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EU wollte drei Mal mehr Geld für Erasmus+ 

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Drei Abkommen ausgesetzt

EU wollte drei Mal mehr Geld für Erasmus+ 

Die Verhandlungen mit der EU über das Austauschprogramm Erasmus+ sind wegen der Abstimmung am 9. Februar gescheitert - nicht schon vorher. Das stellte Bundesrat Johann Schneider-Ammann heute klar. Die EU wollte höhere Beträge.
07.03.2014, 16:0107.03.2014, 19:59
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Der Bundesrat will, dass Schweizer Studierende weiterhin am Erasmus-Programm teilnehmen können. Er hat Übergangslösungen für das sistierte Austauschprogramm, das Forschungsabkommen «Horizon 2020» sowie das MEDIA-Filmförderungsprogramm mit der EU bestellt.

Vom Entscheid der EU-Kommission, die Schweizer Teilnahme an den drei Programmen zu sistieren, nahm der Bundesrat heute Kenntnis. Der Entscheid der EU-Kommission, die Schweiz nicht mehr als assoziiertes Mitglied der Programme, sondern als Drittstaat zu behandeln, war vergangene Woche bekannt geworden.

Studierende und Forscher unterstützen

Schweizer Studierende sollen weiterhin am bis 2020 laufenden Erasmus-Programm teilnehmen können. Das bedeutet, dass Personen und Projekten finanziell unterstützt werden, wie die Departemente für Inneres (EDI), für Auswärtiges (EDA) und für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) mitteilten. Das Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBFI) wurde vom Bundesrat beauftragt, eine Lösung zu erarbeiten.

Zudem soll das WBI für das sistierte Forschungsabkommen «Horizon 2020» eine Lösung suchen. Der Bundesrat will an Projekten beteiligte Forscher und Forscherinnen finanziell unterstützen, die wegen der auf Eis gelegten Verhandlungen über «Horizon 2020» mit der EU im laufenden Jahr in der Forschungszusammenarbeit behindert oder ausgeschlossen sind. Dabei kann es sich um Verbund- oder um Einzelprojekte handeln.

Zu den Kosten für die Übergangszeit könne er keine Zahlen nennen, sagte der Bildungsminister. Sie würden im Rahmen der für das Jahr 2014 vom Parlament bewilligten Kredite liegen.

Erasmus+ scheiterte an Abstimmung

Bildungsminister Johann Schneider-Ammann stellte klar, dass die Verhandlungen mit der EU über das Austauschprogramm Erasmus+ nicht schon vor der Abstimmung über die Masseneinwanderungs-Initiative gescheitert sei. Allerdings hatte die EU höhere Beträge gefordert.

Für die nächste Periode von Erasmus+ 2014-2020 haben die eidgenössischen Räte letzten Herbst 305 Millionen Franken bewilligt. 185 Millionen davon waren für das Programm selber vorgesehen, der Rest für die nationale Agentur oder Begleitmassnahmen. Auf dieser Basis hat die Schweiz mit der EU über die weitere Beteiligung am Programm verhandelt.

EU wollte dreimal mehr Geld

Schneider-Ammann bestätigte jedoch, dass die Schweiz im Laufe der Verhandlungen mit höheren Forderungen konfrontiert worden ist. Die Europäer hätten Vorstellungen genannt, die dreimal höher lagen als die vom Parlament freigegebenen Mittel, «in der Grössenordnung von 500 Millionen Franken».

Darüber habe er den Bundesrat informiert. In einem Telefongespräch habe er EU-Bildungskommissarin Androulla Vassiliou klargemacht, dass die Schweiz einen parlamentarischen Prozess hinter sich habe und keine Möglichkeit bestehe, die Beiträge zu erhöhen.

