Im Juni vor einem Jahr sitzt der damals 60-jährige Ruedi Zbinden mit FCB-Präsident Bernhard Burgener zusammen. Letzterer sucht nach dem Rücktritt von Marco Streller einen neuen Sportdirektor. Chefscout Zbinden soll diese Rolle übernehmen, der Einfachheit halber. Doch der ist unsicher. Er erinnert sich an die Belastung von früher, als er unter Christian Gross bereits Sportdirektor war. Zbinden ist skeptisch, will eigentlich absagen. Doch sein Umfeld überredet ihn. Er müsse das für den Verein machen, so der Tenor. Und Burgener? Der wartet gar nicht erst auf eine Antwort und bespricht lieber sofort das Kader für die kommende Saison. So ist Zbinden plötzlich Sportchef.
Ein Jahr und zwei Monate später tritt Zbinden zurück. Nach der Saison – also spätestens nach dem Cupfinal am 30. August – wird er seinen Posten zur Verfügung stellen. Burgener wurde von Zbinden bereits informiert. Und diesmal lässt er sich nicht umstimmen.
Gegenüber der «BaZ» bestätigt Zbinden: «Ja, es stimmt, ich werde in der neuen Saison nicht mehr als Sportchef tätig sein, sondern nur noch als Chefscout zur Verfügung stehen.» Ein weiterer Knall beim gebeutelten FCB, der seit drei Jahren von einem Tiefpunkt zum nächsten schlittert.
Wie schon Streller, der vor einem Jahr wutentbrannt ging, weil CEO Roland Heri kurzerhand den schon freigestellten Marcel Koller wieder installierte, geht auch Zbinden, weil die Aufgabe als FCB-Sportchef unter den aktuellen Bedingungen nahezu unlösbar ist.
Das Problem: Der Klub muss sparen, aber die sportlichen Ziele bleiben unverändert. Dem FCB geht das Geld aus, aber er soll immer noch jedes Spiel gewinnen und Titel holen. Für den Sportchef bedeutet das, dass er seine besten Spieler verkaufen muss und für deutlich weniger Geld Ersatz beschaffen soll. Im Idealfall ohne Qualitätsverlust. Ein Ding der Unmöglichkeit.
2019 schrieb der FCB bereits knapp 20 Millionen Franken Verlust. Durch Corona hat sich die Situation verschärft. Will der FCB nicht pleite gehen, ist er in diesem Sommer mehr denn je gezwungen, sein Tafelsilber zu verkaufen. Goalie Jonas Omlin ist bereits weg. Omar Alderete, Arthur Cabral, Eray Cömert und Silvan Widmer könnten folgen.
Leistungsträger verlassen den FCB. Der Sportchef, der dem FCB zwar als Chefscout erhalten bleibt, geht ebenfalls. Und wer in 14 Tagen – wenn Kollers Vertrag ausläuft – Trainer wird, ist auch ungeklärt. Es ist eigentlich unglaublich. Doch genau so präsentiert sich das Aushängeschild des Schweizer Fussballs.
Der einst so grosse FCB löst sich gerade selbst auf. Burgener steht vor einem Trümmerhaufen, den er zu grossen Teilen selber angerichtet hat. Alle flüchten, nur der Schuldige will nicht gehen.
Etwas Gutes hat der Rücktritt von Zbinden dann doch. Er macht den Weg für einen Neustart frei, den der FCB mit drei Jahren Verspätung angeht. Schon damals wollte er auf Spieler aus der eigenen Jugend setzen. Doch auch wegen der sportlichen Ansprüche wich Rotblau immer wieder vom Konzept ab. Jetzt bleibt dem FCB gar nichts anderes übrig. Zusammen mit einem jungen, motivierten Sportdirektor und dem passenden Trainer könnte das funktionieren. Doch dieses Duo muss Burgener erst einmal finden. Und zwar schnell.
Das Problem ist beim Umfeld zu suchen. Man findet weder unter den Fans noch unter den Sponsoren in einer Sommerpause jemanden, der dagegen ist, auf die Jungen zu setzen. Oft wird gesagt, dafür würde man auch die eine oder andere Niederlage oder einen etwas schlechteren Rang in der Tabelle in Kauf nehmen.
Ist es aber dann tatsächlich so weit, sind solche Bekenntnisse plötzlich vergessen.
Exakt.