Schweiz
Wirtschaft

Einkommensungleichheit in der Schweiz nimmt zu

Das Geld in der Schweiz ist immer ungleicher verteilt

29.01.2021, 08:5030.01.2021, 08:10
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Das letzte Jahrzehnt hat den Schweizern mehr Einkommen und mehr Vermögen beschert. Doch zugleich ist laut einer Untersuchung der Bank Cler auch die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgegangen. Die Coronakrise dürfte diesen Trend noch verstärken.

Die gute Nachricht zuerst: Schweizer Haushalte haben ihr Einkommen von 2007 bis 2017 um durchschnittlich 8,6 Prozent oder 3500 Franken auf gut 68'500 Franken gesteigert. Das geht aus dem «Bank Cler Swiss Income Monitor» hervor, der am Freitag veröffentlicht wurde.

Für diese Studie wertete die Bank Cler gemeinsam mit dem Konjunkturforschungsinstitut Bak Economics die aktuellsten Daten der Eidgenössischen Steuerverwaltung aus.

Allerdings ist zugleich auch die Einkommensungleichheit gewachsen: Vor allem am oberen und unteren Ende der Einkommen habe sich die Spreizung bemerkbar gemacht, sagt Mats Bachmann, der als Leiter CEO Office für die Marketingfunktionen der Bank Cler verantwortlich ist.

Die Einkommensverteilung der Schweiz 2017
Das Gesamteinkommen konzentriert sich fast zur Hälfte auf die oberen 10 Prozent.Bild: ESTV, bak economics

Die unteren 10 Prozent der Haushalte wiesen 2017 ein Reineinkommen von maximal 5400 Franken auf, die oberen 10 Prozent von mehr als 128'500 Franken. Die oberen 10 Prozent beanspruchen damit insgesamt 42 Prozent des Gesamteinkommens für sich.

Das Reineinkommen berechnet sich dabei aus dem Nettoeinkommen aus Löhnen, Renten, Kapitaleinkommen minus verschiedene Abzüge wie Krankheitskosten, gemeinnützige Zuwendungen sowie Alimente oder Einzahlungen in die Säule 3a.

Ein Grund für die tieferen Einkommen der unteren 10 Prozent könne ein höherer Anteil an Auszubildenden oder Studierenden mit Ferien- und Teilzeitjobs sein, sagt Bachmann. Da sei also nicht direkt Armut ableitbar. Auf der anderen Seite dürften Branchen mit positiven Entwicklungen und gleichzeitig hohen Managerlöhnen die hohen Einkommen in die Höhe getrieben haben.

Corona trifft untere Einkommen hart

Durch die Coronakrise dürfte die Ungleichheit noch zunehmen: Die Corona-Pandemie tangiere fast alle Lebensbereiche, sagt Bak-Chefökonom Martin Eichler in der Mitteilung. Die Belastung am unteren Ende der Einkommensverteilung sei aber überproportional gross. Unterdurchschnittliche Einkommen müssten weitere Einbussen verkraften.

Im internationalen Vergleich gestaltet sich die Verteilung der Einkommen in der Schweiz immer noch relativ ausgeglichen. Als Messgrösse für die Ungleichheit dient der sogenannte Gini-Koeffizient. Liegt dieser bei 1, bedeutet das höchste Ungleichheit: Ein einziger Haushalt hat das gesamte Einkommen eines Landes und die restlichen Haushalte nichts. Der niedrigste Wert ist 0 und bedeutet totale Gleichheit.

Schweizerkarte Gini-Koeffizient
Mit 0,58 hat Genf den höchsten Gini-Koeffizient. Gefolgt von Schwyz mit 0,57 und Zug 0,56.Bild: estv, bak economics

Laut der Studie weist die Schweiz einen Gini-Koeffizient von 0,482 aus. Norwegen, Österreich, Frankreich und Deutschland zeigten nach internationaler Berechnungsgrundlage einen tieferen Gini-Koeffizienten als die Schweiz, so Bachmann. Viele andere Länder wie zum Beispiel die USA dagegen hätten eine wesentlich ungleichere Einkommensverteilung als die Schweiz.

Vermögen stark gestiegen

Typischerweise höher als die Einkommensungleichheit ist die Vermögensungleichheit. Die Vermögen haben aufgrund der steigenden Immobilienpreise und Börsenkurse wesentlich stärker zugelegt als die Einkommen: Das Vermögen der Haushalte wuchs zwischen 2007 und 2017 um knapp 45 Prozent auf insgesamt 4554 Milliarden Franken, wie es in der Studie weiter hiess. Vor allem das Immobilienvermögen trug dazu bei.

vermögen privater haushalte in der schweiz
Vermögen privater Haushalte in Mio. CHF.Bild: Schweizerische Nationalbank

Noch stärker wuchs allerdings das Vermögen der Millionäre: Dieses erhöhte sich um fast zwei Drittel auf rund 1368 Milliarden. Innert eines Jahrzehnts wuchs der «Club» der Millionäre in der Schweiz um die Hälfte auf 330'000 Personen. (saw/sda/awp)

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65 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Firefly
29.01.2021 10:15registriert April 2016
Die Frage ist, wann begreift es die Basis endlich und hört auf blind den reichen Schwätzern zu vertrauen, die sich als Ihresgleichen ausgeben und all den Theoretikern die irgenwelche unsichtbaren Hände bemühen um ihre Theorien zu stützen?
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bruuslii
29.01.2021 11:05registriert April 2019
bedenklich finde ich, dass die kapitalisten immer behaupten, dass man nur druch fleiss und arbeit zu geld kommen sollte und dass wenn man sowas wie ein bedingungsloses grundeinkommen einführen würde, zuviele nur noch schmarotzend ohne zu arbeiten, zu geld kommen, während die obersten kapitlaisten (am meisten die, die den reichtum geerbt haben) eigentlich gar nichts tun und genauso schamrotzend von der arbeit der unteren leben. die haben wohl angst, dass sie selbst mal an die säcke müssten, wenn es niemanden mehr gibt, der ihnen die arbeit erledigt...
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Cerulean
29.01.2021 12:41registriert Februar 2016
Reagan’s Tickle Down Economics hallen leider immer noch nach. Dabei geht vergessen, dass die unteren Einkommen die Konjunktur gewaltig ankurbeln könnten. Ein Brot kostet für eine/n Sozialhilfeempfänger*in gleich viel wie für den Milliardär. Kann sich nur der/die Milliardär*in das Brot kaufen, hat die Wirtschaft ein Brot verkauft, kann sich der/die Sozialhilfeempfäger*in auch eines leisten sind es bereits zwei verkaufte Brote 🤷‍♂️ Man sollte endlich unser Wirtschafts- und Steuersystem neu denken.
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