Georg Heitz hat einmal gesagt, dass sich die Europa League erst ab dem Viertelfinal rechnet. Der Vorgänger von Marco Streller als Sportchef des FC Basel ist ein Zahlenmann, also eine glaubwürdige Referenz. Was das mit der Meisterrennen zu tun hat? Sehr viel.
Aber zuerst ein Blick auf den Totomat: Nachdem der FCB und YB zuletzt im Gleichtakt siegten, setzte es für YB gestern eine Pleite im Berner Derby ab (1:3). Der FCB dagegen gewann am Samstag gegen Lausanne souverän mit 4:1.
Der Abstand ist auf vier Punkte geschmolzen, die Basler können wieder aus eigener Kraft Meister werden. Das wird den Baslern einen Schub verleihen. Und in Bern beginnt das grosse Zittern.
Natürlich könnte der Serienmeister aus Basel nun darauf setzen, dass YB jetzt komplett aus dem Tritt gerät. Die Berner haben in den letzten 31 Jahren jede noch so vielversprechende Ausgangslage verspielt.
Egal, wie nah der Titel schien: YB schrammte zielgenau daran vorbei. Veryoungboysen, Sie wissen schon. Bis am 19. Mai 2018 lauern zahlreiche Stolpersteine. YB hat in der Vergangenheit so ziemlich jeden erwischt. Und gestern angedeutet, dass es dies noch immer kann.
Darauf aber wird sich der FC Basel nicht verlassen wollen. Denn eines ist klar: Die Meisterschaft bleibt trotz all der magischen Nächte, die Raphael Wicky und sein Team ihren Anhängern schon beschert haben, das Kerngeschäft, das Hauptziel, die Grundlage für weitere Erfolge.
Und deshalb werden die Basler alles unternehmen, um die Berner in der zweiten Saisonhälfte noch abzufangen. Kein leichtes Unterfangen. Denn für YB ist das Europa-Abenteuer schon zu Ende. Das war zwar ein (durch das Schonen von Spielern in Kauf genommener) Rückschlag, aber hat den Vorteil für die Berner, dass sie sich voll und ganz auf die Meisterschaft und den Cup konzentrieren können.
Der FCB dagegen überwintert europäisch. Das ist schon klar, bevor die Basler heute Morgen nach Lissabon reisen. Es fragt sich bloss noch, ob Europa oder Champions League.
Die Europa League wurde in den letzten Jahren zwar finanziell attraktiver, aber die Honigtöpfe in der Königsklasse sind noch immer deutlich voller. Die Qualifikation für den Achtelfinal der Champions League brächte dem FCB rund sieben Millionen Franken.
Selbst wenn der FCB in der Europa League bis in den Halbfinal vorstossen würde, käme er «nur» auf 4,5 Millionen Franken an Prämieneinnahmen. Diese Zahlen wird FCB-Präsident Bernhard Burgener sehr präsent haben, wenn es im Winter darum geht, Anpassungen am Team vorzunehmen.
Burgener ist Unternehmer, das betont er immer wieder. Sein Ziel ist es auch, das Geld wieder reinzuholen, das er für das Aktienpaket von Bernhard Heusler & Co. ausgegeben hat.
Wenn er im Winter über Neuzugänge richten wird, dann wird er natürlich ans Sportliche denken. Aber Burgener wird die Finanzen im Hinterkopf haben, wenn er den Daumen hebt oder senkt.
Je mehr reinkommt, desto mehr dürfte er auch bereit sein, auszugeben. Zwar hätte der FCB Reserven in der Höhe von rund 60 Millionen Franken. Doch der neue Präsident wird sich hüten, diese anzufassen, wenn es irgendwie anders geht.
Und damit wären wir beim Spiel von morgen Abend. Das heisst: bei den Spielen. Denn die Ausgangslage ist trügerisch. Wir wollen uns hier nicht mit zu vielen Rechenspielen aufhalten, sondern lediglich kurz die Fakten präsentieren: Basel kann beliebig hoch verlieren, wenn das punktgleiche ZSKA Moskau in Manchester ebenfalls verliert, steht der FCB im Achtelfinal. Auch ein Unentschieden genügt, wenn die Russen nicht gewinnen. Sobald der Armeeklub aber in England siegen sollte, wirds knifflig.
Gewinnt ZSKA mit drei und mehr Toren Differenz, ist Basel selbst bei einem Sieg draussen. Ausser ZSKA gewinnt mit sieben und mehr Toren Unterschied. Dann wäre United draussen und der FCB weiter. Aber das sind Gedanken für Zahlenmenschen. Damit sollen sich die FCB-Stars nicht herumschlagen. Für sie gibt es nur eins: Ein Sieg muss her – alles andere wird sich weisen. Eigentlich ziemlich ernüchternd, wenn man weiss, wie weitreichende Folge der Ausgang des morgigen Abends haben wird.