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Frühling im Februar: 8 Dinge, die der Nicht-Winter bei uns auslöst

Frühling im Februar: Ein Klimatologe sagt, ob das Flachland bald immer schneefrei bleibt

Frühling mitten im Winter: Ganze 22,3 Grad zeigte das Thermometer am Sonntag in Laufen BL. Das hat Folgen: Skilifte kämpfen um die Existenz, Pflanzen blühen zu früh – und ein richtiger Winter ist weiterhin nicht in Sicht.
17.02.2020, 18:5828.05.2020, 13:30
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Bleibt es warm?

Klimatologe Stephan Bader von Meteoschweiz hat für watson die aktuellsten Wettermodelle analysiert:

Zwar sinkt die Schneefallgrenze am Mittwoch kurzzeitig auf gegen 600 Meter. Am kommenden Wochenende könnte die Höchsttemperatur im Mittelland gemäss den aktuellen Modellen sogar zwischen 12 und 15 Grad liegen.

Auf Mitte nächster Woche sinken die Höchstwerte wieder unter 10 Grad, aber am darauf folgenden Wochenende könnte die 10-Grad-Marke wieder erreicht werden. Grund dafür ist eine anhaltende Südwestströmung, welche milde Atlantikluft zur Schweiz führt.

Das Fazit:

«Bis Ende Februar ist kein Winter in Sicht.»
Stephan Bader, Meteoschweiz

Wie wird der Frühling?

Der Saisonausblick von Meteoschweiz zeigt: Die Periode von Februar bis April liegt eindeutig auf der milden Seite, dies laut Bader mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 bis 60 Prozent auf der Alpennordseite und mit über 70 Prozent auf der Alpensüdseite.

Gibt es überhaupt noch Schnee bis ins Flachland?

Dieser Winter ist gemäss Bader ein Vorgeschmack auf die Zukunft: Schneefall bis ins Flachland wird laut dem Klimatologen wegen der Klimaerwärmung immer seltener. Bis Mitte Jahrhundert werden sich die Tage mit einer Schneedecke im Flachland auf einen Viertel des heutigen Wertes reduzieren. «In Bern haben wir heute im Durchschnitt knapp 40 Tage mit einer Schneedecke. Um 2060 sind es dann im Durchschnitt noch etwa 10», so Bader.

Die Wetterschwankungen von Jahr zu Jahr sind gross, das wird wahrscheinlich auch in Zukunft so bleiben. Deshalb wird es auch mit zunehmender Winterwärme und immer höher steigender Nullgradgrenze Winter mit Schnee bis ins Flachland geben.

Wie blühen die Pollen?

An vielen Messstationen ist die Pollenbelastung bereits stark (rot).
An vielen Messstationen ist die Pollenbelastung bereits stark (rot). quelle: meteoschweiz

Pollenallergiker aufgepasst: Es sind bereits viele Pollen in der Luft. An sieben der bisher 44 Stationen fand der Blühbeginn noch nie so früh statt wie im aktuellen Jahr. In Rafz ZH etwa wurde seit Messbeginn 1952 noch nie eine so frühe Haselblüte beobachtet wie 2020.

An acht Stationen war es der zweitfrüheste und an zwölf Stationen der drittfrüheste Blühbeginn. Noch früher fand der Blühbeginn an vielen Stationen im Jahr 2016 statt.

Welche Pflanzen blühen?

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bild: shutterstock

Ob Krokus, Schneeglöcklein, Alpenveilchen oder gar Bärlauch: Im Botanischen Garten (Boga) der Universität Zürich spriesst es schon an allen Ecken und Enden. «So früh habe ich noch nie frisches Bärlauchpesto machen können», sagt Boga-Leiter Peter Enz zu watson. Und das heisst was, denn Enz arbeitet seit 27 Jahren im Boga Zürich.

Die Flora habe aktuell circa 3 Wochen Vorsprung auf die Marschtabelle. Was aber passiert mit den Pflanzen, wenn jetzt trotzdem nochmal richtig der Winter zurückschlägt? Einheimische Pflanzen könnten Frost und Schnee problemlos überleben. «Wenn Blüten kaputtgehen, produzieren sie zwar keine Samen. Können aber später noch Blüten und Blätter nachschieben», so Enz.

