Schweiz
Zürich

Die Zürcher SP entscheidet über das Schicksal von Regierungsrat Mario Fehr.

Mario Fehr, rechts, und Jacqueline Fehr, links, nach ihrer Wiederwahl an der Ausserordentlichen Delegiertenversammlung der SP Kanton Zuerich, im Volkshaus, in Zuerich, am Dienstag, 29. Mai 2018. Die D ...
Zweimal Fehr: Die Zürcher SP-Regierungsräte Mario und Jacqueline Fehr bedanken sich an der Delegiertenversammlung für ihre Nomination.Bild: KEYSTONE

Mario macht's nochmal: Zürcher SP nominiert umstrittenen Regierungsrat Fehr erneut

29.05.2018, 18:0129.05.2018, 23:54
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Die Delegierten der SP des Kantons Zürich haben entschieden: Bei den Regierungsratswahlen 2019 tritt die Partei wieder mit Sicherheitsdirektor Mario Fehr sowie Justizdirektorin Jacqueline Fehr an. Eine Mehrheit der SP-Basis sprach sich am Dienstagabend im Zürcher Volkshaus am Helvetiaplatz dafür aus, beide amtierenden Regierungsräte für die kantonalen Wahlen im März 2019 zu nominieren.

Während Jacqueline Fehrs Kandidatur unbestritten war, wurde über die Nomination von Mario Fehr intensiv diskutiert. Am Ende stimmten 102 Delegierte für seine Nomination, 73 dagegen. Jacqueline Fehr wurde mit 167 zu 8 Stimmen problemlos nominiert.

Selten hatte die Delegiertenversammlung einer Kantonalpartei bereits im Vorfeld für so viele Schlagzeilen gesorgt. Einziges Traktandum des Abends: Die Nominationen für die Regierungsratswahlen 2019.

«Habe viel telefoniert»

In seiner Rede verteidigte Mario Fehr vor den Delegierten seine Politik und seine Amtsführung. Um seine sozialdemokratische Überzeugung zu betonen, hielt er eine Ausgabe der längst eingestellten SP-Zeitung «Volksrecht» von seinem Geburtstag, dem 13. September 1958, hoch. Schon damals hätten Sozialdemokraten mit pragmatischer Politik Fortschritte für die Benachteiligten der Gesellschaft erreicht.

Jacqueline Fehr, Regierungsrat SP, spricht an der Ausserordentlichen Delegiertenversammlung der SP Kanton Zuerich, im Volkshaus, in Zuerich, am Dienstag, 29. Mai 2018. Die Delegierten der SP Kanton Zu ...
Ihre Nomination ist unbestritten: Justizdirektorin Jacqueline Fehr.Bild: KEYSTONE

In der Folge strich er seine Errungenschaften in der Sozialpolitik hervor. Diese fällt ebenfalls in sein Dossier als Regierungsrat: «Ich werde mich immer dagegen wehren, bei tiefschwarzen Zahlen im öffentlichen Haushalt auf dem Buckel der sozial Schwächeren zu sparen.» So habe er etwa die Abschaffung der SKOS-Richtlinien in der Sozialhilfe verhindert, «indem ich viel telefoniert habe». Fehrs Anspielung auf seine Angewohnheit, Journalisten und Parteimitglieder anzurufen, wenn ihm deren Kritik nicht passt, brachte den Saal zum Lachen.

Fehr klammerte auch denjenigen Politikbereich nicht aus, der ihn immer wieder in den Clinch mit seiner Partei gebracht hat: Die Asylpolitik. Er sei kein Hardliner, sondern bewege sich im Rahmen, der ihm das 2016 angenommene Asylgesetz vorgebe. Er habe häufig keinen Spielraum und müsse halt Gerichtsentscheide umsetzen. Aber er habe sich etwa mit der Härtefallkommission für menschliche Lösungen eingesetzt.

