Schweiz
Wahlen 2019

SRG-Wahlbarometer: Grüne und CVP Kopf an Kopf, FDP und SVP im Minus

Während Grünen-Präsidentin Regula Rytz gut lachen hat, dürften sich FDP-Chefin Petra Gössi und SVP-Präsident Albert Rösti weniger freuen.
Während Grünen-Präsidentin Regula Rytz gut lachen hat, dürften sich FDP-Chefin Petra Gössi und SVP-Präsident Albert Rösti weniger freuen.Bild: keystone / watson / datawrapper

SRG-Wahlbarometer: Grüne liefern sich Kopf-an-Kopf-Rennen mit CVP – FDP und SVP im Minus

Auch das letzte SRG-Wahlbarometer elf Tage vor den Nationalratswahlen bestätigt den Höhenflug von Grünen und GLP. Die Grünen liegen praktisch gleichauf mit der CVP. SVP und FDP liegen weiter hinter ihrem Wahlergebnis von 2015 zurück.
09.10.2019, 17:0009.10.2019, 17:11
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Wer gewinnt dazu?

Wie bereits im letzten SRG-Wahlbarometer von Anfang September , legen die Grünen am kräftigsten zu. Gemäss der am Mittwoch veröffentlichten Umfrage kommen sie weniger als zwei Wochen vor den eidgenössischen Wahlen auf einen Wähleranteil von 10.7 Prozent. Dies entspricht einem Plus von 3.6 Prozentpunkten im Vergleich zu den letzten Wahlen im Jahr 2015. Damit legen die Grünen im Vergleich zum Wahlbarometer von Anfang September nochmals 0.1 Prozentpunkte zu.

Sollte sich der Wert aus dem SRG-Wahlbarometer bei den Wahlen bewahrheiten, wäre es das beste Wahlresultat, das die Grünen in der Schweiz je erzielt haben. Den bisherigen Bestwert erreichte die Partei bei den Wahlen 2007 mit 9.6 Prozent.

Wahlbarometer
Bild: watson

Im Windschatten der Grünen gewinnen auch die Grünliberalen weiter an Fahrt. Sie liegen derzeit bei 7.3 Prozent und verbessern sich im Vergleich zum September nochmals um 0.2 Prozentpunkte. Im Vergleich zu den Wahlen 2015 würde die GLP um 2.7 Prozentpunkte beim Wähleranteil zulegen. Auch die GLP würde damit ihr bestes Ergebnis der Geschichte erzielen. Dieses erreichten sie 2011 mit 5.4 Prozent.

Zusammen erreichen die beiden Parteien mit dem grün im Namen laut der Umfrage einen Wähleranteil von 18 Prozent. Das sind kombiniert mehr Wählende, als derzeit die FDP mit einem Wähleranteil von 15.2 Prozent erreicht und fast so viel wie die SP mit 18.2 Prozent.

Wer verliert?

Im bürgerlichen Lager verlieren laut dem SRG-Wahlbarometer fast alle Parteien. In absoluten Zahlen am meisten Wähleranteil im Vergleich zu den Wahlen von 2015 würde die SVP verlieren. Mit einem Minus von aktuell 2.1 Punkten würde sie einen Wähleranteil von 27.3 Prozent erreichen.

Trotz erwarteter Verluste bleibt die Partei die mit Abstand stärkste Kraft und verliert gegenwärtig weniger als ein Zehntel ihrer Wählerschaft. Im Vergleich zum Wahlbarometer vom September hat sich die Partei stabilisiert und konnte 0.3 Prozentpunkte gutmachen. Der Wähleranteil der SVP ist gemäss Umfrage vergleichbar mit ihren Ergebnissen von 2003 und 2011. Nur bei den Wahlen von 2007 und 2015 war sie noch besser.

Für die FDP sagt das jüngste SRG-Wahlbarometer ebenfalls Verluste voraus. Die Freisinnigen kommen auf 15.2 Prozent Wähleranteil. Damit liegen sie 1.2 Prozentpunkte unter ihrem Wert bei den Wahlen 2015. Im Vergleich zum Wahlbarometer von Anfang September verliert die FDP überraschend deutlich, nämlich 1.5 Prozentpunkte.

