Schweiz
Wirtschaft

Nationalrat für Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative

Nationalrat für Gegenvorschlag zur Konzerninitiative

08.06.2020, 16:3128.09.2020, 11:17
Mehr «Schweiz»
Sicht in den Nationalratssaal an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 8. Juni 2020 im Nationalrat in einer Ausstellungshalle von Bernexpo in Bern. Damit das Parlament die vom Bunde ...
Bild: keystone

Die Konzernverantwortungsinitiative kommt voraussichtlich mit einem indirekten Gegenvorschlag an die Urne. Der Nationalrat hat am Montag mit 99 zu 91 Stimmen und bei 6 Enthaltungen den Antrag der Einigungskonferenz für einen Gegenvorschlag unterstützt.

Die Zustimmung des Ständerates dürfte eine Formsache sein, denn die Einigungskonferenz hatte in ihrem Antrag des Konzept aus der kleinen Kammer übernommen. Der Nationalrat schwenkte nun mit auf diesen indirekten Gegenvorschlag ein.

Nein von SP und Grünen

Nichts vom Vorschlag wissen wollten in der grossen Kammer SP und Grüne. Die Fraktionen von SVP, FDP, Mitte und GLP unterstützten zwar offiziell den Gegenvorschlag des Ständerates, doch gab es namentlich bei der SVP und der GLP etliche abweichende Stimmen.

Knapp drei Jahre lang hatten National- und Ständerat über den indirekten Gegenvorschlag zu der Volksinitiative debattiert, ohne Einigung. Umstritten war, ob für Konzerne in der Schweiz und deren Tochterfirmen zusätzliche Haftungsregeln eingeführt werden sollten.

In den Debatten standen sich die zwei Konzepte der beiden Kammern gegenüber: Jenes des Ständerates, das der Nationalrat nun übernommen hat, enthält keine neuen Haftungsregelungen, aber Berichterstattungspflichten für bestimmte Unternehmen.

Sorgfaltsprüfungspflichten

Geht es um Konfliktmineralien und Kinderarbeit, müssen die Unternehmen zusätzlich Sorgfaltsprüfungspflichten erfüllen. Der Bundesrat hatte die Grundlagen für diesen Gegenvorschlag als Reaktion auf den schärfer formulierten Gegenvorschlag des Nationalrates ins Spiel gebracht.

Denn das unterlegene Konzept des Nationalrats hätte neue Haftungsregeln für Schweizer Unternehmen und deren Töchter gebracht, die im Ausland Menschenrechte verletzen oder die Umwelt schädigen. Es sei denn, sie weisen nach, dass sie ihre Sorgfaltspflichten erfüllt haben oder ein von ihnen kontrolliertes Unternehmen nicht haben beeinflussen können.

Der Nationalrat war der Konzernverantwortungsinitiative weit entgegengekommen. Die Initianten und Initiantinnen hatten denn auch zugesichert, ihr Begehren zurückzuziehen, sollte die Version des Nationalrates die Ratsdebatten überstehen. Dies ist nun nicht der Fall.

«Alibi-Gegenvorschlag»

Die im Oktober 2016 eingereichte Konzernverantwortungsinitiative empfehlen Parlament und Bundesrat zur Ablehnung. Sie fordert, dass globale Konzerne mit Sitz in der Schweiz einem zwingenden Regelwerk unterstellt sind, wenn es um die Durchsetzung von Menschenrechten und Umweltschutz bei ihren weltweiten Tätigkeiten geht.

Herzstück der Initiative ist die Sorgfaltsprüfungspflicht, die neu eingeführt werden soll. Kommt ein Schweizer Konzern dieser Pflicht nicht nach, soll er auch für allfällige Schäden haften, die seine Tochterfirmen im Ausland verursacht haben.

Den noch zur Diskussion stehenden indirekten Gegenvorschlag bezeichnete das Initiativkomitee als «Alibi-Gegenvorschlag». Hinter der Initiative steht eine breite Koalition aus mittlerweile 120 Hilfswerken, Menschenrechts- und Umweltorganisationen, kirchlichen, genossenschaftlichen und gewerkschaftlichen Vereinigungen sowie Aktionärsverbänden, wie die Initianten schreiben. (aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das neue Bundeshaus in der Bernexpo
1 / 18
Das neue Bundeshaus in der Bernexpo
Der Nationalratssaal auf dem BernExpo-Gelände.
quelle: keystone / peter klaunzer
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Der Buchstabe I (Zusammenhang wie Duschvorhang)
08.06.2020 16:39registriert Januar 2020
Es gibt keinen Gegenvorschlag, wenn es um die Einhaltung von Menschenrechten geht!

Fettes JA im Sommer!
1159
Melden
Zum Kommentar
avatar
lofdo
08.06.2020 16:38registriert August 2015
Ich hoffe die Wählerschaft lässt sich von der Konzernlobby und den bürgerlichen Parteien nicht verarschen. Gut wurde die Initiative bei einem so verwässerten Gegenvorschlag nicht zurückgezogen.
927
Melden
Zum Kommentar
3
Österreich ermittelt auch gegen René Benko persönlich

Weiteres Ungemach für René Benko. Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt im Zusammenhang mit der Insolvenz des Signa-Konzerns nun auch gegen den Firmengründer persönlich, berichtet das «Ö1-Mittagsjournal». Das habe auch Benkos Anwalt Norbert Wess bestätigt.

Zur Story