Der Frust über das Ende der Sommerferien manifestiert sich am deutlichsten im Verkehr. Und wer an diesem Wochenende von A nach B fuhr, auch wenn es nur von Ober- nach Unterägeri war, musste über die Nehmerqualitäten eines Stefan Angehrn verfügen, um mit heilen Nerven anzukommen. Denn folgende Störenfriede waren wieder unterwegs:
Kein Verkehrsteilnehmer ist perfekt. Trotzdem: Nichts, wirklich nichts in dieser Welt rechtfertigt, dass man bei 120 km/h auf der Autobahn so nahe auffährt, als wäre man Präsident der Nationalen Frotteur-Gesellschaft. Auffahren gefährdet Leben. Ausserdem ist es unsexy und verkehrstechnischer Mundgeruch.
Was reizt den Kontaktfreudigen? Es ist der Überholspurpolizist. Mit tempomatverdächtigen 119.8 km/h gondelt er auf dem linken Fahrstreifen und lässt sich von nichts und niemandem beirren. Der Überholspurpolizist ist eine rollende Bürgerwehr und deshalb etwa so sympathisch wie König Joffrey Baratheon in «Game of Thrones».
In Japan gilt es als höflich, an der Kreuzung einen Raketenstart hinzulegen. So profitieren möglichst viele Fahrzeuge von der Grünphase. Macht Sinn – doch das kümmert den Rotlichtschläfer nicht. Kaum steht er, muss er ein SMS schreiben mit der Freundin knutschen oder sich schminken. Nach vorne schauen ist tabu. Und deshalb verpennt der Rotlichtschläfer die Grünphase, und man kann nur hoffen, dass das Hupkonzert hinter ihm einen ausgewachsenen Tinitus zur Folge hat.
Einer links, einer rechts. Das Prinzip ist etwa so einfach wie atmen. Doch es überfordert den Reissverschluss-Spasti trotzdem. Er würgt sich irgendwo rein und ohne die Rücksicht der anderen Verkehrsteilnehmern käme es zum Crash. Bleibt nur zu hoffen, dass er zwei schreiende Kinder auf der Rückbank mitführt. Oder furzende Hunde.
Er ist die andere Form des Reissverschluss-Spastis. Einen Wagen nach dem anderen winkt er auf seine Spur. Dass hinter seinem Ford Ka die Schlange immer länger wird, ignoriert er komplett, denn er ist ja sooo nett. Fährt er gerade nicht Auto, trägt der Reissverschluss-Schleimer übrigens gerne die Tasche seines Chefs.
Als würde sie mit aller Macht ihre Jungfräulichkeit bewahren wollen, geht die Tunnelbremse kurz bevor es dunkel wird vom Gas. Besonders häufig ist die Tunnelbremse mit holländischem Kennzeichen im Gotthard anzutreffen.
Bergler verhöhnen Städter für ihre nicht vorhandenen Kurvenskills. Zu Recht. Die Städter fahren aber auch zu Recht langsam, denn sie kennen die Strecke nicht. Und schliesslich könnte hinter jeder Kurve eine Kuh lauern, eine tollwütige Geiss oder gar ein SVP-Wähler.
Das Landei in der Stadt gibt sich dadurch zu erkennen, dass es im Subaru jedes Schild, jedes Signal und jedes Unterwäscheplakat studiert und deshalb nie schneller als 4 km/h fährt. Die Landeier fahren aber zu Recht langsam, denn hinter jedem Schild könnte eine Einbahnstrasse lauern oder ein tollwütiger Velofahrer oder gar ein Linker.
Der luxemburgische Skifahrer Marc Girardelli gewann in den zwei Saisons der Jahre 1984 und 1985 insgesamt 13 Slaloms. Wie sein grosses Vorbild liebt auch der Spurgirardelli die abrupten Wechsel und glaubt, auf diese Art im Stau wahnsinnig viel schneller vorwärts zu kommen. Vielleicht tut er das auch. Aber wie war das nochmals beim Kontaktfreudigen – es ist einfach nicht sexy.
Im Kreisel, beim Abbiegen, beim Spurwechseln. Der Nichtblinker tut alles, um seine Absichten zu verschleiern. Der Grund: Paranioa. Der Nichtblinker hat auch die Kamera seines Laptops abgeklebt und er betreibt kein E-Banking.
Häufig handelt es sich beim Ewigblinker um einen Motorradfahrer, gerne mal um einen Studenten auf dem Roller, der sich durch den Feierabendverkehr arbeitet, um doch noch irgend ein Testat zu ergattern. Oder wenigstens in der Mensa noch eine günstige Mahlzeit. Dass er dabei nicht bemerkt, dass sein Blinker gestellt ist, verzeihen wir ihm. Denn wir subventionieren ja schliesslich seine Ausbildung.
Der Panzerfahrer kennt den Rechtsvortritt nicht. Für ihn gibt es nur den Gewichtsvortritt. Je schwerer der Wagen, desto Vortritt. Ganz ausgebuffte Exemplare laden zusätzlich Sandsäcke in den Kofferraum, um sich noch mehr Vorteile zu verschaffen.
Die Scheuklappe sieht nur ihre Spur. Und die hat gerade Rot. Und deshalb lässt sie ihren Wagen nun etwa 100 Meter ausrollen. Damit verhindert sie, dass Autos hinter ihr auf die Abbiegespur wechseln können, die in 50 Metern beginnt. Ein anderes Hobby der Scheuklappe: Im Supermarkt am Ende der Rolltreppe campieren und warten, bis sich die Leute hinter ihr stapeln.