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Analyse zum Janko-Penalty im Cup-Halbfinal Winterthur-Basel

Die umstrittene Szene die zum Penalty fuehrte mit dem Basler Marc Janko, rechts, und dem Winterthurer Patrik Schuler, links, beim Fussball Cup Halbfinalspiel FC Winterthur gegen den FC Basel in Winter ...
Die entscheidende Szene: Schuler trifft erst den Ball, dann Janko.Bild: KEYSTONE
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Der Janko-Penalty – warum selbst der Videobeweis nichts gebracht hätte

Der FC Basel hat sich gegen Winterthur dank eines umstrittenen Penaltys zum 21. Mal für den Cupfinal qualifiziert. Ob Schiedsrichter Sascha Amhof zu Recht auf Strafstoss entschieden hat, ist nicht zweifelsfrei zu klären.
06.04.2017, 10:0006.04.2017, 10:43
Philipp Reich
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Es lief die 51. Minute, als ein Sturm der Entrüstung über die Schützenwiese fegte. Winterthur war im Cup-Halbfinal gegen Basel bis dahin die bessere Mannschaft gewesen, doch dann zeigte Schiedsrichter Sascha Amhof nach einem Zweikampf zwischen Patrik Schuler und Marc Janko plötzlich auf den Penaltypunkt. Der Basler Stürmer hatte Winterthurs Captain im Mittelfeld aussteigen lassen und konnte alleine auf Torhüter Matthias Minder ziehen. 

Den herbeieilenden Tobias Schättin liess Janko mit einem Haken aussteigen, dann grätschte Schuler. Von hinten heranrauschend traf er mit gestrecktem rechten Bein erst den Ball, dann mit dem linken Bein Janko in die Waden. Der Österreicher fiel, Schiedsrichter Amhof pfiff Penalty und das Winterthurer Publikum wütete.

Die Penaltyszene aus allen möglichen Blickwinkeln.Video: streamable

Weil sich Amhof seiner Sache nicht ganz sicher war, fragte er richtigerweise bei Janko nach, ob es einen Kontakt gegeben habe, was dieser bejahte. Dass der Stürmer danach auf der Schützenwiese gnadenlos ausgepfiffen wurde, ist zwar nachvollziehbar, aber auch ungerecht. Janko wurde angegangen, es war keine Schwalbe. Mathias Delgado behielt in der aufgeheizten Atmosphäre die Nerven und verwandelte sicher zum 1:0. Es war der Wendepunkt in diesem Cup-Halbfinal (1:3 aus Winterthurer Sicht), der viel zu reden gab.

Das sagen die Protagonisten:

Patrik Schuler

«Der Schiedsrichter war unsicher und hat bei Janko und mir nachgefragt. Bei allem Respekt vor Janko, er ist ein super Spieler, aber in dieser Situation hat er sackschwach reagiert. Ich habe zuerst den Ball gespielt und ihn danach berührt. Das war nie und nimmer Penalty.»

Marc Janko:

«Der Schiedsrichter hat mich gefragt, ob ich berührt worden bin. Ich wurde am Knöchel getroffen, aber ob das zwei Zehntel vor oder nach der Ballberührung war, kann ich nicht beurteilen. Ich kann verstehen, dass ich nun der Buhmann bin. Aber so ist das nun mal im Sport.»
Marc Janko nimmt beim SRF Stellung.
Marc Janko nimmt beim SRF Stellung.bild: srf

Schiedsrichter Amhof:

«Verteidiger Schuler trifft tatsächlich zuerst den Ball, doch mit dem zweiten Bein trifft er Janko an der Achillessehne und bringt ihn zu Fall. Nach Konsultation der Fernsehbilder muss ich sagen, dass ich richtig entschieden habe. Schuler geht mit gestrecktem Bein rücksichtslos in den Zweikampf. Es ist Penalty.»
Was meinst du? Penalty oder nicht?

Aber war es nun ein Foul oder hat Schuler den Ball gespielt? Das Reglement gibt leider nur teilweise eine schlüssige Antwort.

Das besagt die FIFA-Regel:

Sechs Aktionen führen gemäss Regel 12 zu einem Freistoss oder Penalty:

  • einen Gegner treten oder es versuchen
  • einem Gegner das Bein stellen oder es versuchen
  • einen Gegner anspringen
  • einen Gegner rempeln
  • einen Gegner schlagen oder es versuchen
  • einen Gegner stossen

Bei diesen sechs Aktionen muss der Schiedsrichter bewerten, wie sie begangen wurden:

  • fahrlässig?
  • rücksichtslos?
  • mit übertriebener Härte?

Schiedsrichter Amhof befand Schulers Einsteigen als «rücksichtslos» und pfiff deshalb Penalty.

«Rücksichtslosigkeit liegt vor, wenn ein Spieler ohne Rücksicht auf die Gefahr oder die Folgen seines Einsteigens für seinen Gegner vorgeht.»
Die umstrittene Szene die zum Penalty fuehrte mit dem Basler Marc Janko, rechts, und dem Winterthurer Patrik Schuler, links, beim Fussball Cup Halbfinalspiel FC Winterthur gegen den FC Basel in Winter ...
Schulers Einsteigen war gemäss Schiri Amhof «rücksichtslos».Bild: KEYSTONE

«Aber Schuler hat doch zunächst den Ball gespielt», monieren viele Winterthurer Fans. Stimmt, aber solche Situationen werden in den FIFA-Regeln nicht eingehend thematisiert. Gemäss «Tages-Anzeiger» gibt es dafür aber eine UEFA-Weisung. In Schiedsrichter-Lehrfilmen wird den Unparteiischen geraten: Wenn ein Spieler den Ball spielt, aber ein Foul in Kauf nimmt, soll der Schiedsrichter pfeifen.

Eine Regel, wie viel Zeit zwischen dem Spielen des Balles und dem Foul liegen darf, gibt es nicht. Ob Penalty oder nicht, bleibt also Ermessenssache des Schiedsrichter. Da hätte auch ein Video-Schiedsrichter im Übertragungswagen ausserhalb des Stadions nichts gebracht. Denn auch da hätte ein Mensch entscheiden müssen. Und bei der Szene zwischen Janko und Schuler hat es nun mal Argumente für UND gegen einen Penalty gegeben.

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Alle Schweizer Cupsieger seit 1990
2022: FC Lugano – FC St.Gallen 4:1.
quelle: keystone / alessandro della valle
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80 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Squ33zy
05.04.2017 22:13registriert Oktober 2015
Der Schiri fragt den Gefoulten (oder auch Nicht-Gefoulten), ob er einen Penalty will? Aber sonst geht's dem Herrn Amhof noch gut?
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Zwiebelbrot
05.04.2017 22:09registriert April 2015
Als erstes: Was Janko als Antwort auf die Frage gibt kommt primär auf die Fragenstellung an. Aus Jankos sicht kann es durchaus auch Foul sein auch wenn er den Ball nicht trifft (gestrecktes Bein).

Amhof hat auch nach dem er das Video gesehen hat bekräftigt dass es ein Foul sei. Seine Argumentation ist schlüssig und ich denke er kann so pfeiffen. Der Verteidiger hätte sich besser anstellen können...

Wie auch immer, für Winterthur ist es sicher Schade. Vorallem da man schonmal gegen den gleichen Gegner ähnlich ausschied.

P.S: Ich hätte nicht gepfiffen.
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Ramsay Snow
06.04.2017 10:50registriert Oktober 2015
Schwieriger Entscheid.

Allerdings kann man hier dem Schiri kein Vorwurf machen.
Kann man geben oder nicht, aber der Kontakt war da.
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