Obst

Anders sieht es bei Obst aus. Zwei bis drei Wochen mildes Wetter sei noch nötig, dann könnten frühe Zwetschgen- und Kirschbäume bereits blühen in geschützten Lagen. «Dann darf es aber keinen Frost mehr geben, sonst geht die ganze Ernte kaputt», erklärt Enz.

Was passiert mit den Skiliften?

Für die kleinen Skilifte in den Voralpen ist der Winter ein totales Desaster. Null Betriebstage zählt etwa der Skilift Rüschegg im Berner Gantrisch.

«Wenn es in den nächsten Tagen nicht schneit, ist die Saison wohl gelaufen», sagt Manfred Baumann, VR-Präsident des Skilifts Rüschegg. Dieser ist mit 2,3 Kilometern einer der längsten Skilifte Europas. Er rechnet heuer mit einem Defizit von rund 50'000 Franken. «Wir haben zwar ein finanzielles Polster. Aber wiederholen sich solche schneelosen Winter, ist unsere Existenz gefährdet. Das schleckt keine Geiss weg.»

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Er mache sich keine Illusionen: Wegen der Klimaerwärmung werde es immer weniger Schneetage geben. «Wir sind alles Idealisten und kämpfen weiter», so Baumann.

Wachen jetzt die Tiere aus dem Winterschlaf auf?

Ein Blick in die Höhle der Berner Bären zeigt: Die Mutze befinden sich trotz der milden Temperaturen weiterhin im Winterschlaf. «Es muss schon mehrere Wochen warm sein, dass Tiere frühzeitig aufwachen», sagt der Berner Tierparkdirektor Bernd Schilger.

Die Berner Bären beim Winterschlaf.
Die Berner Bären beim Winterschlaf. bild: webcam bärenpark

Die Klimaerwärmung verändere aber langsam, aber sicher das Verhalten der Mutze. «Dieses Jahr sind die Bären erst im Januar in den Winterschlaf gegangen – so spät wie noch nie», so Schildger weiter.

Kann ich bereits Salat setzen?

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bild: shutterstock

Hobbygärtner sollten schon mal einen ersten Schritt in ihren Garten wagen. «Am Wochenende habe ich bereits gejätet, ist der effizienteste Zeitpunkt. Das Unkraut verteilt schon Samen», sagt Peter Enz vom botanischen Garten Zürich. Kann ich denn jetzt bereits Salat anpflanzen? «Anpflanzen nein, aber Nüsslisalat, Melde, Kerbel und Spinat säen in einem Frühbeet mit Abdeckung oder Vlies ist schon möglich», so Enz.

Frühling im Februar: Was löst dies bei dir aus? Schreib deinen Input ins Kommentarfeld.

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Im Rausch des Frühlings
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Im Rausch des Frühlings
Hoffentlich bald auch bei uns. Im St.James Park in London entfaltet der Frühling bereits seine ganze Pracht.
quelle: x02954 / neil hall
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«Oh, shit!» – watson am windigsten Ort der Schweiz
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65 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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aye
17.02.2020 20:34registriert Februar 2014
«Die Periode von Februar bis April liegt eindeutig auf der milden Seite, dies laut Bader mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 bis 60 Prozent.»

Klimatologe müsste man sein. 😂🎲
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Pr0di
17.02.2020 22:08registriert Februar 2017
Ich bin etwas gespaltener Ansicht über den warmen Winter. Auf der einen Seite bin ich kein grosser Fan von Schnee und Kälte, weshalb ich ehrlicherweise zugeben muss, dass mir der warme Winter gefällt. Für die Natur und die Skigebiete ist es natürlich sagen wir mal suboptimal und wenn das Phänomen tatsächlich Klimabedingt auftritt, dann ist dies ein alarmierendes Zeichen. Also kurz gesagt: ich geniesse das milde Wetter, aber mit schlechtem Gewissen.
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Hackphresse
17.02.2020 19:38registriert Juli 2014
Schade, wird wohl wieder nix mit einem verschneiten Geburtstag für mich. 😪😢
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Eine Stunde und 20 Minuten länger – so war der Stau am Gründonnerstag

Zum Beginn der Osterfeiertage ist es am Donnerstag vor dem Gotthard-Nordportal zu neun Kilometern Stau gekommen. Der Zeitverlust betrug am Nachmittag eine Stunde und 20 Minuten. Auf der Südseite des Gotthards blieb es nach den Schneefällen vom Mittwoch ruhig, Stau gab es im Tessin nur beim Grenzübergang zu Italien in Chiasso.

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