Wer sich im Bundeshaus mit den Bauern anlegt, hat es schwer. Das zeigte sich, als der damalige Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann vor anderthalb Jahren den Hosenlupf wagte: Mit einem Bericht zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik verärgerte er den Bauernverband. Dieser protestierte wegen der skizzierten Marktöffnung lautstark – und brockte dem Bundesrat im Parlament eine Niederlage ein: Der Nationalrat wies den Bericht an den Bundesrat zurück.
Die Bauern demonstrierten damit einmal mehr ihren Einfluss im Parlament. Doch dieser könnte bröckeln: Bereits während der laufenden Legislatur haben mehrere einflussreiche Landwirte ihren Sessel im Nationalrat geräumt: der ehemalige Bauernpräsident Hansjörg Walter (SVP), der frühere SVP-Präsident Toni Brunner sowie CVP-Nationalrat Jakob Büchler.
Bei den nationalen Wahlen im Herbst könnte die Zahl der Landwirte weiter schrumpfen: Markus Hausammann (SVP), Walter Müller (FDP) und Alice Glauser-Zufferey (SVP) treten nicht mehr an. Auch bauernnahe Vertreter wie etwa der Zuger FDP-Nationalrat Bruno Pezzatti, Vorstandsmitglied des Obstverbands, und der Thurgauer SVP-Ständerat Roland Eberle verabschieden sich aus dem Parlament.
Hausammann hofft, dass ein Landwirt sein Nachfolger wird. «Wir werden dafür kämpfen müssen, die Stellung der Bauern zu halten», sagt er. «Allerdings: Rein zahlenmässig waren wir im Parlament immer eine kleine Minderheit.» Er traue es den Bauern im Parlament auch künftig zu, «ihre Anliegen dank guten Argumenten durchzubringen».
Die personellen Abgänge sind indes nur das eine. Hinzu kommt: Die traditionell bauernfreundlichen Parteien CVP, BDP und SVP stellen aktuell im Nationalrat eine knappe Mehrheit. Bei den kantonalen Wahlen mussten jedoch alle drei Parteien Federn lassen. Zeigt sich dieser Trend auch auf nationaler Ebene, könnten die Bauern an Unterstützung verlieren. «Bürgerliche Bauernmehrheit bedroht», titelte die Zeitung «Schweizer Bauer» deswegen kürzlich.
Einer, der sich über den grossen Einfluss des Bauernverbands ärgert, ist Nationalrat Beat Jans, in der SP für die Landwirtschaft zuständig. Er sagt: «Falls CVP und SVP bei den Wahlen Sitze im Parlament einbüssen, verliert der Bauernverband an Einfluss. Und es wäre höchste Zeit, dass dies geschieht.» Der Bauernverband sei momentan «praktisch allmächtig». Wie sich die Agrarpolitik konkret ändern würde, sei indes schwierig abzuschätzen.
Allerdings werden sich die Mehrheitsverhältnisse im Parlament nur ändern, falls es grosse Verluste bei den drei Parteien gibt, wie Bauernpräsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter vorrechnet: CVP, BDP und SVP haben heute 105 der 200 Sitze im Nationalrat; dazu kommen fünf bis acht Sitze in der FDP, die laut Ritter «landwirtschaftsnah» sind. Bei Fragen des Grenzschutzes können die Bauern zudem auf die Unterstützung der Grünen zählen. «Bei kleinen Verschiebungen wird sich daher kaum etwas ändern», schätzt Ritter. Bei grösseren Verschiebungen sei die Frage, wer gewinne und welche neuen Mehrheiten möglich seien.
Klar ist: Auch wenn Grüne und Grünliberale ihren Höhenflug fortsetzen könnten, wären sie neben der SP auch auf bürgerliche Unterstützung angewiesen, um der Agrarpolitik einen grünen Stempel aufzudrücken.
Entscheidend sei zudem, so Ritter, wer gewählt werde – und wer führende Rollen besetzen könne. Diesbezüglich sieht es für die Bauern aktuell gut aus: Ritter selbst beispielsweise sitzt derzeit in der einflussreichen Wirtschaftskommission, die SVP wird vom Agronomen Albert Rösti präsidiert – um zwei Beispiele zu nennen. Und: Im Bundesrat ist mit Guy Parmelin ein ehemaliger Winzer für die Landwirtschaft zuständig.