Es war ihr zweiter Lockdown und er hat die Gastronomie nochmals Tausende von Arbeitsplätzen gekostet. Gemäss dem neuen Beschäftigungsbarometer des Bundesamts für Statistik musste die Branche im ersten Quartal 2021 nochmals 4769 Stellen streichen. Damit steigt die Zahl der verlorenen Stellen auf nunmehr 37'791. Gegenüber dem Vorkrisenniveau sind damit rund 20 Prozent aller Stellen weggefallen.
Damit hat die Gastronomie den eigenen Negativrekord überboten. Und dieser Rekord war schon historisch. Ende 2020 hatte die Branche bereits einen Abbau von 33'000 Arbeitsplätzen erlitten – ein Verlust von vollen 17 Prozent innerhalb eines einzigen Jahres. Die Statistiken reichen zurück bis ins Jahr 1991, doch ein solcher Jobeinbruch findet sich dort kein zweites Mal. Ausmass und Geschwindigkeit sind einzigartig.
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Hart getroffen hat es auch die Hotellerie. Die Branche beschäftigt weniger als halb so viele Menschen als die Gastronomie. Darum ist der Jobeinbruch in absoluten Zahlen etwas geringer. Aber wenn man wie in der Gastronomie die saisonbereinigte Jobzahl im 1. Quartal 2021 vergleicht mit dem Vorkrisenniveau vom 4. Quartal 2019 dann sind auch in der Hotellerie mittlerweile 10'800 Jobs gestrichen worden. Das ist ein Minus von 14 Prozent.
Der neue Beschäftigungsbarometer gibt einen Eindruck von den Schäden, die bis Ende März dieses Jahres entstanden sind. Die Gastronomie musste im ersten Quartal ihren zweiten Lockdown überstehen. Doch Mitte April durfte sie ihre Terrassen wieder öffnen. Und nun steht die vollständige Wiedereröffnung bevor – jedoch gelten neue Schutzmassnahmen. In der Gastronomie fängt also eine neue Normalität an, wieder einmal. Kommen die verlorenen Jobs nun bald zurück?
An eine schnelle Jobwende glaubt Peter Herzog nicht. Der Gastro-Experte erhält ein anderes Bild aus den Geschäftszahlen, die er bei seinen Beratungsmandaten sieht: die Branche erholt sich zwar, aber es gehe nur langsam vorwärts. Die Umsätze nehmen nur allmählich wieder zu, entsprechend langsam werden Jobs geschaffen. Herzog sagt:
Die Krise hat ihre dauerhaften Hinterlassenschaften. So glaubt Herzog, dass sich die Gewohnheiten gewandelt haben. Es wird öfter als früher zuhause gearbeitet, über Mittag isst man öfter daheim, seltener im Restaurant. Auch sonst würden sich die Gäste noch eine Weile zurückhalten, auch nach der Wiedereröffnung. Herzog sagt: «Eine Flutwelle von einheimischen Gästen wird es nach der Wiedereröffnung nicht geben.»
Und über over-tourism wird die Schweiz so bald nicht debattieren müssen. Chinesische oder indische Gäste werden noch lange nicht wieder in Scharen da sein. In Luzern zum Beispiel sind am Schwanenplatz so bald keine grossen Ansammlungen chinesischer Gäste zu erwarten. Auch das kostet die Gastronomie viele Gäste.
Dann sind da die Sicherheitsvorschriften. Allein schon deshalb wird die neue Normalität umsatzmässig zurückbleiben hinter den Vorcorona-Zeiten. Bis zu 40 Prozent weniger Gäste liessen sich deswegen unterbringen, schätzt Herzog. «Ein solches Minus wäre normalerweise Grund genug für Panik.»
All das könne für die Branche nur eines bedeuten, so Herzog. Wenn erst viele Mitarbeiter die maximale Bezugsdauer von Kurzarbeitsentschädigung erreicht hätten, müssten noch einige Betriebe schliessen. Ungefähr 10 Prozent aller Gastrobetriebe hätten schon aufgeben müssen, was 2500 Betrieben entspricht. Herzog schätzt, dass es am Ende etwa 3000 Betriebe sein werden. Davon werde in den grösseren Städten an guten Lagen wenig zu sehen sein, sagt Herzog. «Schliessungen wird es eher in kleinen Orten geben, irgendwo zwischen Genf und Romanshorn.»
Schon vor dem ersten Quartal 2021 war der aktuelle Jobabbau in der Gastronomie historisch. Wie die untenstehende Grafik zeigt, traf es die Branche in der Coronakrise ungleich härter als in früheren Krisen. Und in der aktuellen Krise leidet die Gastronomie auch deutlich stärker als die Banken in der Finanzkrise. Der Jobabbau in der Bankbranche zog sich über viele Quartale hin. In der Gastronomie hingegen ist der Stellenabbau in der Coronakrise grösser und vollzieht sich in viel kürzerer Zeit. Die Hoffnung ist, dass es auch bald wieder zu einem Stellenaufbau kommt.