Schweiz
Schule - Bildung

Lehrermangel: Schulen stellen unterqualifizierte Lehrer ein

Immer weniger Menschen wollen Lehrer werden. Jetzt wird der Lehrermangel prekär. 
Immer weniger Menschen wollen Lehrer werden. Jetzt wird der Lehrermangel prekär. Bild: KEYSTONE

Mangel dank Sparpolitik und schlechtem Ruf: Schulen müssen unterqualifizierte Lehrer einstellen

Zahlreiche Schulen in der Schweiz müssen auf unterqualifizierte Lehrpersonen zurückgreifen. Nur 17 Prozent der Schulleiter in der Deutschschweiz gaben in einer Umfrage an, alle offenen Stellen mit Personen besetzen zu können, die das Stellenprofil erfüllten.
12.06.2016, 12:5512.06.2016, 14:39
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Der Lehrermangel wird prekär: In der Deutschschweiz gaben nur 17 Prozent der Schulleiter an, alle offenen Stellen mit Personen besetzen zu können, die das Stellenprofil erfüllen. In der Westschweiz waren es gar nur 9 Prozent der Befragten.

Über die gemeinsame repräsentative Umfrage der Berufsverbände der Schulleitenden aus der Deutschschweiz VSLC und der Westschweiz und des Tessins CLACESO berichteten am Sonntag die «Sonntagszeitung» und «Le Matin Dimanche». Insgesamt wurden 1141 Schweizer Schulleiter befragt.

Laut rund einem Drittel der befragten Schulleiter in der Deutsch- und der Westschweiz genügten die letztjährigen Anstellungen den Qualitätsansprüchen der Schule nur teilweise.

Besonders schwierig für die Schulen ist es, Heilpädagogen zu finden. In der Deutschschweiz gaben 63 Prozent der Schulleiter an, Mühe bei der Stellenbesetzung zu haben. Laut 21 Prozent ist es gar hoffnungslos, die Stelle zu besetzen. Bei den Fachlehrpersonen an der Primarschule für die dritte bis sechste Klasse haben 47 Prozent Schwierigkeiten bei der Stellensuche, bei den Fachlehrpersonen an der Sekundarschule 42 Prozent.

Folgen der Sparpolitik an den Schulen

Laut den Verbänden dürfte sich der Lehrermangel noch verschärfen: Individuelle Aussagen der befragten Schulleitenden wiesen schweizweit auf wachsende Personalrekrutierungsprobleme zwischen den Kantonen hin, teilten VSLC und CLACESO mit.

Die Gründe seien Lohnunterschiede sowie Ungleichheiten zwischen finanzstarken und -schwachen Gemeinden. Zudem müssten Schulen vermehrt Abbaumassnahmen umsetzen. Klassenzusammenlegungen, das Streichen von Unterstützungsangeboten zur Integration und das Aufschieben von Renovationen seien für die Lehrpersonen und die Schulleitungen zunehmend belastend.

Die Abbaumassnahmen führten zu qualitativen Unterschieden im Unterstützungs- und Leistungsangebot zwischen den Schulen, heisst es weiter. Die Schulleiterverbände stufen die Chancengleichheit der Kinder in der ganzen Schweiz deshalb als gefährdet ein.

Wenig Anerkennung für Lehrer

Laut dem Westschweizer Lehrerverband ist auch die geringe Wertschätzung des Berufs ein Grund für die Schwierigkeiten der Lehrersuche.

Der Lehrerberuf sei nicht mehr so angesehen wie früher, sagte Georges Pasquier, Präsident des Westschweizer Lehrer-Dachverbandes syndicat des enseignants romands (SER), auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Um die Lehrer der Babyboom-Generation, die nun in Pension gingen, zu ersetzen, müsse man den Beruf wieder attraktiver machen.

Laut Pasquier müsste auch die Qualität der Bildung stärker hochgehalten werden. Die Lehrer-Ausbildung auf dem Primarschulniveau sei mit 3 Jahren zu kurz. (rar/sda)

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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pamayer
12.06.2016 13:33registriert Januar 2016
Wie wäre es, die etwas in die Jahre gekommenen löhne zu updaten, statt diese noch zu senken?
Von nichts kommt nichts.
Für Unternehmen werden Milliarden steuergeschenke gemacht.
Für Lehrpersonen? ?
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Kronrod
12.06.2016 13:49registriert März 2015
Wie bitte, Ausbildung erneut verlängern? Damit wird diese Berufswahl nicht attraktiver. Früher ging es dank Lehrerseminar nämlich relativ rasch, bis man in dem Beruf einsteigen und ordentlich Geld verdienen konnte, während die Jahrgangskollegen ein ohne nennenswerte Einkommen Studentendasein fristeten. Ich schicke meine Kinder lieber zu einem 23-jährigen Lehrer mit drei Jahren Berufserfahrung als zu einem 25-jährigen Akademiker ohne Erfahrung.
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Scaros_2
12.06.2016 15:11registriert Juni 2015
Ich hab mir schon oft überlegt ob ich nicht Lehrer werden möchte aber ich sehe mich einfach mit folgenden Problemen konfrontiert.

1. Lehrer sollen immer öfters Erziehen und stehen anstrengenden Schülern gegenüber die keinen Anstand besitzen
2. Lehrer sind immer öfters Schuld an der schlechten Leistung des Schüers der nicht erzogen wird.
3. Lehrer stehen oft nicht richtig. Die Eltern wissen alles besser, teils kommen korrigierte Prüfungen zurück
4. Lehrer stehen oft drohenden Anzeigen und Klagen gegenüber
5. Männliche Lehrer haben eine Gratwanderung im Thema Sex. MIssbrauch vor sich!
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