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Rahmenabkommen mit der EU: Bundesrat muss diese Fragen zu InstA beantworten

"Helvetia" sitzt am Kleinbasler Ufer bei der mittleren Rheinbruecke in Basel und schaut flussabwaerts in Richtung Deutschland, am 13. Juli 2006. (KEYSTONE/Gaetan Bally) 

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Schaut den Fluss hinab Richtung EU: die Helvetia in Basel.Bild: KEYSTONE

Lieber Bundesrat, wir hätten da noch 27 Fragen zum Rahmenabkommen

Die Konfusion um das Institutionelle Abkommen (InstA) ist gross. Heute trifft der Bundesrat die Parteien zu einer Anhörung. Hier ein paar Fragen, die dabei beantwortet werden sollten.
11.03.2019, 10:2018.03.2019, 09:46
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Unionsbürgerrichtlinie

Die EU wollte die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie (UBRL) ins Rahmenabkommen reinschreiben, die Schweiz wollte sie ausschliessen. Nun ist die Richtlinie gar nicht erwähnt.

  • 1) Muss die Schweiz die UBRL übernehmen?
  • 2) Welche Teile der UBRL hält der Bundesrat relevant für die Personenfreizügigkeit?
  • 3) Was würde die Schweiz die Übernahme der UBRL kosten?
  • 4) Wird mit der UBRL der Sozialhilfetourismus gefördert?
  • 5) Untergräbt die UBRL die Solidarität der Sozialwerke, weil Empfänger und Bezahler nicht mehr kongruent sind?
  • 6) Können kriminelle EU-Bürger wegen der UBRL nicht mehr ausgewiesen werden?
  • 7) Hat die UBRL irgendwelche Vorteile für mich als Schweizer?

Lohnschutz

Im InstA sind die Flankierenden Massnahmen (Flam) nicht erwähnt. Im Protokoll I steht, dass die Schweiz die EU-Entsende- und -Durchsetzungsrichtlinie übernehmen muss. Zudem akzeptiert die EU eine Voranmeldefrist für ausländische Firmen von vier Tagen, eine eingeschränkte Kautionspflicht sowie eine Dokumentationspflicht.

  • 8) Inwiefern ist das allgemeine Lohnniveau betroffen, wenn der Lohnschutz durch das InstA geschwächt wird?
  • 9) Welche Lücken entstehen durch die Übernahme der EU-Richtlinien? Und wie sollen diese geschlossen werden?
  • 10) Will der Bundesrat den Arbeitsmarkt im Inland stärker regulieren, um den Lohnschutz zu erhalten? Wenn ja, mit welchen Massnahmen?
  • 11) Der Bundesrat stellt in seinem Begleitbericht zum InstA die Verkürzung der Voranmeldefrist auf vier Tage sowie die Einschränkung der Kautionspflicht als Vorschlag der EU dar. Hat er auch dazu eine Haltung?

Streitschlichtung

Einigen sich die Schweiz und die EU in einem Konflikt nicht, dann geschieht heute nichts. Künftig soll ein Schiedsgericht eingesetzt werden können. Dreht sich der Streit um EU-Recht, muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Auslegung machen.

  • 12) Wenn die Schweiz eine Rechtsentwicklung nicht übernimmt, kann die EU «verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen» ergreifen. Welche Massnahmen können das sein?
  • 13) Kann das Stimmvolk darüber abstimmen, ob es mit Entscheiden des Schiedsgerichts einverstanden ist? Oder entscheiden die Politiker?
  • 14) Wie viele Streitfälle werden voraussichtlich durch ein verbindliches Urteil des EuGH entschieden?
  • 15) Wer genau bestimmt, welche Richter die Schweiz ans Schiedsgericht entsendet?
  • 16) Kann die Schweiz einen Schiedsrichter absetzen, wenn er nicht ihre Interessen vertritt?

Staatliche Beihilfen

Das InstA regelt, dass die EU-Regeln im Bereich der staatlichen Beihilfen für neue Marktzugangsabkommen gelten. Beihilfen sind etwa Subventionen oder Steuererleichterungen an einzelne Unternehmen oder bestimmte Produktionszweige. Sie sind grundsätzlich verboten, die EU lässt aber Ausnahmen zu.

  • 17) Welche staatlichen Beihilfen sind konkret vom InstA betroffen?
  • 18) Kann der Bundesrat garantieren, dass es auch zehn Jahre nach Inkrafttreten des InstA noch Kantonalbanken mit Staatsgarantie gibt?
  • 19) Wird bei künftigen Marktzugangsabkommen der EuGH auslegen und bestimmen, ob eine staatliche Beihilfe erlaubt ist oder nicht?
  • 20) Die EU gewährt den EWR-Staaten ausser im Verkehrs- und Landwirtschaftsbereich keine Ausnahmen, obschon der EWR-Vertrag gleich wie das InstA die Möglichkeit offen lässt, von Beihilferegeln abzuweichen. Woher schöpft der Bundesrat die Hoffnung, dass die EU der Schweiz zusätzliche Ausnahmen zugesteht?

Wirtschaftliche Bedeutung

Mit dem InstA sollen die bilateralen Verträge auf eine neue Grundlage gestellt werden, damit sie nicht erodieren. Wichtigstes Argument: Die Schweiz ist auf den Zugang zum EU-Binnenmarkt dringend angewiesen.

  • 21) Wie hoch sind die Kosten, wenn sich die Schweiz weigert, das InstA abzuschliessen?
  • 22) Könnte die Schweiz einen Rückgang des Aussenhandels mit der EU durch verstärkten Handel mit asiatischen und amerikanischen Ländern kompensieren?
  • 23) Welche Einbussen haben Deutschland, Frankreich und Italien, wenn das Rahmenabkommen nicht zustande kommt, zum Beispiel bei den Grenzgängern?

Und sonst noch?

  • 24) Können Vertragsentwurf und Anhänge noch präzisiert werden oder sind sie endgültig?
  • 25) Ist das InstA der erste Schritt zum EU-Beitritt?
  • 26) Schränkt das InstA die direkt-demokratischen Rechte der Schweizer Bevölkerung ein?
  • 27) Was passiert, wenn die Schweiz das Rahmenabkommen dereinst wieder kündigen will? Vor allem, wenn die EU nicht einverstanden ist damit?

(inlandredaktion | ch media)

Wir erklären dir das institutionelle Rahmenabkommen

Video: Lea Senn, Angelina Graf
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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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inmi
11.03.2019 10:53registriert Februar 2014
Gute Fragen. Die Antworten darauf werden mit grosser Wahrscheinlichkeit ausbleiben. Deshalb tendiere ich dazu, das Abkommen abzulehnen.

Klar könnte es wirtschaftlich schädlich sein, aber das Abkommen anzunehmen wird uns nicht nur wirtschaftlich stärker schaden, sondern auch gleich unsere Sozialsysteme zerstören.
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derEchteElch
11.03.2019 11:06registriert Juni 2017
Sehr gute Fragen.
Der BR wird diese nicht beantworten..
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demian
11.03.2019 11:04registriert November 2016
Freue mich auf den Artikel mit den zugehörigen Antworten.
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