Der Rücktritt von SBB-CEO Andreas Meyer ist noch keine Stunde bekannt, als am Mittwochmorgen auch schon die Diskussion über einen Nachfolgekandidaten losbricht. Einen «radikalen Wechsel der Kultur und der Kommunikation im Umgang miteinander» fordert etwa Giorgio Tutti. Der Präsident der Eisenbahnergewerkschaft SEV kritisiert die «ständigen Reorganisationen» unter Meyers Ägide.
Eine schnelle Besetzung des Postens scheint freilich wenig wahrscheinlich, Meyer könnte noch bis Ende 2020 im Amt bleiben. Doch welche Qualitäten muss der neue SBB-CEO mitbringen?
Am meisten zu sagen bei der Neubesetzung hat SBB-Präsidentin Monika Ribar. Sie leitet auch den vierköpfigen Nominationsausschuss des Verwaltungsrats, der für die Chefsuche verantwortlich ist. Die SBB bestätigen zudem: Der bekannte Headhunter Guido Schilling ist bereits damit beauftragt worden, geeignete Kandidaten zu finden.
Das Kandidatenprofil sei vom Gesamtverwaltungsrat erarbeitet worden, sagt Ribar. Die Präsidentin ist sich bewusst: «Die eierlegende Wollmilchsau werden wir nicht finden.» Interne Kandidaten würden ebenso geprüft wie externe. Und eine Frauenkandidatur sei «herzlich willkommen».
Die Frage, ob der neue SBB-Chef ein Bahnspezialist sein muss, beantwortet Ribar im Gespräch mit dieser Zeitung vieldeutig. «Ideal ist, wenn der künftige CEO mit dem Schweizer Bahnsystem vertraut ist», sagt sie. «Die SBB ist eine Ikone in diesem Land, keine normale Firma.»
Der CEO braucht laut Ribar keinen Schweizer Pass. «Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand aus dem Ausland, der noch nie in der Schweiz gelebt hat und das Land nicht versteht, dieses Unternehmen leiten kann.» Auffällig: Gleich mehrfach betont Ribar, wie wichtig ein Flair für die Politik sei. Tatsächlich wird Amtsinhaber Meyer, der zuvor lange in Deutschland gearbeitet hat, immer mal wieder mangelndes politisches Gespür vorgeworfen.
Zwar wurden die SBB in den beiden vergangenen Jahrzehnten entpolitisiert. Doch noch immer ist es das Parlament, das die Milliarden für die Bahninfrastruktur freigibt. Und noch immer ist es der Bundesrat, der die strategischen Ziele definiert.
Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga nimmt stärker Einfluss als ihre Vorgängerin, bestätigen Verkehrspolitiker aller Couleur. Bestes Beispiel: Im Frühjahr wollte sie im Bundesrat durchsetzen, den Lohn des SBB-Chefs um vier Prozent zu kürzen. So sollte die Entschädigung unter die Grenze von einer Million Franken sinken.
Der Bundesrat verlangt von den bundesnahen Betrieben eine «Senkung der maximalen Vergütung der obersten Leitungsorgane». Tatsächlich soll die Nachfolgerin oder der Nachfolger Meyers einen geringeren Lohn erhalten. Man halte sich an die Vorgaben des Bundesrates, sagt Präsidentin Ribar.
Dass der Bundesrat die Unternehmen enger führen will und eine Lohnsenkung verlangt, mache die Nachfolgersuche nicht einfacher, erklärt ein hochrangiger SBB-Kader hinter vorgehaltener Hand. «Man darf nicht vergessen, dass der Inhaber dieses anspruchsvollen Jobs immer unter öffentlicher Beobachtung steht.»
Pikant: Just Headhunter Guido Schilling, der bei den SBB mit der Kandidatensuche betraut ist, warnte mehrfach, eine Obergrenze für die Spitzenlöhne bei SBB, Swisscom oder Post wirke sich auf die Rekrutierung aus. Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Unternehmen sei zentral, sagte er beispielsweise 2016 der «Handelszeitung»:
Statt auf Manager, die sich in einer ähnlichen Position bereits bewährt haben, müssten die bundesnahen Betriebe auf weniger erfahrene Personen zurückgreifen.
Sinnigerweise ist es nun an Schilling selbst, genau diese Befürchtung zu widerlegen.
Ribar auf Medienfragen: "Die Person, die wir suchen, muss ein Unternehmen führen können, aber auch eine politische Affinität haben. Wir sind offen. Bezüglich Lohn halten wir uns an die Vorgaben des Bundesrates. Der Lohn wird tiefer sein."
— SBB Medienstelle (@sbbnews) September 4, 2019
(aargauerzeitung.ch)
Schön wärs…..