Sport
Analyse

Analyse: Der FC Basel muss seine Philosophie überdenken

06.12.2016; Basel; Fussball Champions League - Gruppenspiele ; FC Basel - FC Arsenal; Adama Traore (Basel) (Daniela Frutiger/freshfocus)
Traoré verliert sogar das Duell gegen sich selber. Bild: Daniela Frutiger/freshfocus
Analyse

Abgewatscht: Der FC Basel muss seine Philosophie überdenken

Erstmals seit 2009 scheidet der FC Basel vorzeitig aus den europäischen Wettbewerben aus. Auf den Serienmeister wartet ein Umbruch. Auch die Position von Urs Fischer wird hinterfragt – vielleicht zu Unrecht.
07.12.2016, 09:4907.12.2016, 10:26
Sébastian Lavoyer / nordwestschweiz
Mehr «Sport»

Ende, aus, vorbei – Basels Europa-Abenteurer erleiden Schiffbruch. Mit 1:4 wird der FCB im sechsten und letzten Gruppenspiel von Arsenal abgewatscht. Weil Ludogorets gestern zeitgleich gegen Paris St.Germain 2:2 spielt, hätte der FCB nicht bloss ein Unentschieden, sondern gar einen Sieg gebraucht. Davon ist er meilenweit entfernt. Er scheidet sang- und klanglos als Tabellenletzter aus, hinter Arsenal, Paris und Ludogorets.

Gescheitert ist der FCB insbesondere deshalb, weil er das Heimspiel gegen Ludogorets nicht gewinnen konnte. Und somit fliegt Basel erstmals seit 2009 als Gruppenletzter aus der Champions League. Damals, unter Trainer Christian Gross, scheiterte der FCB in einer Gruppe mit Barcelona, Schachtjor Donetsk und Sporting Lissabon. Ein Unentschieden im Camp Nou, sonst nichts. Gross scheiterte auch in Cup und Meisterschaft und wurde Ende Saison gefeuert.

Der Basler Trainer Christian Gross verlaesst das Stadion nach dem Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem Berner Sport Club Young Boys und dem FC Basel im Stade de Suisse Wankdorf in Bern am ...
Unter Christian Gross scheiterte der FC Basel 2009 letztmals daran, europäisch zu überwintern.Bild: KEYSTONE

Egal, wie der Trainer hiess: Stets war Basel erfolgreich

Es kam der Umbruch. Während zuvor praktisch alles von Gross abhing, wollte man sich nun emanzipieren von einem alles bestimmenden Trainer. Der Wandel wurde mit der Verpflichtung von Thorsten Fink im Sommer 2009 eingeleitet. Zwar scheiterte Fink dann gleich in der Europa League, aber es wehte ein frischer Wind durchs Joggeli. Dieser äusserte sich auch im Rückzug von Mäzenin Gigi Oeri aus dem operativen Geschäft. Sie berappte Gross' Erfolge zu einem grossen Teil mit ihren Roche-Millionen.

Präsident Bernhard Heusler und Sportchef Georg Heitz übernahmen. Unter dem Duo Heusler/Heitz dirigierten bis heute fünf verschiedene Trainer die Rotblauen. Fink, Vogel, Yakin, Sousa oder Fischer – alles egal, der FCB wurde stets Meister. Er begeisterte die Massen, erfreute die ganze Schweiz mit seinen teils wilden Tänzen auf internationalem Parkett. Und er überwinterte stets europäisch.

Urs Fischer, Mitte, wird neben Bernhard Heusler, Praesident des FC Basel, links, und Georg Heitz, Sportchef des FC Basel, rechts als neuer Trainer des FC Basel vorgestellt, an einer Medienkonferenz de ...
Georg Heitz (ganz rechts) neben Basels Trainer Urs Fischer (Mitte) und Präsident Bernhard Heusler. Hält die Basler Führungsetage an Fischer fest?Bild: KEYSTONE

Schon wieder scheitert Fischer

Diese Serie ist gebrochen. Unter Urs Fischer scheitert Basel erstmals seit sieben Jahren vorzeitig in einem europäischen Wettbewerb. Diese Tatsache und die gestrige 1:4-Watsche werden die ohnehin schon seit Wochen anhaltenden Diskussionen um Fischer zusätzlich befeuern. Die Vorwürfe an den Zürcher sind mannigfaltig: Er baue zu wenig auf Junge, integriere kaum Spieler aus dem Nachwuchs. Er habe keinen Spieler wirklich weiter gebracht. Er halte zu lange an Bewährtem fest. Und er sei kein Mann für grosse Spiele, keiner der mit einem wagemutigen Kniff den Gegner aus dem Tritt bringt und dem FCB Nächte für die Fussballewigkeit beschert.