Genfer Mäzen unterstützt Erasmus-Programm der Uni Genf mit Spende 
Noch vor Bekanntwerden der bundesrätlichen Übergangslösungen für die Austausch- und Forschungsprogramme Erasmus+ und Horizon 2020 hat ein Genfer Geschäftsmann gehandelt: Abdallah Chatila bot der Universität Genf für die nächsten drei Jahre eine jährliche Unterstützung von 100'000 Franken an.

Das Geld solle Studierenden zukommen, die im Ausland studieren wollen, sagte er am Freitag der Nachrichtenagentur sda und bestätigte damit einen Artikel der Zeitung «Le Temps». Mit dieser Geste reagiert er auf den Entscheid der EU-Kommission, die Schweiz nicht mehr als assoziiertes Mitglied des Erasmus-Programms, sondern als Drittstaat zu behandeln.

Es sei wichtig, dass die Studenten und Studentinnen ihre Ziele verfolgen und Träume verwirklichen könnten, sagte der Geschäftsmann, der unter anderem mit Edelsteinen handelt. Er bedauerte, dass die Kosten einer politischen Entscheidung auf die Studierenden überwälzt würden.

Der Mäzen hofft, dass andere seinem Beispiel folgen werden und dadurch Bewegung in die Politik kommt.

Auch der SVP-Politiker Christoph Blocher hatte kürzlich in einem Radiobeitrag Studenten, die nicht wie geplant ihr Erasmus-Jahr antreten können, persönliche Hilfe in Aussicht gestellt. Der Genfer Geschäftsmann liess indes seinen Worten Taten folgen: Die Universität Genf habe das Angebot bereits angenommen, sagte Chatila. (sda)
Namensgeber: Erasmus von Rotterdam. Der Humanist verstarb 1536 in der Schweiz.
Namensgeber: Erasmus von Rotterdam. Der Humanist verstarb 1536 in der Schweiz.Bild: Keystone

Dass die Verhandlungen vor der Abstimmung gescheitert seien, treffe nicht zu, sagte Scheider-Ammann. «Das muss richtiggestellt werden.» Die Sistierung hänge mit der Abstimmung vom 9. Februar zusammen, beziehungsweise mit dem Kroatien-Dossier.

Kein voller Ersatz bei Filmförderung

Für die Filmförderung hat der Bundesrat einer Übergangslösung zugestimmt. Diese soll die wegfallenden 5 Millionen Franken aus dem MEDIA-Abkommen kompensieren. Umsetzen soll die Massnahme das EDI. Ziel ist es, dass laufende Projekte nicht abgebrochen werden müssen und die Schweiz wieder ins Programm einsteigen kann.

Vollen Ersatz bietet die Übergangslösung aber nicht: Der volle Zugang zum europäischen Filmmarkt und dessen Netzwerke werde durch diese Massnahmen nicht zu ersetzen sein, heisst es in der Mitteilung.

Nach dem Entscheid der EU-Kommission wird die Schweiz bei «Erasmus+» und bei «Horizon 2020» wie ein Drittstaat behandelt. Offen ist damit auch das Schicksal des EU-Forschungsprojekts «Human Brain Project» zur Erforschung des menschlichen Gehirns. Dieses wird von der ETH Lausanne geleitet; das Budget beträgt insgesamt 1,47 Mrd. Franken.

Protest von Studierenden, Forschern und Filmbranche

Die Suspendierung des Austausch und des Forschungsprogramms hatte unter Studierenden und Forschenden Proteste und Verunsicherung ausgelöst. Am Dienstag lancierten Studierende, Hochschulen und Forscher den «Appell für einen offenen europäischen Hochschulraum». Bis am Freitag unterschrieben über 17'600 Personen den Aufruf.

Die Filmbranche hatte ebenfalls am Dienstag vom Bund Geld als Ersatzmassnahme gefordert. Der Dachverband der Film- und Audiovisionsbranche, Cinésuisse, hatte sich per Brief an Bundesrat Alain Berset gewandt. Der Ausschluss bedeute für die Schweizer Branche einen unbezahlbaren direkten Schaden, hiess es im Brief. (tvr/sda)

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