Die erste Woche der Ski-WM ist vorbei und nach fünf der elf Rennen können wir sagen: Ein Blick auf den Medaillenspiegel tut besonders gut.
Wer hätte das gedacht, dass die Schweiz nicht nur als einzige Nation zwei Weltmeister feiern kann, sondern auch insgesamt am meisten Medaillen abstaubt?
Klar, wir hatten im Super-G der Frauen und der Abfahrt der Männer die Topfavoriten am Start. Die bisherige Saison deutete ebenfalls an, dass etwas möglich ist. Aber ein Blick auf die letzten acht Weltmeisterschaften in diesem Jahrtausend zeigt: So gut waren wir schon lange nicht mehr.
Einzig bei den Titelkämpfen 2007 und 2009 sammelten die Schweizer Skifahrer mehr Edelmetall. Allerdings bleiben jetzt noch sechs Rennen Zeit, um diese Marken zu knacken. Die Chancen auf die erfolgreichste WM in diesem Jahrtausend stehen gut. Mehr als sechs Medaillen an einer Ski-WM gab es für die Schweiz übrigens 1989 in Vail (3-5-3) und natürlich im legendären Crans-Montana 1987 (8-4-2):
Aber ja, der Sport, der ist ein fieser und wankelmütiger Geselle. Noch vor der WM hiess es hier bei uns auf der Redaktion aus verschiedenen Ecken: «Ach, das interessiert doch niemanden.» Am Freitag standen dann viele gebannt vor dem TV. Erst litten sie mit Lara Gut, dann jubelten sie mit Wendy Holdener und Michelle Gisin. Und seit dem Gold in der Königsdisziplin Abfahrt von Beat Feuz herrscht hier und im ganzen Land eh Jubelstimmung.
Die Favoriten in der Kombination heissen Titelverteidiger Marcel Hirscher und Alexis Pinturault. Aber die Schweizer müssen sich nicht verstecken. In den zwei einzigen Kombinationen des Winters war Swiss-Ski jeweils zu dritt in den Top 8 vertreten.
Neben dem Überraschungssieg von Niels Hintermann (nicht an der WM) in Wengen brillierte vor allem Justin Murisier mit den Rängen 4 (in Santa Caterina) und 7 (in Wengen). Einmal in die Top 8 schaften es Nils Mani (5. in Wengen/nicht an der WM), Luca Aerni (7. in Santa Caterina) und Mauro Caviezel (8. in Santa Caterina). Dazu kommt Carlo Janka, der nominell beste Schweizer Kombinierer.
Fazit: Eine Medaille kann nicht erwartet werden, aber ein Exploit liegt in dieser Disziplin immer drin.
Die Schweiz und Team-Events – das passte schon oft. Bei den letzten drei Weltcupfinals gab es immer einen Schweizer Sieg. Zuletzt auch 2016 hier in St.Moritz. Mit Wendy Holdener verfügen wir über die Spezialistin für schnelle Starts und das Parallelrennen. Getragen vom Kombi-Gold könnte sie ihre Teamkollegen mitreissen.
An der WM liegt die letzte Medaille allerdings zehn Jahre zurück. Vom damaligen Bronze-Team ist heute nur noch Fabienne Suter aktiv. Dieses Jahr sind für den Start vorgesehen: Holdener, Meillard, Rast, Yule, Aerni und Schmidiger.
Fazit: Noch mehr als bei der Kombi: Hier ist alles möglich. Aber die Chancen stehen gut.
Mit Lara Gut hätten wir einen starken Medaillentrumpf in der Hand gehabt. Aber ohne sie, da wird es ganz schwierig. Holdener, Simone Wild, Camille Rast oder Melanie Meillard werden kaum in die Bresche springen können. Die Konkurrenz mit Tessa Worley, Mikaela Shiffrin, Sofia Goggia, Marta Bassino und Co. ist zu gross.
Fazit: Ein Diplom ist möglich, eine Medaille – nein.
Auch hier ist die Konkurrenz auf den ersten Blick zu gross. Marcel Hirscher und Alexis Pinturault schweben in einer eigenen Welt. Dazu kommen Mathieu Faivre, Henrik Kristoffersen, Felix Neureuther und eine handvoll weitere Anwärter auf den letzten Platz auf dem Treppchen.
Carlo Janka, Gino Caviezel und Justin Murisier, der «vor allem im Riesenslalom stark sein» will, könnten bei optimalem Verlauf vielleicht für einen Exploit sorgen.
Fazit: Ähnlich wie bei den Frauen: Ein Diplom ist möglich, eine Medaille wohl kaum. Allerdings stehen hier die Chancen etwas besser.
Mikaela Shiffrin ist die grosse Favoritin. Aber Irgendwann wird Wendy Holdener die Amerikanerin schlagen. Warum nicht an der Heim-WM, wenn der Druck nach Kombi-Gold schon weg ist? Shiffrin ist aber nicht die einzige Gegnerin. Veronika Velez Zuzulova will den Titel und mit Frida Hansdotter, Nina Loeseth und Petra Vlhova stehen drei weitere Fahrerinnen bereit.
Aber: Vielleicht wächst auch Michelle Gisin nochmals über sich hinaus. Melanie Méillard und Denise Feierabend haben wohl höchstens Diplomchancen.
Fazit: Das gibt eine Medaille. Vielleicht Gold. Und vielleicht schlagen unsere neuen Ski-Zwillinge wieder zu.
Zum Abschluss eine Medaille für die Schweiz – es wäre eine Überraschung. Marcel Hirscher und Henrik Kristoffersen fahren hier normalerweise der Konkurrenz davon. Dazu kommt ein Trio (Mölgg, Choroschilow, Ryding), das stärker einzuschätzen ist als Daniel Yule.
Doch der Walliser kratzte in dieser Saison schon zweimal am Podest (4. in Zagreb, 5. in Kitzbühel). Lässt er sich von der Erfolgswelle im Team noch weiter nach vorne treiben?
Fazit: Eine Medaille käme überraschend. Aber es wäre ein passender Abschluss der bisher so erfolgreichen WM.
Puur und Nell haben wir zwar schon gespielt. Aber zumindest im Slalom der Frauen haben wir noch das Trumpf-Ass im Ärmel. Und auch für die restlichen Rennen sind unsere Handkarten nicht ganz so schlecht.
Darum die Frage: