tor geschossen haben die Lions eigentlich genug. In jedem Playoffspiel gegen Lugano brachten sie mehr Schüsse zustande als der Gegner. Doch die Schusseffizienz der Lions brach regelrecht ein. Lag sie in den vier Qualispielen gegen Lugano noch bei sehr guten 11,74 Prozent, gingen in den Playoffs nur noch 6,3 Prozent aller Schüsse rein. Das hat einerseits mit einer starken Leistung von Elvis Merzlikins zu tun (Fanquote von 93,65 Prozent), andererseits auch mit der grossen Opferbereitschaft der Luganesi. Im Durchschnitt blockierten sie über 17 Schüsse pro Spiel. Meistens ein vielfaches mehr als die Zürcher.
Der Ort der Schussabgabe hat sich im Vergleich zur Qualifikation kaum verändert. Über 96 Prozent der Schüsse der ZSC Lions, die den Weg auf das Tor fanden, gaben sie laut Statistik aus dem Slot ab. Der Wert ist allerdings mit Vorsicht zu geniessen. Die Verantwortlichen scheinen fast jeden Schuss als Schuss im Slot zu erfassen. Anders sind Zahlen, die teilweise um 50 Prozent höher sind als in der NHL, nicht zu erklären. Die Statistik wird diese Saison in der Schweiz allerdings auch zum ersten Mal erfasst.
Zu behaupten, die ZSC Lions hätten einfach Pech gehabt, entspricht nur teilweise der Wahrheit. PDO (benannt nach dem Nutzernamen eines Hockeyblog-Users, der als erstes den Nutzen dieser Statistik erkannt hat) ist ein statistischer Wert, bei dem die Trefferquote der Feldspieler zur Fangquote der Torhüter addiert. Über eine ganze Saison hin pendelt sich der Wert normalerweise bei rund 100 Prozent ein. Ein PDO unter diesem Wert bedeutet, dass ein Team derzeit kein Glück hat.
Der ZSC kam in den Playoffs auf einen PDO-Wert von knapp über 96 Prozent. Vom Pech verfolgt, waren die Zürcher indes nicht. Mit 0.5 Treffern an die Torumrandung pro Spiel, hatten sie den zweittiefsten Wert in dieser Statistik. Man könnte höchstens behaupten, sie hatten Pech, dass Merzlikins regelmässig derart zu Höchstform auflief und dass die Lugano-Spieler mit ihren Blocks so erfolgreich waren.
Deshalb geht es jetzt halt bereits allzu früh in die Ferien, wo die ZSC-Spieler das frühe Aus in Ruhe verdauen können. Sobald im Sommer dann wieder das Training auf dem Eis beginnt, sollten die Lions dringendst an ihrer Effizienz feilen.