Nicht alle Vorwürfe sind haltbar. Fischer hat durchaus gezeigt, dass er in wichtigen Spielen gewinnen kann. Man erinnere sich bloss an den Triumph gegen St.Etienne und das Last-Minute-Tor von Luca Zuffi. Oder den 2:1-Sieg gegen Fiorentina in Florenz. So schlecht waren auch die diesjährigen Auftritte in der Champions League nicht. Gegen Paris fehlte wenig zur Sensation, gegen Ludogorets wenig zur Pflichterfüllung.

Die Noten der FCB-Spieler beim 1:4 gegen Arsenal

1 / 17
Die FCB-Noten beim 1:4 gegen Arsenal
Die Basler Spieler verabschieden sich von den Fans und nach einer 1:4-Klatsche gegen Arsenal aus dem Europacup. Die Spielernoten von Reporter Markus Brütsch von der Aargauer Zeitung.
quelle: keystone / georgios kefalas
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Aber eben: Es fehlte dem FCB das gewisse Etwas, das Überraschende, das wirklich Mutige. Den Beweis, ein Mann für Sternstunden zu sein, blieb Fischer bisher schuldig. Die Tatsache, dass er zu wenig auf Junge baut, ist eng mit Basels Transferpolitik verknüpft. Immer öfter holte man fast fertig ausgebildete Spieler und Talente aus dem Ausland. Aktuell stehen 16 Nationalspieler im 27-Mann-Kader. Soll er da wirklich einen teuer gekauften Spieler versauern lassen und einem jungen Spieler eine Chance geben, ihn auch nach einem schwachen Spiel stützen?

Jetzt beginnt der Umbau

Von den Fans hat sich das Team in den letzten Jahren entfernt. Das hängt auch mit dieser Philosophie zusammen. Auch deshalb gilt es diese zu überdenken. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Distanz zu den ganz Grossen noch grösser wurde. Mehr Eigengewächse, weniger Einkäufe – das könnte künftig wieder ein interessanterer Weg sein.

Ob man diesen gehen will oder nicht, diese Entscheidung muss die Klubführung treffen. Erst dann stellt sich die Frage, ob Urs Fischer hierfür der richtige Trainer ist. Sicher ist, dass das Kader mit 27 Mann ohne europäische Spiele zu gross ist. Erste Abgänge im Winter sind notwendig. Es könnte der Beginn eines weiteren Umbruchs sein.

Die 30 teuersten Transfers im Sommer 2016/17

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
17 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Linus Luchs
07.12.2016 10:35registriert Juli 2014
Die Kader von PSG und Arsenal haben etwa den siebenfachen Transferwert des FCB-Kaders. Eine andere Dimension! Jeder Punkt gegen eine solche Mannschaft ist aussergewöhnlich und darf nicht erwartet werden.
Anders sieht es mit Razgrad aus. Warum hat es gegen dieses nominell schwächere Team schon wieder nicht gereicht? Auch gegen die Verfolger in der Meisterschaft, YB und Sion, konnte sich der FCB zuletzt nicht durchsetzen.
Georg Heitz wird bereits akribisch analysieren, woran das liegt, und ich bin gespannt, was dabei herauskommt. Bei Abwärtstendenzen hat der FCB schon mehrmals radikal reagiert.
401
Melden
Zum Kommentar
avatar
Amboss
07.12.2016 10:21registriert April 2014
Ich denke, der FCB ist im Nirgendwo gelandet, und kann nicht mal was dafür.

Der Abstand zwischen den Topclubs und den kleinen Ligen hat sich massiv vergrössert, Clubs wie der FCB sind in der CL überfordert.
Gleichzeitig ist er in der SL unterfordert, dümpelt durch die Saison, da keine Konkurrenz vorhanden ist.

Und: Grosse Spiele in der CL schafft man nur, wenn man im "Wettkampfmodus" ist.

Ausweg und Perspektive? Fehlanzeige.
Ausser man würde die Struktur aus nationaler Liga und Europacup durchbrechen.
ZB eine europäische Liga mit Clubs, denen es ähnlich geht (zB Zagreb, Piräus, Salzburg).
437
Melden
Zum Kommentar
avatar
Devante
07.12.2016 10:48registriert Mai 2014
das gute ist, für die CH-Liga ist es gut, ist Basel nun europäisch nicht mehr dabei und kriegt keine weiteren UEFA Millionen. Nochmals 1-2 solcher Saisons und das Mittelfeld kann der Super League kann sich langsam wieder annähern und wie mitte-ende 2000er jahre dem FCB paroli bieten. Gut für die Liga, gut für junge CH-Fussballer welche nicht immer "stars" vor die Nase gesetzt bekommen, welche mit uefa-millionen gelockt werden.
3213
Melden
Zum Kommentar
17
Josi wird zum Overtime-Helden – Hischier und Meier führen Devils zu wichtigem Sieg

Roman Josi, 1 Tor, 7 Schüsse, 28:33 TOI

Zur Story