Schweiz
Wirtschaft

Coronavirus: Linke ärgern sich über Entscheid zu den Dividenden

Die Stimmenzaehler Thomas Hefti, FDP-GL, hinten links, und Brigitte Haeberli-Koller, CVP-TG, hinten rechts, zaehlen die Stimmen waehrend einer Abstimmung im Staenderat, waehrend der ausserordentlichen ...
Ein deutliche Mehrheit des Ständerates will keinen Dividenden-Stopp.Bild: KEYSTONE

«Unanständig und ungerecht»: Linke ärgern sich über Dividenden-Entscheid

Einen Tag lang hat die Frage, ob Unternehmen, die in der Corona-Krise Kurzarbeitsentschädigung beziehen, gleichzeitig Dividenden auszahlen dürfen, die Wirtschaft umgetrieben. Am Mittwoch beerdigte der Ständerat eine Motion des Nationalrates für ein solches Dividendenverbot.
06.05.2020, 18:35
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Die Motion forderte, dass Unternehmen, die wegen der Corona-Krise Entschädigungen für Kurzarbeit beziehen, im laufenden Jahr und auch 2021 keine Dividenden ausschütten dürfen sollten. Dies sollte für Unternehmen ab einer gewissen Grösse gelten und auch für Dividenden, die 2020 bereits ausbezahlt oder zugesichert waren.

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Der Nationalrat hatte die Motion seiner Sozialkommission (SGK) am Dienstag mit 93 zu 88 Stimmen bei 11 Enthaltungen angenommen. Der Ständerat hingegen folgte am Mittwoch der Mehrheit seiner SGK und sagte mit 31 zu 10 Stimmen und einer Enthaltung Nein. Der Vorstoss ist damit vom Tisch.

Warnung vor Gegeneffekt

SGK-Vizepräsident Erich Ettlin (CVP/OW) warnte vor den Folgen einer Zustimmung: «Der Gegeneffekt könnte sein, dass Firmen Leute entlassen, statt Kurzarbeit zu beantragen.» Die Mehrheit hatte auch bezüglich Rechtssicherheit Bedenken sowie wegen Eingriffen ins Eigentum.

Auch bei der Umsetzung stellten sich Fragen, etwa zur massgeblichen Grösse der Unternehmen, sagte Ettlin. Die Volkswirtschaftsdirektoren der Kantone hätten zudem um ein Nein zur Motion ersucht.

Hannes Germann (SVP/SH) mahnte, nicht «mit Instrumenten herumzuspielen», die ein Segen seien für den Erhalt von Stellen. Kurzarbeitsentschädigung komme allein Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zugute, sagte Pirmin Bischof (CVP/SO). «Wäre eine Entlassung besser?»

Pirmin Bischof, CVP-SO, Andrea Gmuer, CVP-LU, und Erich Ettlin, CVP-OW, von links, stehen waehrend einer Abstimmung im Staenderat auf, waehrend der ausserordentlichen Session der Eidgenoessischen Raet ...
Wollten kein Verbot vom Staat: Pirmin Bischof, Andrea Gmür und Erich Ettlin (alle CVP). Bild: KEYSTONE

Ruedi Noser (FDP/ZH) gab sich erleichtert, dass «die ideologisch motivierte Motion» noch in der ausserordentlichen Session traktandiert worden war. Der Nationalrat habe mit seinem Ja die Wirtschaft verunsichert. Thierry Burkart (FDP/AG) erinnerte daran, dass auch die öffentliche Hand Einnahmen aus Dividenden erhalte.

«Stossend»

Die Linke hätte sich ein Ja gewünscht. Ihr Antrag, die problematische Rückwirkung aus dem Motionstext zu streichen, sei in der Kommission abgelehnt worden, sagte Marina Carobbio Guscetti (SP/TI). Sie fand, der Bund solle bei der Kurzarbeitsentschädigung wie bei den Covid-Notkrediten Bedingungen stellen können.

«In weiten Kreisen wird es als stossend empfunden, wenn Unternehmen Kurzarbeit beantragen und im grossen Stil Dividenden ausschütten», gab auch Paul Rechsteiner (SP/SG) zu bedenken.

SP-Nationalrätin Mattea Meyer ärgerte sich über das Ergebnis: «Das Nein des Ständerats zum Dividenden-Verbot ist unanständig und ungerecht. Es bleibt ein Skandal, wenn Firmen Kurzarbeit-Entschädigung erhalten und gleichzeitig Dividenden-Profite auszahlen.»

Die Co-Kandidatin fuer das SP-Parteipraesidium, Mattea Meyer, anlaesslich des ersten offiziellen Hearings, am Donnerstag, 5. März 2020, in Bellinzona. (KEYSTONE/Ti-Press/Samuel Golay)
Ärgert sich über das Ergebnis: SP-Nationalrätin Mattea Meyer.Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Der Bundesrat wiederum lehnte die Motion ab. Für Wirtschaftsminister Guy Parmelin war Notrecht für diese Frage nicht gerechtfertigt. Es wäre kontraproduktiv, Firmen dazu zu zwingen, zwischen der Auszahlung von Dividenden und dem Bezug von Kurzarbeitsentschädigung zu wählen. Die Mehrheit der Firmen zeige soziale Verantwortung.

1,91 Millionen Menschen waren Anfang Mai für Kurzarbeit angemeldet in 187'000 Unternehmen, wie Seco-Direktorin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch am Montag sagte. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) rechnet mit einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 6,7 Prozent im laufenden Jahr. (sda)

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106 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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TJ Müller
06.05.2020 18:52registriert Oktober 2014
«Der Gegeneffekt könnte sein, dass Firmen Leute entlassen, statt Kurzarbeit zu beantragen.» Also geht man ganz offiziell davon aus, dass die Chefs egoistische Sozialschmarotzer sind, welche lieber Menschen entlassen, anstatt auf ihre Dividende zu verzichten?
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DARTH OLAF
06.05.2020 18:47registriert August 2018
Als ich das im newsticker gelesen habe, traute ich meinen Augen nicht. Unanständig und ungerecht, dachte ich auch. Aber vor allem UNGLAUBLICH!

Ich bin fassungslos. Absolut fassungslos. Sehe keine Gründe, die für diesen Stopp sprechen, ausser das Geldinteresse. Aber das ist ja überall. Ich verstehe es nicht. Ich kann es keinen mm nachvollziehen.

Und dann noch das mit dem Mieterlass, das - wenn überhaupt - verwässert durchkommt.

Scheint, als ob der Bundesrat seinen Job sozialer gemacht hat. Danke, liebes Parlament! Danke! FÜR NICHTS!
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Lowend
06.05.2020 19:52registriert Februar 2014
Fassen wir die Entscheide des Parlaments zusammen, kann man sagen, dass ihre ganze Energie, sprich unser Geld für Dividenden, Aktienrückkäufe und die Rettung teils maroder Firmen benutzt werden darf, dass Vermieter geschont werden und das die ganz normalen Menschen, die im Kleingewerbe, im Handel, in der Restauration, in künstlerischen Berufen, im Veranstaltungsbetrieb, in den Kitas und wo auch immer arbeiten und teils hart von den Massnahmen getroffen werden, für sich selber schauen müssen und sich über die Brosamen freuen sollen, die vom reich gedeckten Tisch der Wohlhabenden fallen.
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