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BVB-Profi Manuel Akanji erklärt, was Geisterspiele am Fussball ändern

epa08446031 Bayern Munich's Robert Lewandowski (L) in action against Dortmund's Manuel Akanji (R) during the German Bundesliga soccer match between Borussia Dortmund and FC Bayern Munich at  ...
Zweikämpfe mit Robert Lewandowski sind auch ohne Zuschauer höchst intensiv.Bild: EPA
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Wie es sich als Fussball-Profi anfühlt, plötzlich vor leeren Rängen zu spielen

Drei Geisterspiele hatten wir seit dem Bundesliga-Restart nun schon. Der Sport bleibt zwar der gleiche – und trotzdem änderte sich ganz viel. Wie es dir als Fussballer geht, wenn du deine Fans vermisst, Reflexe unterdrücken und die Kabine aufteilen musst.
29.05.2020, 16:04
Manuel Akanji
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Ich glaube, ich muss euch nicht wirklich erklären, dass mir die Fans fehlen – das ist ja logisch. Es ist schliesslich etwas vom Schönsten an meinem Beruf, dass wir als Team von so vielen Fans angefeuert und unterstützt werden.

Wie wichtig die Zuschauer für mich sind, merke ich jetzt, wo wir in leeren Stadien spielen, noch extremer. Ohne die Fans fällt nicht nur eine grosse Portion Freude weg, es fehlt auch diese zusätzliche Anspannung, für die nur die Zuschauer sorgen können. Klar, man verspürt auch weniger Druck, doch viel mehr fehlt dieses pushende Element von aussen. Das gibt dir nämlich den letzten Kick, den kannst du nicht künstlich herstellen.

Gerade im Spitzenspiel gegen Bayern München hätten wir in der Schlussphase die Anfeuerung unserer Fans nochmals gebrauchen können, da werden nochmals Reserven freigesetzt, die eigentlich nicht mehr vorhanden sind.

Bei den Geisterspielen gibt es keinen wirklichen Heimvorteil mehr. Man hat zwar seinen eigenen Platz, das eigene Stadion und fühlt sich zuhause immer wohler, aber das ist nicht so matchentscheidend wie 80'000 Menschen, die dich anheizen.

Fussball: 1. Bundesliga: Saison 19/20: 28. Spieltag: Borussia Dortmund - FC Bayern M
Das Bundesliga-Spitzenspiel mit leerer Tribüne im Hintergrund.Bild: firo Sportphoto

Ohne Zuschauer nimmt man alle anderen Einflüsse deutlicher wahr, seien das Inputs durch den Trainer oder Anweisungen der Mitspieler. Was wir uns definitiv am häufigsten zurufen ist «Zeit». Das macht wahnsinnig viel aus, wenn dir der Mitspieler die Info gibt, dass du keinen Gegner in unmittelbarer Nähe hast – dann fühlst du dich viel wohler und weisst, dass du den Ball in Ruhe annehmen und dich gegebenenfalls drehen kannst.

Weil ich als Innenverteidiger das ganze Spiel vor mir habe, fällt mir natürlich eher der Part des rufenden Spielers zu. So kann ich nun auch mal Erling Haaland oder Jadon Sancho im Sturm vorne etwas zurufen. Wenn es lauter ist, funktioniert diese Kommunikation in der Regel nonverbal. Ein guter Spieler weiss, dass wenn ich ihm auf den linken Fuss spiele, der Gegner eher von rechts kommt oder er erkennt anhand der Schärfe des Zuspiels, wie nah der Gegner hinter ihm steht. Dabei ist es definitiv hilfreich, wenn man seine Mitspieler gut kennt und weiss, welche Moves sie gerne machen. Mit der Zeit entwickeln sich dann auch Automatismen.

Sport Bilder des Tages Fussball: 1. Bundesliga: Saison 19/20: 28. Spieltag, 26.05.2020, BVB,Borussia Dortmund - FC Bayern M�nchen, Foul an Manuel AKANJI, BVB Sport: Fussball: 1. Bundesliga: Saison 19/ ...
Keine Fans im Stadion heisst noch lange nicht, dass es auf dem Feld immer sanft zur Sache geht.Bild: firo Sportphoto

Man hört nicht nur die Mitspieler besser, sondern auch die Gegner. Wenn du jetzt denkst, es wird viel provoziert und beleidigt, muss ich dich enttäuschen. Ich spreche genauso anständig mit meinen Gegnern wie sie es auch mit mir tun. So etwas wie Trashtalk gibt es bei uns sowieso kaum. Ich denke, das ist in anderen Sportarten oder Ländern definitiv schlimmer.

Aber klar, ich tausche mich mit meinen Gegnern aus, da kommt man schon mal ins Reden. Ein Thomas Müller zum Beispiel, der kommentiert praktisch jede Aktion auf dem Feld und hat dementsprechend viel Gesprächsbedarf – das ist dann aber immer alles im Rahmen und er ist tatsächlich so witzig, wie er rüberkommt.

Wie ihr wisst, ist das Jubeln durch die Verhaltensregeln sehr eingeschränkt, das ist schon komisch. Denn nach einem Tor hat man so viele positive Emotionen, dass man seine Teamkollegen umarmen möchte, es mit ihnen geniessen will.

Diesen Reflex muss man jetzt halt unterdrücken, das haben wir auch im Verein besprochen, dass wir uns da zurückhalten müssen, was aber verständlich ist. Eine weitere Einschränkung betrifft die Vorbereitung auf das Spiel. Wir dürfen nämlich nicht in die gleiche Kabine, sondern teilen uns in mehrere Gruppen auf, um uns in separaten Kabinen umzuziehen.

Die Trainer-Ansprache zum Spiel gibt es dann jeweils schon im Hotel. Dieses Zusammensein vor den Spielen vermisse ich, da geht es ja auch darum, sich als Einheit auf die Partie vorzubereiten und dann, wie man so schön sagt, zusammen zu gewinnen oder zu verlieren.

Bild

bild: sven germann

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Von Wiesendangen auf die grosse Fussballbühne: Manuel Akanji hat sich als Bundesligaspieler und in der Schweizer Nati etabliert.

In seinem Blog auf watson erzählt der 25-Jährige aus dem Leben eines Profifussballers. Unverblümt, authentisch, anekdotenreich – mit einem spannenden Einblick auf und neben das Spielfeld.

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5 Kommentare
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Gummihans
29.05.2020 17:06registriert April 2018
Frage an akanji ist davies wirklich so schnell wie es scheint
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Illuminati
29.05.2020 18:39registriert März 2015
Gibt es heute nichts zu gewinnen mit einer Schätzfrage wie sonst im Akanji Blog oder habe ich es überlesen?
Man spart wo man kann in der Krise ;)
Spass beiseite, wie immer interessant zu lesen!
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