Hans-Christoph Vöhringer lässt nicht locker. Noch gestern schob der Präsident der Handelsfirma Netztal AG aus Bütschwil SG eine Ergänzung seiner Strafanzeige gegen die Grossbank UBS nach.
Bereits Ende Januar deponierte Vöhringer bei der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft einen Strafantrag gegen die UBS und gegen Sergio Ermotti persönlich, der bis Ende Oktober 2020 Chef der Grossbank war. Die Vorwürfe der Handelsfirma lauten unter anderem: ungetreue Geschäftsbesorgung, mangelhafte Sorgfalt bei der Prüfung von Dokumenten, Absetzen einer Geldwäschereimeldung mit falschen und irreführenden Aussagen.
Auslöser und Hintergrund der Kontroverse ist ein 25-Millionen-Deal um Schutzmasken für den Bund, der im April 2020 unter obskuren Umständen scheiterte (CH Media berichtete). Das VBS leistete eine Anzahlung von 7,5 Millionen auf ein Konto der UBS. Mit dem Geld wollte die Netztal AG ihre Lieferanten bezahlen.
Aber die UBS war Endstation, von da an ging nichts mehr.
Die Grossbank witterte offenbar Betrug. Sie verlangte ultimativ von Vöhringer, dass er ihr die Anweisung gibt, die Anzahlung an das Verteidigungsdepartement (VBS) zurückzuschicken.
Der Netztal-Präsident tat, wie geheissen. Weil er von einem Missverständnis ausging und glaubte, das Geschäft könne nach Klärung der offenen Fragen doch noch abgewickelt werden.
Nur: Obwohl die Millionen zurück beim Bund waren, setzte die UBS am 17. April eine Verdachtsmeldung nach Geldwäschereigesetz an die Geldwäscherei-Meldestelle MROS beim Bund ab.
Zwar hatte die Netztal AG versucht, der UBS den Sachverhalt zu erklären, Dokumente nachzureichen, aber die Bank war laut Vöhringer nicht daran interessiert. Auch die Intervention eines deutschen Topkunden sowie des UBS-Deutschland-Chefs und der Europa-Chefin nützten laut Vöhringer nichts.
Daher glaubt der Unternehmer, dass die Bankmitarbeiter Anweisungen von ganz oben, von Sergio Ermotti hatten, das Geschäft zu stoppen. Und daher reichte die Netztal AG jetzt Strafantrag gegen den ehemaligen UBS-Boss ein.
Die Geldwäscherei-Meldung der Grossbank erwies sich allerdings später als unbegründet: Am 27. Oktober 2020 stellte die Zürcher Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Es gebe «keinerlei Anhaltspunkte», dass die Masken nicht hätten geliefert werden sollen. Die Netztal AG wurde also vom schwerwiegenden Verdacht entlastet.
Der Verdacht war weg, aber der lukrative Maskendeal kam nie mehr zu Stande, das VBS hatte kein Interesse mehr an der Ware. So blieb die Netztal auf den Masken sitzen. «Uns ist Schaden in Millionenhöhe entstanden», sagt Vöhringer heute.
«Die UBS hat mich komplett aus dem Rennen geworfen, das werfe ich ihr vor.» Den Schaden macht die Firma parallel zur Strafklage auch vor Zürcher Handelsgericht geltend. Das Gericht setzte der UBS Frist bis 3. Mai 2021, «eine Klageantwort in fünffacher Ausfertigung einzureichen».
Im Februar 2021 einigten das VBS und die Netztal AG vor der Schlichtungsbehörde Bern-Mittelland auf eine neue Vereinbarung für neue Maskenlieferungen zu angepassten Konditionen. Die Netztal AG zog ihre Strafanträge gegen das VBS darauf zurück. Er ist an weiteren Geschäften mit dem Bund interessiert, wie er betont.
Von der UBS aber will Vöhringer jetzt den Schaden ersetzt haben, den er erlitt, weil ihm das Geschäft entging und er auf bereits beschafften Masken sitzen blieb.
Die Strafanzeige gegen Sergio Ermotti und die UBS Switzerland AG liegt jetzt zur Bearbeitung bei der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl. Die UBS will keine Stellung zum Verfahren nehmen, wie ein Sprecher der Bank auf Anfrage sagt. Aufgrund des Bankkundengeheimnisses könne sich die Bank nicht zu einzelnen Fällen äussern. Wie in anderen Fällen dürfte sich die Bank aber auf den Standpunkt stellen, dass die Bank ihre Verantwortung wahrnahm und ihrer Sorgfalts- und Prüfpflicht nachkam. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Wie der Fall der Zürcher Jungunternehmer von Emix zeigt, trat die Grossbank UBS auch bei ihnen auf die Bremse und kappte Geschäftsbeziehungen, bei denen es um das damals boomende und auch für Banken undurchsichtige Geschäft mit Schutzmasken in der Coronakrise ging.
Emix hatte der Armee im April 2020 Masken des Typs FFP2 für bis zu 9.90 Franken pro Stück verkauft. Das war mehr als das Doppelte des Preises, den die Firma Netztal im April mit dem Bund ausgemacht hatte. Das Schutzmaterial war zu dieser Zeit weltweit sehr gesucht, die Preise schossen teilweise in astronomische Höhen.
Die Jungunternehmer von Emix waren in der Lage, Masken in grossem Stil zu beschaffen. Die Armeeapotheke auf der anderen Seite stand unter Druck, schnell möglichst grosse Mengen des gefragten Guts einzukaufen.
Allerdings war es auch in jener heissen Phase möglich, Schutzmaterial zu weit günstigeren Konditionen zu erhalten. So zahlte der Kanton Bern am 26. März 2020 bei der St.Galler New Mobility AG 2.20 Franken für FFP2-Masken. Inklusive Lieferung nach Bern, plus Mehrwertsteuer. Der Kanton bestellte 100'000 Stück.
Es gab zu jener Zeit sogar einzelne Hersteller in der Schweiz, die vergleichsweise sehr günstige Masken anboten. So verkaufte die Wernli AG in Rothrist Hygienemasken für etwa einen Drittel des Preises, den der Bund für China-Masken zahlte.
Die Geschichte müsste auch auf der Verwaltungsseite ein Nachspiel haben.
Für Gewerbetreibende in der Schweiz würde ich eine Bank empfehlen, die lokal agiert. Da kennt man sich, da wird miteinander gesprochen. Eine internationanle Grossbank ist im Gegensatz dazu wie eine Monsterbehörde mit undurchsichtigen Entscheidungswegen.