Die SBB wollen künftig Gratis-Internet in den Zügen anbieten. Letzte Woche hat SBB- Verwaltungsratspräsidentin Monika Ribar dies in einem Interview mit der NZZ angekündigt. Im zweiten Halbjahr 2018 soll es nähere Infos geben.
Neue Unterlagen zeigen nun, dass die SBB keine halben Sachen machen und ihren Kunden ziemlich schnelles Internet zur Verfügung stellen wollen. Eine Herausforderung wird dabei die technische Ausgestaltung sein. Denn ein klassisches WLAN wie etwa im Postauto wird es nicht geben.
Wer heute im Zug ein Video streamen will, muss Geduld haben, ein teures Abo besitzen oder Abstriche in der Qualität machen. Das soll künftig besser werden.
Unterlagen, welche der «Nordwestschweiz» vorliegen, zeigen die Pläne der SBB. «Das langfristige Ziel ist, für jeden Reisenden 20 Megabit pro Sekunde Downstream bei guter Verfügbarkeit zu erreichen», heisst es. Die Internetverbindung soll also genug schnell werden, um Videos in Zukunft störungsfrei zu downloaden.
Als Beispiel: Wer eine Datei, etwa ein normales Handybild, mit der Grösse von 1 Megabyte herunterladen will, muss bei einer Verbindungsgeschwindigkeit von 8 Megabit pro Sekunde eine Sekunde warten, bis das Bild geladen ist.
Bereits vor zwei Jahren hat Bundesrätin Doris Leuthard auf die Wichtigkeit von guter Internetverbindung im Zug hingewiesen. «Vom Service her ist es wichtig, im Zug WLAN zu haben. Dann steigt die Attraktivität der Bahnen weiter», sagte sie gegenüber dem Blick.
Die offizielle Haltung der SBB: «Wir setzen auf das Mobilfunknetz mit einem dichten Antennennetz und modernen Signalverstärkern im Zug. Die meisten Kunden haben ein Smartphone mit Flatrate», sagte SBB-Chef Andreas Meyer damals dem «Blick». Wer also keine Flatrate hat oder über Laptop oder Tablet ohne Mobilverbindung surfen will, bleibt aussen vor.
Entscheidend ist, wie das Internet künftig bei den Nutzern landen soll. Bis jetzt sorgen sogenannte Repeater an den Zügen für schnellere Mobilfunkverbindung. Die Repeater werden nun auch eingesetzt, um die angestrebte Downloadgeschwindigkeit fürs Gratis-Internet zu ermöglichen.
Das SBB-Internet wird nicht über WLAN übermittelt, wie letzte Woche in den Medien vermutet wurde. SBB-Sprecher Christian Ginsig bestätigt dies auf Anfrage. Weitere Details zur Ausgestaltung sollen im zweiten Semester 2018 folgen.
«Am wahrscheinlichsten ist, dass die SBB eine App anbieten, die den Internet-Zugang ermöglichen wird», sagt Ralf Beyeler, Telekommunikationsexperte des Vergleichsportals «Moneyland.ch». Im Hintergrund sage die App dem Mobilfunk-Anbieter, dass sich der Kunde im Zug befindet und deshalb das Datenvolumen nicht verrechnet werden soll.
Für Kunden wäre eine solche Lösung praktikabel. Auch wenn der Zugang eventuell mit dem Kauf oder der Nutzung der SBB-App verbunden würde. Neben Passagieren, welche keine Internetflatrate haben, profitieren auch solche mit günstigeren Mobile-Abos.
Bei solchen Abos wird teilweise nur eine bestimmte Datenmenge pro Monat schnell übertragen. Ist die Menge aufgebraucht, wird die Geschwindigkeit gedrosselt. Oder aber die Verbindungsrate ist ständig langsam. So wie bei einem günstigeren Flatrateangebot der Swisscom, wo die Downloadgeschwindigkeit auf 5 Megabit pro Sekunde beschränkt ist. Für solche Zugfahrer wären die SBB-Pläne ein echter Fortschritt.
Während sich die SBB schwertun, Gratis-Internet im Zug anzubieten, haben dies andere ÖV- Betriebe schon länger umgesetzt. Seit 2012 kann etwa in vielen Postautos auf WLAN zurückgegriffen werden, sagt Postauto-Mediensprecher Urs Bloch auf Anfrage. Die Download- Geschwindigkeit liege bei bis zu 7 Megabit pro Sekunde. In den kommenden Jahren sollen die Postautos zudem mit besseren Routern ausgestattet werden, damit schnelleres surfen möglich ist.