Kommt es wieder zum Apfelbaum-Duell, wie 2014? Bei der Abstimmung zur Masseneinwanderungs-Initiative zeigte Economiesuisse einen blühenden Apfelbaum («Bewährte Bilaterale»). Und die SVP einen Apfelbaum, dessen Wurzeln die Schweiz zerschlugen («Masslosigkeit schadet»). Der SVP-Slogan verfing am 9. Februar 2014 hauchdünn: 19’302 Stimmen gaben den Ausschlag für das Ja.
Sechs Jahre später steht die SVP wieder vor einem Kampf zur Zuwanderung. Diesmal (vorerst) ohne Provokation. Das Plakat ist schlicht gehalten, fast schon überschlicht. Es zeigt ein Ja in roten Grossbuchstaben, verbunden mit dem Schweizer Wappen. Ja «zur massvollen Zuwanderung», steht in schwarz.
Schon ab dem 10. Februar wird es überall zu sehen sein. Das grosse Tauziehen um die SVP-Initiative, über die am 17. Mai abgestimmt wird, setzt gleich am Tag nach den Abstimmungen vom 9. Februar ein. Die Initiative zur Zuwanderung gilt als wichtigste Abstimmung seit Jahren. Es geht darum, ob es auch in der Schweiz zu einer Art Brexit – «Schwexit» – kommt.
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse spricht deshalb konsequent von Kündigungsinitiative. In Artikel 197 Ziffer 12 des Initiativtextes steht nämlich: Gelinge es nicht, die Personenfreizügigkeit in 12 Monaten ausser Kraft zu setzen, «so kündigt der Bundesrat das Abkommen innert weiteren 30 Tagen». Die SVP selbst spricht von «Begrenzungsinitiative». So hat sie diese offiziell eintragen lassen: «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)». Obwohl der Begriff «Begrenzung» im Initiativtext nicht vorkommt.
Die SVP ficht ihren liebsten Kampf aus: Allein gegen alle. «Es ist ein Spiel zwischen David und Goliath», sagt Nationalrätin Esther Friedli, für die Kampagne des selbsternannten David verantwortlich. Goliath sind die 68 Verbände aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, die der Europa-Allianz «stark+vernetzt» angehören. Econonmiesuisse hatte sie 2015 als Reaktion auf das Debakel bei der Masseneinwanderungs-Initiative gegründet.
Das Netzwerk verfüge als Goliath über «sehr viel Geld», sagt Friedli. Die SVP als David kämpfe aber mit «sehr viel Herzblut». So sollen die SVP-Plakate ab 10. Februar in der ganzen Schweiz wild im kostenlosen Raum aufgestellt werden. «Sehr viele Leute in der ganzen Schweiz stellen uns dafür ihren Boden zur Verfügung», sagt Friedli. Ziel ist es, mit Plakaten in allen 2202 Gemeinden präsent zu sein, die es noch gibt.
Die SVP wird vor allem die Probleme eines 10-Millionen-Landes thematisieren. «Anfang der 1960er Jahre hatte die Schweiz noch 5,4 Millionen Einwohner», sagt Nationalrat Marcel Dettling, politisch verantwortlich für die Kampagne. «2030 werden es 10 Millionen sein.» Alleine seit 2007 sei eine Million Menschen gekommen. Dieses Ausmass der Zuwanderung beschäftige die Menschen. Dettling: «Sie spüren Lohndruck, Druck auf den Arbeitsplatz, Druck auf die Umwelt.»
Auch die Gegner der Initiative starten ihre Kampagne unmittelbar nach 9. Februar. Der 10. Februar sei «Tag eins der Kampagne gegen die Kündigungsinitiative», sagt Michael Wiesner, Leiter Kommunikation von Economiesuisse. Am Mittwoch gab es ein zweites Treffen der Initiativgegner in Bern.
Justizministerin Karin Keller-Sutter wird ihre Medienkonferenz in der zweiten Februarwoche durchführen. Die Gegner planen verschiedene Kampagnen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) etwa gleist zurzeit eine Veranstaltungsreihe auf. «Wir gehen zu den Arbeitnehmenden, diskutieren mit ihnen», sagt Sprecher Urban Hodel. Zudem will der SGB die Erfolge der Personenfreizügigkeit mit den flankierenden Massnahmen aufzeigen.
Bei Operation Libero geht man zurzeit die Argumente durch und versucht, das Kernargument herauszufiltern, wie Sprecher Silvan Gisler sagt. «Die Personenfreizügigkeit ist eine zentrale Errungenschaft», sagt Gisler. «Sie verkörpert die Freiheit der Menschen in Europa.» Die Abstimmung ist für die Operation Libero sehr wichtig: Ihre Gründung hat mit dem Schock des 9. Februar 2014 zu tun.
Daher ist es wichtig ein Nein zu stimmen. Wir können in globalen Welten nicht mehr den 50iger und das Weggli behalten. Zudem sind wir als Land viel zu klein als das wir glauben können, wir können die grossen bestimmen.