Die Veränderungen gegenüber dem Wahlergebnis 2015

Wahlbarometer
Veränderung im Wähleranteil zwischen den Wahlen 2015 und dem SRG-Wahlbarometer vom Oktober 2019.Bild: watson

Ebenfalls im Minus sieht das Wahlbarometer die CVP. Laut der Umfrage würde sie hinter den Grünen landen und wäre mit 10.6 Prozent Wähleranteil nur noch fünftstärkste Partei. Die Differenz zu den Grünen mit 10.7 Prozent Wähleranteil liegt allerdings innerhalb des Stichprobenfehlers von plus/minus 1.4 Prozentpunkten. Im Vergleich zu den letzten Wahlen 2015 weist die CVP aktuell ein Minus von einem Prozentpunkt aus. Verglichen mit dem Wahlbarometer vom September verbessert sie sich um 0.4 Prozentpunkte.

Beim Kräftvergleich mit den Grünen ist zu beachten, dass sich die im Wahlbarometer abgebildeten Wähleranteile nur auf die Nationalratswahlen beziehen. Mit ihren starken regionalen Hochburgen bleibt die CVP in der zweiten Kammer, dem Ständerat, aller Voraussicht nach auch nach den Wahlen eine Macht. Die Grünen dürften dort weiterhin nur eine marginale Rolle spielen.

Ebenfalls im Minus landet gemäss dem SRG-Wahlbaromter die einstige Bundesratspartei BDP, die noch auf 2.8 Prozent kommt. Sie verliert in absoluten Zahlen zwar «nur» 1.3 Prozentpunkte. Diese Zahl entspricht jedoch mehr als einem Drittel ihrer bisherigen Wählerschaft. Im Vergleich zum Wahlbarometer im September stabilisiert sich die BDP allerdings leicht. Damals lag ihrer Wähleranteil noch bei 2.6.

Im linken Lager verzeichnen die Sozialdemokraten ein leichtes Minus. Mit 18.2 Prozent Wähleranteil liegen sie 0.6 Prozentpunkte unter ihrem Ergebnis von 2015. Im Vergleich zum Wahlbarometer vom September büsst die SP 0.5 Prozentpunkte ein.

Wie verändert sich die Stärke der politischen Lager?

Die Politologen der Forschungsstelle Sotomo, welche die Umfrage durchgeführt haben, sprechen von «konzentrierten Gewinnen» und «verteilten Verlusten». Neben der «grünen Welle» gebe es «viele Verliererinnen». Im Vergleich zu früheren SRG-Wahlbarometern sei zudem auffallend, dass die FDP erstmals mehr Wähleranteile verlöre als die CVP.

Damit einhergehend schreiben die Forscher im Bericht, dass sich die Mitte nach links verschiebe. Gemäss Umfrage gewänne das rot-grüne Lager aktuell 3 Prozentpunkte hinzu. SVP und FDP, die beiden Parteien rechts der Mitte, verlören demgegenüber 3,3 Prozentpunkte. «Der Wählerzuwachs des rechten Lagers von 2015 wäre damit wieder weitgehend eingebüsst.»

Wer mobilisiert am besten?

Wie das SRG-Wahlbarometer weiter zeigt, ist der erwartete Linksrutsch bei den Wahlen vorwiegend eine Folge einer einseitigen Mobilisierung. Sprich: SP und Grüne gewinnen mit Abstand am meisten Bürgerinnen und Bürger auf ihre Seite, die bei den Wahlen 2015 nicht dabei waren. «Gerade bei den Grünen gehören dazu sehr viele junge Menschen, die das erste Mal an der Wahl teilnehmen», schreiben die Politologen.

Jans genau erklärt: Mobilisierung

Video: watson/Lino Haltinner

Genau umgekehrt verhalte es sich bei der SVP: Ihre erwarteten Verluste resultierten nicht aus einer Abwanderung zu anderen Parteien. «Die SVP verliert nur, weil ein Teil ihrer ehemaligen Wählenden dieses Mal voraussichtlich nicht an den Wahlen teilnehmen wird.» Dabei trage die zunehmende Überalterung der SVP-Wählerbasis dazu bei, dass mehr Ältere wegfielen als Junge nachkämen.

