Plastiksäckli, Verpackungen, Trinkröhrli: Sie stehen häufig im Fokus, wenn es um Umweltschäden durch Kunststoffe geht. Doch der grösste Sünder ist ein anderer – der Verkehr. Das zeigt der neue Bericht «Plastik in der Schweizer Umwelt», den das Bundesamt für Umwelt am Donnerstag veröffentlichte. Fünf Befunde daraus:
Gegen 8000 Tonnen Kunststoffe gelangen gemäss Schätzungen jedes Jahr als Reifenabrieb in die Umwelt. Das Profil an den Auto-, Lastwagen oder Töffpneus wird langsam kleiner – und ein grosser Teil des Abriebs landet in Gewässern und Böden. Immerhin: Etwa ein Viertel wird durch Massnahmen wie die Reinigung des Strassenabwassers abgefangen. Sonst wäre die Belastung mit über 10'000 Tonnen Abrieb noch höher.
Erst an zweiter Stelle kommt das viel diskutierte Littering – mit schätzungsweise 2700 Tonnen Plastik, das in die Umwelt gelangt. Weggeworfen werden laut Bundesamt für Umwelt vor allem Zigarettenstummel und Verpackungsreste, wie eine Untersuchung von See- und Flussufern zeigte.
Teils überraschend sind die weiteren Verschmutzungsquellen. Laut dem Bericht gelangen unter anderem auch vom Abrieb von Schuhsohlen, von Kunstrasenplätzen und von Baustellen grössere Mengen Plastik in die Umwelt.
Insgesamt landet laut dem Bericht rund 14'000 Tonnen in den Böden und Gewässern. Zum Vergleich: In der Schweiz kommen jährlich rund 1 Million Tonnen Kunststoffe zum Einsatz, 780'000 Tonnen werden entsorgt. Heruntergerechnet heisst dies konkret: Von einem Kilogramm Plastik, das wir brauchen, landen im Schnitt 14 Gramm in der Umwelt.
Bis Kunststoffe abgebaut sind, dauert es lange. In der Schweiz wurden kleinste Partikel – sogenannter Mikroplastik – in der Luft, in Seen und Flüssen und in Böden nachgewiesen. Im Zürichsee wurde selbst in 30 Metern Tiefe noch Mikroplastik entdeckt.
Welche Folgen dies hat für Menschen und Tiere: Diese wichtige Frage beantwortet der Bericht nicht. Bekannt ist, dass grosse Plastikteile für Tiere gefährlich sein können – Bilder von Fischen und Vögeln, die sich in Plastik verheddern und verenden, gingen längst um die Welt.
Unklar sind laut dem Bericht aber die Auswirkungen von Mikroplastik auf Menschen und Tiere. Diese könnten noch nicht abgeschätzt werden, heisst es im Bericht. In verschiedenen Nahrungsmitteln – Muscheln und Fischen zum Beispiel, aber auch Salz und Bier – seien Partikel nachgewiesen worden. Ob dies Auswirkungen hat, sei unbekannt.
Trotz dieser Unsicherheiten: Die Belastungen müssten reduziert werden, schreiben die Studienautoren. Weil die Kunststoffe sich nur sehr langsam abbauen, reichern sie sich in der Umwelt an. Dadurch werde das «Risiko für Menschen und Tiere mit der Zeit zunehmen», mahnen sie.
Das Problem hat auch das Parlament erkannt. Es hat den Bund im September beauftragt, mit den betroffenen Branchen Massnahmen zu prüfen und zu ergreifen. Das will das Bundesamt für Umwelt nun tun. Weitere Vorstösse sind hängig. Unter anderem verlangt die Präsidentin von Pro Natura, SP-Nationalrätin Ursula Schneider Schüttel, einen Bericht zum Thema Reifenabrieb.
Mögliche Massnahmen dagegen zählt das Bundesamt für Umwelt in einem Faktenblatt auf. Einige davon würden die Autofahrer direkt treffen - tiefere Fahrgeschwindigkeiten etwa. Auch abriebarme Reifen sowie die Reinigung des verschmutzten Strassenabwassers könnten die Umweltbelastung minimieren. Laut Behörde sieht die Gewässerschutzpolitik vor, dass Abwasser bei vielbefahrenen Strassen behandelt werden muss. Allerdings fehle innerorts oft der Platz für solche Anlagen.
Keine Lösung im Kampf gegen Littering und gegen zu viel Plastikabfälle sind übrigens Kunststoffe, die als biologisch abbaubar gelten – etwa Öko-Teller oder Kompostierungssäcke. Denn diese halten ihr Versprechen laut dem Bericht nicht: In der freien Natur würden die Bedingungen, die für einen raschen und vollständigen Abbau notwendig wären, oft nicht erreicht. Sprich: Auch der kompostierbare Sack gehört in den Kehricht – sonst landet unter Umständen mit dem Kompost auch Plastik im Garten.