Überraschend trennte sich der bundeseigene Technologie- und Rüstungskonzern Ruag von CEO Urs Breitmeier. Im gegenseitigen Einvernehmen, wie es am Dienstag hiess.
Recherchen zeigen jetzt, dass der Abgang von Breitmeier ein Nachspiel haben dürfte. Denn entgegen ersten Informationen war Monica Duca Widmer (60) in keiner Art und Weise in den Abgang von Breitmeier involviert. Sie wurde von der Ruag per Email über die Trennung informiert.
Beobachter in Bundesbern staunen. Denn Duca Widmer ist seit Anfang Jahr die starke Frau bei der Ruag: Als vom Bundesrat ernannte Präsidentin der Ruag-Beteiligungsgesellschaft.
Zu dieser Holding gehören zwei Subholdings, die bei der Aufspaltung der alten Ruag entstanden sind. Zum einen die MRO Schweiz, die im Auftrag der Armee arbeitet und die administrativ zum Verteidigungsdepartement VBS von Viola Amherd (CVP) gehört. Zum andern die Ruag International, die im Bereich Luft- und Raumfahrt tätig ist und mittelfristig privatisiert werden soll. Sie ist im Finanzdepartement von Ueli Maurer (SVP) angehängt.
Die Trennung von Breitmeier wurde im Verwaltungsrat der Ruag International entschieden. Er wird vom ehemaligen ABB-Manager Remo Lütolf präsidiert und besteht aus international tätigen Persönlichkeiten. Jennifer P. Byrne etwa arbeitete über 25 Jahre lang für den US-Rüstungsriesen Lockheed Martin, der der Schweiz seinen F35-Kampfjet verkaufen will. Marie-Pierre de Bailliencourt war für französische Rüstungskonzerne tätig, so für Dassault, der mit dem Rafale-Kampfjet im Schweizer Rennen ist.
Dass Duca Widmer vom ihr unterstellten Lütolf-Gremium nicht aktiv in den Breitmeier-Entscheid einbezogen wurde, sorgt im Bundeshaus für Missmut. «Die Ruag gehört den Steuerzahlern. Einige Verantwortliche haben offenbar immer noch nicht begriffen, dass sie nicht schalten und walten können, wie sie wollen», sagt ein Beobachter, der nicht namentlich genannt werden will.
Der Bund ist ein gebranntes Kind. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Zusammenstössen mit der Ruag-Spitze, die sich aus Sicht von Bundesräten selbstherrlich gebärdete. So widersetzte sich die Ruag einer Prüfung durch die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK. Auch darum setzte der Bundesrat die führungserfahrene Managerin Monica Duca Widmer an die Spitze der Ruag-Beteiligungsgesellschaft. Sie soll dafür sorgen, dass die Interessen des Bundes und der Steuerzahler gewahrt werden.
Warum wurde Duca Widmer nicht aktiv einbezogen? Ruag-Sprecher Clemens Gähwiler sagt, der Entscheid sei «am Jahresende 2019» gefallen. Also vor dem offiziellen Amtstritt von Duca Widmer, der per 1. Januar stattfand. Duca Widmer sei, wie die Bundesräte Amherd und Maurer auch, «vorgängig» über den Entscheid «informiert» worden. «Personalentscheide auf Stufe der Geschäftsleitung sind nicht Sache des Eigners», so der Ruag-Sprecher weiter. Ernennung und Ablösung eines CEO gehörten «zu den Aufgaben des Verwaltungsrats».
Der Bund steuere die Ruag «in erster Linie über die Strategischen Ziele des Bundesrats, die regelmässigen Eignergespräche sowie die Wahl des Verwaltungsrates.» Bei wichtigen Ereignissen werde der Eigner informiert.
Beobachter beim Bund dagegen sehen Handlungsbedarf, gerade in Sachen Transparenz bei der Ruag. Es ist absehbar, dass sich Verteidigungsministerin Amherd und Finanzminister Maurer über die Situation austauschen werden.
Denn es geht um viel, auch um viel Geld. Laufend verkauft die Ruag bereits Firmen.
Bereits verkauft wurde im letzten Dezember der Cybersecurity-Spezialist Clearswift. Er ging an die US-Firma Helpsystems. Letztes Jahr verkaufte die Ruag die Standorte Genf und Lugano-Agno an Dassault Aviation. Gestern wurde bekannt, dass der Unterhaltsbetrieb für Propellerflugzeuge in Locarno an eine neu gegründete Firma geht, die von einem Italiener präsidiert wird.
Streit gibt es um den Verkauf der Munitionssparte Ammotec, der ebenfalls geplant ist. Demnächst von kommt eine Motion von Ständerat Werner Salzmann (SVP) ins Parlament, die den Verkauf verhindern will.
Der Bund müsse auf der Hut sein, sagt ein Beobachter, dass diese Verkäufe wie auch die geplante Privatisierung der Ruag International korrekt abliefen und der Bund nicht übervorteilt werde. Auch darum will der Bund genau wissen, was bei der Ruag läuft.
Wieso klärt der bund das nicht auf?
Auch Bundesrat: Wundert sich, dass diese keine Rücksicht auf die Interessen des Schweizer Volkes nehmen.