Schweiz
Zürich

Nach jahrelangem Streit: ETH-Rat entlässt Astrophysik-Professorin

Marcella Carollo
Zum ersten Mal in der Geschichte der ETH wird eine Professorin entlassen.Bild: eth

Marcella Carollo – die ETH entlässt zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Professorin

15.07.2019, 16:1015.07.2019, 16:28
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Die ETH Zürich hat Marcella Carollo, die Professorin des ehemaligen Instituts für Astronomie, entlassen. Dies teilt der ETH-Rat am Montag in einer Mitteilung mit.

Der ETH-Rat und die Institutionen des ETH-Bereichs setzten sich für einen «respektvollen Umgang miteinander» im ETH-Bereich ein, heisst es in der Mitteilung. Die Schulleitung hatte im März dem ETH-Rat einen Antrag auf Entlassung der Professorin gestellt. Die Professorin wurde wegen ihres Führungsverhaltens schwer kritisiert.

Der ETH-Rat folgt nun dem Antrag der Schulleitung und hält die Mobbing-Vorwürfe gegen Marcella Carollo für gerechtfertigt. Zum ersten Mal in der Geschichte der Hochschule wird ein Professor oder eine Professorin entlassen.

Der Streit rund um Marcella Carollo schlug medial hohe Wellen. Seinen Lauf nahm das Ganze Ende 2016. Carollo war mit der Leistung einer ihrer Doktorandinnen nicht zufrieden, schreibt der «Tagesanzeiger», und plante, das Betreuungsverhältnis niederzulegen. Das tat sie dann auch Anfang 2017.

Gleichzeitig wandten sich die betroffene Doktorandin und andere Doktorierende an die Leitung des Physik-Departements und an eine damalige Ombudsperson der ETH Zürich. Sie erhoben schwere Vorwürfe an die Adresse von Carollo. Diese reichten von Führungsschwäche über respektloses Verhalten bis zu Diskriminierung von Mitarbeitenden. In den folgenden Monaten eskalierte der Konflikt weiter.

Lehren gezogen

Damit solche Eskalationen in Zukunft nicht mehr vorkommen, hat die ETH ein umfangreiches Massnahmenpaket geschnürt. Der dringendste Handlungsbedarf bestehe in den Bereichen Prävention und Führung sowie in der konkreten Behandlung von Konfliktsituationen, schreibt der ETH-Rat.

Besonderes Augenmerk will die Hochschule auf die Betreuung von Doktorierenden legen. Um die strukturell bedingte Abhängigkeit zu verringern, werden diese in Zukunft von mindestens zwei Personen betreut. Bis 2020 soll diese Mehrfachbetreuung flächendeckend auf die ganze Hochschule ausgeweitet werden.

Zudem wurden ein Case-Manager eingestellt sowie die Ombudsstelle und die Vertrauenspersonen aufgestockt. Allfällige Meldungen zu sexueller Belästigung sollen künftig über eine spezialisierte und gut dotierte Meldestelle behandelt werden.

Ausserdem soll schon bei der Berufung von Professorinnen und Professoren deren Führungskompetenz ein wichtiges Auswahlkriterium sein. Überdies will die ETH die Führungskultur grundlegend stärken. Dies soll gemäss Mitteilung etwa durch zusätzliche Coaching- und Beratungsmöglichkeiten für Führungskräfte geschehen.

Die ETH will aus der Geschichte lernen. Es sei wichtig, dass Arbeitskonflikte künftig frühzeitig erkannt und rasch gelöst würden, schreibt der ETH-Rat. (kün/sda)

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56 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Töfflifahrer
15.07.2019 17:58registriert August 2015
Warum nimmt man eigentlich automatisch an, dass Studierte, Professoren etc. Führungskompetenz aufweisen?
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G.
15.07.2019 16:18registriert Dezember 2014
Schade um das viele Wissen der Professorin, wir wollen auch nicht wissen, was die ganze Sache für Unkosten erzeugt hat.

Ich wünsche der Professorin, dass sie nun dazulernt und bald eine neue Anstellung findet.

Meiner Meinung nach war es dennoch ein wichtiger Schritt, damit auch Dozenten klar wird, dass man/frau sich auch als Dozent zu benehmen hat (Es ist ja kein Einzelfall)
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Garp
15.07.2019 17:51registriert August 2018
Ein wichtiger Schritt und ich hoffe die Massnahmenpakte greifen, dass es zu einer Verbesserung für die Doktoranden und Studierenden kommt.
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