Von wo nach wo wechseln die Wähler?

Die Analyse der Wählerwanderungen zeigt laut den Sotomo-Forschern zudem, dass die kriselnde BDP die meisten Wählenden an die GLP und an die FDP verlöre. Die FDP ihrerseits würde 9 Prozent ihrer ehemaligen Wählenden an die SVP verlieren.

In der Beurteilung durch ihre Wählenden nähere sich die FDP einer Mittepartei an, heisst es im Umfragebericht. «Dies ist zumindest ein Indiz dafür, dass das Profil der FDP aus Sicht ihrer Wählenden an Schärfe verloren hat.»

Was heisst das für die Bundesratswahlen?

Die neugewaehlten Bundesraetinnen Karin Keller-Sutter, rechts, und Viola Amherd, 2. von rechts, posieren mit dem Gesamtbundesrat, von links, Bundespraesident Alain Berset, Ueli Maurer, Simonetta Somma ...
Sie wollen alle nochmals antreten: Der Gesamtbundesrat.Bild: KEYSTONE

Stand heute treten sämtliche sieben Bundesräte im Dezember zur Wiederwahl an. Eine Abwahl von amtierenden Bundesräten ist in der Schweizer Geschichte eine absolute Ausnahme. Selbst wenn sich bei den Parteistärken deutliche Veränderungen ergeben sollten und die Grünen die CVP tatsächlich überholen sollten, wäre eine parteipolitische Veränderung im Bundesrat eine grosse Überraschung.

Schliesslich wird der Bundesrat von der 246-köpfigen Vereinigten Bundesversammlung aus National- und Ständerat gewählt und widerspiegelt in etwa die Fraktionsstärke in der Bundesversammlung. Und dort dürfte die CVP selbst bei deutlichen Zugewinnen von Grünen dank ihrer Stärke im Ständerat viertstärkste Kraft bleiben.

Wie wurde die Umfrage durchgeführt?

Die Datenerhebung zum SRG-Wahlbarometer fand zwischen dem 26. September und dem 2. Oktober statt. Die Befragung erfolgte online. Die Rekrutierung der Befragten nach dem Opt-in-Prinzip fand über die Webportale der SRG SSR und das Online-Panel der Forschungsstelle Sotomo statt. Nach der Bereinigung und repräsentativen Gewichtung der Daten konnten die Angaben von 12'107 Stimmberechtigten für die Auswertung verwendet werden.

Die Verzerrungen in der Stichprobe wird mittels statistischer Gewichtungsverfahren nach räumlichen, soziodemografischen und politischen Faktoren entgegen gewirkt. Die Repräsentativität der Opt-In-Befragung dieser Befragung ist laut Sotomo vergleichbar mit einer Zufallsstichprobe mit einem Stichprobenfehler von +/-1.4 Prozentpunkten.

(cbe/lea/sda)

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87 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gipfeligeist
09.10.2019 17:12registriert Januar 2016
Eine Wählereinbusse von 2.1% bringt die SVP nicht zu einer selbstkritischen Analyse und wird auch dir Regierung zu wenig verändern...
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FrancoL
09.10.2019 17:07registriert November 2015
Gut die FDP kann sich trösten der GLP etwas abgegeben zu haben, einer Partei die nicht weit weg von der FDP-Basis und die SP kann sich trösten etwas an die Grünen verloren zu haben, die ebenfalls nicht so weit weg von der SP sind, wie viele das gerne darstellen.
Die SVP Verluste werden dann eher den Ausschlag geben, dass das Parlament leicht nach links rutscht. Nicht verwunderlich wenn man das Resultat der Rechten Mehrheit in den letzten 4 Jahren betrachtet.
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Scaros_2
09.10.2019 17:22registriert Juni 2015
Das derzeitige und prognostizierte Ergebniss hat zur Folge das nichts sich grossartig ändern wird. Zumindest in bundesbern
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