Am Freitag vermeldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 384,92 laborbestätigte Coronavirus-Infektionen pro 100'000 Einwohnende. Erstmals seit November ist der R-Wert unter 0,8. Doch Sorgen macht auch weiterhin das mutierte Virus B.1.1.7. Man habe aktuell Kenntnis von 674 Fällen, teilte das BAG am Freitag mit. Weil sich das mutierte Virus womöglich auch stärker unter Schülerinnen und Schüler verbreiten könnte, gerieten erneut die Schulen und die Frage nach einer landesweiten Schliessung in den Fokus. Darüber diskutierte auch SRF-«Arena»-Dompteur Sandro Brotz mit seinen Gästen.
Es herrschte Einigkeit unter den geladenen Politikerinnen und Politiker – eine wie man sie selten sieht im Studio 8. Primarschulen dürfen nicht geschlossen werden, zu gross seien die Konsequenzen für viele Schülerinnen und Schüler, hiess es unisono. Von SVP in Vertretung von Albert Rösti, über «Die Mitte» (Nationalrätin Ruth Humbel) bis hin zum linken Lager (Grüne Nationalrat Bastien Girod und SP-Nationalrätin Yvonne Feri) war man sich einig.
«Die tieferen Klassen müssen unbedingt Präsenzunterricht haben, solange das die Lage zulässt. Bei reinem Home-Schooling kann der Rückstand einiger Schülerinnen und Schüler kaum mehr aufgeholt werden und ist dann über Jahre spürbar», so Feri. Auch Nationalratskollege Rösti bläst ins gleiche Horn: «Es wäre unverhältnismässig, die Schulen zu schliessen. Für viele Familien wäre das eine riesige Belastung.»
Kaum Widerspruch gab es auch von der wissenschaftlichen Seite. Marcel Tanner, Epidemiologe und noch Mitglied der bundesrätlichen Covid-19 Taskforce, rät ebenfalls davon ab, die Schulen blind zu schliessen. Das Recht auf Bildung müsse hoch gewichtet werden, so Tanner und ergänzt: «Dieses Recht muss mit den wirklichen Risiken abgebglichen werden.»
Die einzige, die das etwas anders als die Studiogäste sieht, ist die Primarschülerin Angela aus Bern. Sie hätte ganz klar lieber Fernunterricht, so die 12-Jährige. «Meine Grosseltern wohnen im gleichen Haus und mir ist es nicht ganz wohl dabei, wenn ich zur Schule gehe. Schliesslich komme ich dort mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt und könnte das Virus dann nach Hause bringen», schlussfolgert sie.
Ganz froh, dass er (noch) nicht zuhause büffeln muss, ist hingegen der ebenfalls per Video zugeschaltete Gymischüler Tim aus Stans. Und er versteckt in seiner Antwort gleich noch eine indirekte Kritik an den politischen Entscheidungen des Bundesrates. «Es wäre schade, wenn wir aufgrund von zu spät getroffenen Massnahmen wieder ins Home-Schooling müssen. Das Lernen ist einfach nicht das Gleiche, wie im Klassenzimmer vor Ort.»
Kurz vor dem ersten Themenwechsel schlägt der Zürcher Schulleiter Walter Schelling eine Kompromisslösung vor: Es sei vermutlich nicht die beste Idee, nur in schwarz und weiss zu denken. «Vielleicht müssen wir auch versuchen, die Schulen auszudünnen und zusammen mit den Eltern besprechen – die das Lernverhalten ihrer Kinder ja am besten kennen – wem das Home-Schooling eher liegt und wer besser vor Ort im Klassenzimmer aufgehoben ist.»
Während der erste Themenblock des Abends eher zahm über die Bühne ging, gab die Diskussion rund um das Testen schon mehr zu reden. Beinahe geraten sich SP-Nationalrätin Feri und Kollege Rösti in die Haare. Letzterer forderte schon während der Diskussion über die Schulschliessungen Corona-Tests an den Grenzen. «Nur so können wir verhindern, dass Schulen geschlossen werden müssen», so der ehemalige SVP-Parteipräsident.
Sie sei jetzt schon etwas verwundert über den Themenspagat zwischen Schul- und Grenzschliessungen, so Feri spitzzüngig in Richtung Rösti. Es gehe ihm keineswegs um irgendwelche Parteipolitik, poltert dieser durch vier Plexiglasscheiben zurück. «Wir wollen nicht die Grenzen schliessen, sondern testen! Es geht jetzt darum, dass wir verhindern, dass weitere mutierte Viren in die Schweiz reinkommen.» Wie das denn gehen soll mit all den Grenzgängern und TGVs von Frankreich, will Feri von Rösti wissen. «Die Zöllner müssen in der Krise halt umdisponieren und etwas weniger Drogenstichproben machen und den Fokus auf negative Coronatests legen», schlägt Rösti vor.
Ob die Tests an den Grenzen nötig sind, dazu äussert sich Epidemiologe Tanner nicht. Doch dass das Testen im Kampf gegen die Corona-Pandemie unglaublich wichtig sei, könne er bestätigen. Es sei aber sinnvoller, gezielte Massentests zu machen, anstatt ganze Kantone oder gar Länder durchzutesten. «Die Ergebnisse dieser Massentests sind eine enorm wichtige Grundlage. Wir können nicht einfach weitere Massnahmen ergreifen oder lockern, ohne zu wissen, wo die Infektionsherde wirklich sind.»
Zuletzt wird auch noch die Impfthematik angesprochen. Ja, es sei bisher im Schneckentempo geimpft worden, aber mit der Zulassung des Impfstoffs von Moderna nahe Besserung, prophezeit Tanner. Und ja, dass sich ein südafrikanischer Milliardär ins Thurgau für die Impfung einfliegen liess, sei «völlig daneben», gibt Nationalrätin Humbel zu bedenken. Für viel mehr Statements zum Thema reicht es dann zeitlich aber auch nicht mehr. Moderator Brotz verspricht deshalb eine eigene Impf-«Arena».
Bis zu diesem Zeitpunkt gilt daher wohl nur: Weitermachen! (Mit dem Impfen und dem Durchhalten).
Manche Kinder lernen schneller und haben keine Probleme mit Fernunterricht. Besonders, wenn noch das Grosi zu Hause wohnt.
In anderen Familien arbeiten beide Eltern ausser Haus oder die Kinder sind schon so schulisch am Anschlag. In so einem Umfeld wäre Präsenzunterricht viel besser.
Daher ist die von W. Schelling vorgeschlagene Lösung, die Schulen auszudünnen, die beste Lösung.