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Der starke Franken kostet 20'000 Jobs

Der Gang zum RAV ist auch dem starken Franken geschuldet.
Der Gang zum RAV ist auch dem starken Franken geschuldet.
Bild: KEYSTONE

Der starke Franken kostet 20'000 Jobs

Am Dienstag publizierte das Seco die neusten Zahlen zur Arbeitslosigkeit. Die Zunahme der Arbeitslosenquote auf 3,8 Prozent hat auch mit dem Franken zu tun: Jeden Monat werden wegen des starken Frankens 1000 Menschen stellenlos. 
10.02.2016, 05:0010.02.2016, 09:01
andreas schaffner / Aargauer Zeitung
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Die Meldungen häufen sich. Der US-Industriekonzern GE will nach der Übernahme von Alstom in der Schweiz 1300 Stellen streichen. ABB hat im vergangenen Jahr die Belegschaft seiner Schweizer Ländergesellschaft um 290 Beschäftigte oder 4 Prozent verkleinert, und in diesem Jahr soll es so weitergehen. Die Grossbank Credit Suisse erhöht das Tempo der Sparmassnahmen und baut in der Schweiz 1600 Stellen ab. Und die Mitarbeiter der Versicherung Zurich erwarten morgen gebannt die Nachrichten aus der Konzernzentrale.

Der starke Schweizer Franken macht sich schleichend bemerkbar. Gemäss den gestern publizierten Januar-Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) waren Ende Januar 2016 163'644 Arbeitslose bei den regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingeschrieben. Das sind 5015 mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote in der Schweiz stieg damit von 3,7 Prozent im Dezember 2015 auf 3,8 Prozent im Januar.

1000 Arbeitslose pro Monat

Laut dem Seco-Chef Boris Zürcher sind zwar von den knapp über 5000 neu gemeldeten Personen rund 4000 saisonal bedingt arbeitslos geworden, rund 1000 Menschen wurden konjunkturell bedingt entlassen. Überspitzt gesagt hat jedoch die Aufwertung des Frankens durch die Aufhebung des Mindestkurses gegenüber dem Euro durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) vor über einem Jahr zur Folge, dass derzeit rund 1000 Menschen pro Monat arbeitslos werden. Für das Gesamtjahr rechnet das Seco mit einer Arbeitslosenquote von 3,6 Prozent.

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Auch die Meldungen über Kurzarbeit in der Schweiz nehmen zu. Viele Bergbahnen etwa haben diesen Winter diese Massnahme schon ergriffen, da die Touristen aufgrund des Wechselkurses, der konjunkturellen Schwächen in ihren Herkunftsländern oder des mangelnden Schnees ausblieben.

«Die Frankenaufwertung wird gemäss unseren Schätzungen in der Schweiz etwa 20'000 Stellen kosten. Rund die Hälfte davon in der Maschinenindustrie, der Rest in der Gastronomie, dem Tourismus und im Detailhandel.»

Die Zahl der Betriebe, die Kurzarbeit angemeldet haben, stieg schon im letzten Jahr an — innerhalb eines Jahres von 389 auf 611. Die Zahlen aus dem Dezember 2015 und Januar 2016 fehlen noch. Doch die ausgefallenen Arbeitsstunden sind mit 374726 weit geringer als die über 4,5 Millionen im Jahr 2009. Das ist für Seco-Chef Zürcher ein klarer Hinweis, dass die Schweizer Unternehmen längerfristig mit einem starken Schweizer Franken rechnen. Für ihn ist klar, dass die vom starken Franken betroffenen Betriebe heute eher Mitarbeiter entlassen als einen Antrag auf Kurzarbeitentschädigung stellen.

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Nicht alle Kantone sind gleich betroffen. Im Aargau ist die Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte auf 3,5 gestiegen. In Zürich stieg die Zahl von 3,9 auf 4,0 Prozent. In Basel-Stadt stieg die Arbeitslosenquote um 0,2 Prozentpunkte auf 4,2 Prozent, in Baselland verharrte sie dagegen bei 3,1 Prozent. Mit 3,2 Prozent blieb die Quote in Solothurn konstant.

Jetzt auf

Arbeitgeber-Präsident warnt

Für Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV), ist noch mehr zu erwarten: «Die Frankenaufwertung wird gemäss unseren Schätzungen in der Schweiz etwa 20000 Stellen kosten. Rund die Hälfte davon in der Maschinenindustrie, der Rest in der Gastronomie, dem Tourismus und im Detailhandel.» Bis heute seien effektiv rund 12000 Stellen abgebaut worden. Die restlichen Stellen würden mit grosser Wahrscheinlichkeit bis Mitte Jahr folgen.«Dieses Jahr wird vor allem die schwierige Konjunkturlage ihre Spuren hinterlassen.

In Europa haben sich die strukturellen Probleme verschärft, und in Asien hat vor allem China an Dynamik eingebüsst», erklärt Vogt die Situation. Einzig in den USA seien Anzeichen eines Aufschwungs erkennbar. In diesem garstigen Umfeld würden die Unternehmen auf weitere Kostensenkungen und Produktivitätsfortschritte fokussieren. Davon betroffen seien exportorientierte Unternehmen, aber auch Zulieferer.

[dhr, 22.01.2017] Geld, Banken, Weltwirtschaft

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6 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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_kokolorix
10.02.2016 06:32registriert Januar 2015
das zeigt einmal mehr wie zynisch und rücksichtslos die unternehmer geworden sind. solange die aufträge von vorher noch laufen werden die angestellten in sicherheit gewiegt, dann sofort entsorgt um die gewinne und damit die boni und dividenden auf hohem niveau zu halten. die möglichkeit einmal ein jahr keinen gewinn oder sogar verluste zu machen, aber den leuten ihr auskommen zu lassen wird nicht einmal in betracht gezogen
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kettcar #lina4weindoch
10.02.2016 06:25registriert April 2014
Naja, ich denke es geht in erster Linie darum, die fetten Gewinne zu halten. Da wirft mal lieber ein paar Menschenressourcen raus, bevor es an den Boni geht.
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NWO Schwanzus Longus
10.02.2016 09:11registriert November 2015
Es ist nicht der starke Franken, sondern das verhalten der Konzerne die massenhaft Arbeiter entlassen um zu sparen. Zudem werden Ausgesteuerte nie in der Statistik gezählt was die Zahlen verwässert.
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