Schweiz
St Gallen

Studentenschaft: HSG-Knatsch um Gender-Sprache

Students follow professor Dr. Thomas Berndt's lecture on controlling and accounting in the big auditorium "Audimax" at the University of St. Gallen (HSG) in St. Gallen, Switzerland, pic ...
Studierende der HSG sind sich über den Namen immer noch uneinig.Bild: KEYSTONE

HSG-Knatsch um Gender-Sprache: Die Studentenschaft bleibt die Studentenschaft

Die Diskussion begann 2014 – und hat 2020 noch immer kein Ende gefunden: Wie soll die Studierendenorganisation der HSG in St.Gallen heissen? Jüngstes Kapitel: Ein Kommentar, der nicht erscheinen durfte.
01.09.2020, 12:0901.09.2020, 15:22
Mehr «Schweiz»

«Tausende Franken für Umbenennung? HSG-Zoff wegen Gender-Puff» – so hiess die «Blick»-Schlagzeile im Jahr 2014, als sich der Streit um die Umbenennung der Studentenschaft (SHSG) in Studierendenschaft (SHSG) entfachte.

2020 heisst die Organisation, die sich unter anderem um die Interessensvertretung der Studierenden an der HSG kümmert, noch immer Studentenschaft.

Dies unter anderem, weil sich im März 2020 der damalige Vorstand der HSG-Studentenschaft gegen eine Umbenennung entschieden hatte.

Der damalige Präsident, der 23-jährige Florian Wussmann, nannte «prozedurale und materielle Gründe» für die Ablehnung. Die Umbenennung würde die «starke Marke auf dem Campus» gefährden, ausserdem sei die «parallele Verwendung zweier Brands unverantwortlich».

Weiter führt Wussmann an: «Die vom Vorstand durchgeführten Kalkulationen zeigen hierbei Kosten von knapp 180'000 Franken und einen Aufwand von 7000 Arbeitsstunden auf.» Diese umgerechnete 3,2 Vollzeitstellen während eines Jahres seien nötig, um die Studentenschaft umzunennen.

Der Kommentar, der nicht erscheinen durfte

Die Ablehnung stiess einem Redaktor des Studierendenmagazin «Prisma» sauer auf, wie das «Tagblatt» schreibt. Er wollte in der zum Studienbeginn erscheinenden Ausgabe einen entsprechenden Kommentar publizieren, Titel: «Wir sind die Studierendenschaft».

Der Autor fragt sich im Text, woher die Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Sprache komme und übt Kritik am Vorstand der Studentenschaft: «Besonders wir an der HSG, die wir uns gerne die ‹Elite› nennen, sollten als aufgeklärte Bürger diesen Wandel unterstützen und an vorderster Front stehen.»

Weiter stellt er die damalige Aufwandsberechnung Wussmanns in Frage. Während der Recherche wollte er vom ehemaligen Präsidenten wissen, wie die Kalkulation zustandegekommen war.

Antwort erhielt er trotz mehrmaligem Nachfragen nicht – stattdessen droht Wussmann mit rechtlichten Schritten, wie das «Tagblatt» weiter schreibt. Er verbiete sich «politisch motivierten Aktionismus, welcher äusserst heikle Geschäfte, an denen die Zukunft der Studierenden der Universität St.Gallen hängt, torpediert».

Und auch in der «Prisma»-Redaktion stiess der Autor auf Granit: An der Schlusskonferenz wurde der Meinungsartikel gestrichen – «aufgrund faktischer Inkonsistenzen».

«Mit scheint, dass für den ehemaligen Vorstand Gleichberechtigung völlig nebensächlich ist.»

Auf Anfrage des «Tagblatts» erwidert Wussmann, bei der Kostenberechnung handle es sich um interne Dokumente, für die es keine Pflicht zur Herausgabe gebe. Zudem habe das Studentenparlament, das die Kontrollaufsicht über die Arbeit der Studentenschaft ausübt, in einer Sitzung Einsicht in die Papiere bekommen.

Nur, das stimmt so nicht, wie ein Protokoll des Parlaments zeigt: «[Die Papiere] wurde damals nicht eingereicht und für diese Sitzung auch nicht.»

Kommt es zur Urabstimmung?

Die Bilanz des Prisma-Redaktors: «Mit scheint, dass für den ehemaligen Vorstand Gleichberechtigung völlig nebensächlich ist.» Bei 35 Prozent Frauenanteil könne man sich diese Haltung nicht mehr leisten.

Er fordert die Studierenden dazu auf, sich zu wehren: «Es ist jetzt umso wichtiger, dass wir Studierende das Zepter in die Hand nehmen. Wir brauchen eine Urabstimmung.» Für eine solche Abstimmung wären 100 Unterschriften nötig – es wäre wohl die erste in der Geschichte der HSG.

2014 rechnete der Vorstand der Studentenschaft übrigens noch mit einem Mehraufwand von 1000 Franken für die Namensänderung. (cki)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese kreuzfalschen Prüfungsantworten verdienen die Bestnote
1 / 39
Diese kreuzfalschen Prüfungsantworten verdienen die Bestnote
Bild: imgur
Auf Facebook teilenAuf X teilen
9 Typen, denen du im Studium oder in der Schule begegnest
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
108 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Froggr
01.09.2020 12:59registriert Februar 2016
Ich bin an der HSG. Kein Student an der Uni spricht über das. Kein Dozent. Niemand interessiert es ausser irgendwelche Weltverbesserer die wiedermal Probleme suchen.
549125
Melden
Zum Kommentar
avatar
achsoooooo
01.09.2020 12:58registriert Januar 2015
Und jetzt die Frage, die mir unter den Fingernägeln brennt: Kostet die Umbenennung von "Studentenparlament" zu "Studierendenparlament" dann auch nochmals 180'000 Franken, oder wären diese Kosten einbegriffen?
🤔🤔🤔
2598
Melden
Zum Kommentar
avatar
Whitchface
01.09.2020 13:14registriert November 2015
7000 Arbeitsstunden für eine Namensänderung? Ziemlich absurd meiner Meinung nach.
11611
Melden
Zum Kommentar
108
Ins Regal statt in die Biogasanlage: So will Denner nicht verkauftes Fleisch «retten»
Der Discounter spannt mit Caritas-Markt zusammen. Nun wird das Projekt gegen Food Waste national ausgerollt.

Nicht alles, was ins Fleischregal kommt, wird auch verkauft. Immer wieder müssen Detailhändler Pouletfilets, Schweinesteaks oder Gehacktes entsorgen. Statt auf dem Teller landet es dann in der Biogasanlage. Das ist auch bei Denner der Fall. Jedenfalls bis jetzt. In Zukunft will der Discounter das nicht verkaufte Fleisch kostenlos an die Caritas-Märkte weitergeben.

Zur Story