«Wir stehen für Diversity»

In den vergangenen Tagen sei via die Medien anonyme Kritik an ihm vorgebracht worden. Diese Kritiker begründeten jeweils, sie könnten nicht mit Namen hinstehen, weil sie Angst hätten vor seinen Telefonanrufen. Wenn sich die sozialdemokratischen «Vorväter und Vormütter» vor Telefonanrufen gefürchtet hätten, «wäre das nichts geworden aus der Sozialdemokratie».

Er und seine Regierungsratskollegin Jacqueline Fehr seien unterschiedliche Typen und unterschieden sich auch politisch, sagte Mario Fehr. Aber sie ergänzten sich ideal: «Wenn ihr für Diversity seid, dann repräsentieren Jacqueline und ich diese Diversity.» Zum Schluss seiner Rede sagte Fehr: «Ja, ich bin eigenständig, ja, ich bin Sozialdemokrat und ja, ich habe ein sozialdemokratisches Parteibuch und das werde ich auch morgen noch haben.»

Co-Präsidium ohne Empfehlung

Das von der Parteispitze gewählte Vorgehen war ungewöhnlich. Den Delegierten wurden nicht wie üblich die amtierenden Regierungsräte, die beide weitermachen wollten, zur Wiederwahl empfohlen. Stattdessen kam es zu einer offenen Debatte mit anschliessender Abstimmung. Damit wollte das Co-Präsidium aus Priska Seiler Graf und Andreas Daurù das Verhältnis der Partei zu Mario Fehr ausdiskutieren lassen, sagten die beiden dem Tages-Anzeiger. Man habe bewusst auf eine Empfehlung verzichtet.

Die Chemie zwischen Fehr und Teilen seiner Partei ist schon lange gestört. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, eine repressive Asylpolitik zu betreiben. Ausserdem eilt Mario Fehr der Ruf voraus, ausgesprochen sensibel auf Kritik zu reagieren.

Im Vorfeld der Delegiertenversammlung hatte Mario Fehr nicht ausgeschlossen, im Falle einer Nicht-Nominierung als parteiloser Kandidat anzutreten. Dem bisher stets mit hervorragenden Ergebnissen gewählten Sicherheitsdirektor wären im Falle einer unabhängigen Kandidatur gute Wahlchancen eingeräumt worden.

Er hat nicht nur mit Mario Fehr Mühe: «Ihr Zürcho sind huorä Laggaffä! Wixxo! Losers!»

Video: watson/Emily Engkent

Gruppenbild ohne Dame – so männlich sind Kantonsregierungen 

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Gruppenbild ohne Dame – so männlich sind Kantonsregierungen (10.03.2019)
Frauen haben es bis heute schwer, in der Schweiz in politische Ämter gewählt zu werden. Insgesamt stellen sie in den Kantonen bloss 25 Prozent aller Regierungsmitglieder. Sechs Kantone werden derzeit vollständig von Männern regiert. So ist etwa der Regierungsrat von Appenzell Ausserrhoden seit dem Rücktritt von Marianne Koller (FDP) im März 2017 frauenfreie Zone.
quelle: keystone / gian ehrenzeller
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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Don Alejandro
29.05.2018 20:59registriert August 2015
Feht tritt sonst als parteiloser an und wird gewinnen. Die SP wird ohne Not diesen Sitz verlieren.
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derEchteElch
29.05.2018 18:05registriert Juni 2017
Go Mario Fehr! Sie machen einen super Job!
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N. Y. P. D.
29.05.2018 20:16registriert Oktober 2015
Priska Seiler Graf und Andreas Daurù haben es sich einfach gemacht.

Ich hätte doch ein klares Statement erwartet von den beiden. So wie es Levrat gemacht hat. Ob dann die Basis folgt, sieht man dann.

P.S. Die beiden (wieso eigentlich zwei Chefs ?) haben derart ungeschickte Interviews gegeben, dass man 100 m gegen den Wind gespürt hat, wo die beiden in der Causa Fehr stehen.

Bin gespannt heute.

Tippe auf 71, 3464356765444 % Zustimmung für den armen Tropf.
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