Claudius Schäfer, der CEO der Swiss Football League (SFL), nahm am Mittwochnachmittag extra keine Termine an. Er wollte für Journalisten erreichbar sein. Nach der Bekanntgabe, dass im professionellen Schweizer Klubfussball alles beim Alten bleibt, rechnete Schäfer mit einer Flut von Nachfragen. Doch abgesehen von zwei Anrufen blieb sein Telefon stumm.
Der Grund liegt auf der Hand: Die Super League ist gerade spannend. Erstmals seit Jahren deutet sich ein enges Rennen um den Meistertitel an. Es ist nicht der FC Basel, sondern YB, das im Spätherbst die Tabelle anführt. Und gewinnen die Berner am Sonntag das Direktduell in Basel, haben sie zehn Punkte Vorsprung. Nach acht Saisons erstmals ein anderer Meister als der FCB wäre so wahrscheinlich wie nie.
Angesichts dieser Momentaufnahme kräht offenbar kein Hahn mehr nach einer Modusänderung. Was im Fall eines erneuten Alleingangs der Basler diametral anders wäre. Garantiert.
Doch steckt hinter dem ernüchternden Resultat des halbjährigen Prozesses, in dem die SFL mit allen Partnern ihr Produkt durchleuchtete, wirklich nur die sportliche Trendwende? Natürlich nicht. Denn es wäre genauso so rausgekommen, wenn der FC Basel auch heuer bereits uneinholbar in Front läge.
Aufstockung von zehn auf zwölf Mannschaften! Punktehalbierung zur Winterpause! Eine geschlossene Liga nach US-Vorbild! Playoffs wie im Eishockey! Halbjahres-Meisterschaften mit vier Auf- bzw. Absteigern für mehr Durchmischung von Super und Challenge League! Im Frühling sprossen die Ideen für die Attraktivitätssteigerung des Schweizer Klubfussballs wie die Saat auf den Feldern. Mehr noch: Angesichts der Aussagen von SFL und Klubs schienen Veränderungen nach 15 Jahren im bewährten Modus fast schon beschlossene Sache.
Doch wie so oft steckt auch in dieser Angelegenheit der Teufel im Detail. Die Anfangseuphorie schmolz in den Sommermonaten wie ein Glacé in der Sonne. So prickelnd all die Ideen für eine attraktivere Zukunft auch klangen – umso konkreter sich die SFL und die 20 Profiklubs mit der Umsetzung befassten, umso mehr wuchs die Ablehnung und sank die Risikobereitschaft.
Die Aufstockung der Super League auf zwölf Teams wurde verhindert durch die Angst vor dem «Njet» der Sicherheitsbehörden: Diese wüssten durch die Aufteilung in Final- und Abstiegsrunde erst im Winter und somit weit weniger früh im Voraus als aktuell, wann welche Fangruppen anreisen. Eine Modusänderung bei Beibehaltung von zehn Klubs wollten Letztere nicht: Sie taxierten Eingriffe wie Punktehalbierung nach 18 Spielen oder Playoffs als «unfair und nicht dem Sportgeist entsprechend».
Die Vertreter der Challenge League wehrten sich aus monetären Gründen gegen mehr Profiklubs: Die eh schon geringen TV-Gelder würden auf noch mehr Schultern verteilt. Es würde noch schwieriger, die zahlreichen und kostspieligen Auflagen zu berappen, deren Erfüllung ein Mitspielen im Profikonzert überhaupt erst erlaubt.
All diese Bedenken gab es auch in Holland, Belgien oder Dänemark, als man dort neue Ligamodelle diskutierte. Punkto Bevölkerung, Wirtschaftskraft und sportliche Kompetitivität sind es mit der Schweiz vergleichbare Länder. Doch anders als hierzulande war der Mut zum Blindflug gross genug. Was sich ausbezahlt hat: Keine der drei Ligen bereut den Schritt.
Die Swiss Football League hat sich mit Blick in die Zukunft von den Klubs mehr Mut gewünscht. Dass nun ziemlich sicher nicht einmal die Barrage, der Kampf um Auf- und Abstieg zwischen dem Zweitletzten der Super League und dem Zweiten der Challenge League, eingeführt wird, sorgt im Haus des Schweizer Fussballs für Ernüchterung.
Andererseits: So, wie die SFL das Projekt «Ligareform» in Angriff genommen hat, ist der Status quo keine Überraschung. Für die Mehrheit der 20 Profiklubs ist jede Saison ein gewaltiger finanzieller Kraftakt. Für Veränderungen wären sie nur bereit gewesen, wenn ihnen im Gegenzug die SFL und die Behörden mit den Auflagen entgegengekommen wären. (aargauerzeitung.ch)