Knapp 100'000 Angestellte: Diese Zahl macht die Migros zur grössten privaten Arbeitgeberin in der Schweiz. Dies betont Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen im Rahmen der Bilanzmedienkonferenz mit Stolz. Wichtig sei bei der Zusammenstellung des Personals auch das Thema Diversität. Diese nehme die Migros mit Verantwortung war, ist auf einer Power-Point-Seite von Zumbrunnens Präsentation zu lesen.
Angereichert wird die Seite mit zwölf Migros-Angestellten in unterschiedlichen Tenues, von der Kassiererin bis hin zum Logistiker. Die Geschlechter sind gleichmässig vertreten: Sechs Frauen und sechs Männer. Doch was auch auffällt: Von zwölf Personen sind elf weiss, und nur eine Person nicht: Der schwarze Koch.
Für Kulturwissenschafterin Patricia Purtschert von der Universität bezeichnet die Inszenierung als problematisch. «Denn diese Darstellung der Migros zum Thema Diversität ist augenfällig weiss. Die einzige erkennbare Person of Color in der Zwölfer-Gruppe ist ein schwarzer Koch, der damit im Niedriglohnsegment und nicht etwa auf Management-Ebene arbeitet», sagt die Professorin. Mit dem Begriff «Person of Color» werden Menschen bezeichnet, die oft Rassismus ausgesetzt sind. «Aber weder das Personal noch die Kundschaft der Migros dürfte derart weiss sein wie die Auswahl dieser Figuren, und auch in der Migros stellt sich die Frage nach dem Umgang mit strukturellem Rassismus.» Purtschert sagt, angesichts der aktuellen Gesellschaftsdebatte zum Thema Rassismus würde man sich von der grössten Arbeitgeberin der Schweiz eine deutlichere Positionierung in dieser Frage wünschen.
Löblich sei, so Purtschert, dass sechs von zwölf Personen auf dem Bild Frauen, in unterschiedlichen Positionen tätig und nicht bloss stereotyp und mit Modelmassen abgebildet seien. «Dafür ist es bedauerlich, dass die Migros beim Thema Diversität für dieses Bild nicht an Menschen mit Behinderung gedacht hat, zumindest solche mit sichtbaren Behinderungen, welche hier gar nicht zu sehen sind.»
Auch für Gina Vega, Leiterin der Fachstelle Diskriminierung und Rassismus bei der Organisation humanrights.ch, übt Kritik. «Ich frage mich, was die Migros für eine Auffassung von Diversität hat?» Dargestellt würden lediglich Frauen und Männern in verschiedenen Berufen. Menschen mit unterschiedlichen kulturellen, ethnischen, religiösen Hintergründen und Menschen mit Behinderung würden hingegen ausser Acht gelassen. Bei einem Unternehmen mit rund 100'000 Angestellten sei es schwer zu glauben, dass sich keine Person der genannten Gruppen in der Belegschaft befinde.
Dass die einzige «Person of Color» (kurz: PoC) ein Koch sei, überrascht Vega nicht. «Menschen mit Migrationshintergrund, Schwarze Menschen oder PoCs werden meistens in Berufen abgebildet, die den Stereotypen im Schweizer öffentlichen Bewusstsein entsprechen, zum Beispiel in die Gastronomie oder in niedrig-qualifizierten Berufen. «Solche Darstellungen zementieren gängige Stereotypen und verpassen die Chance, die existierende Vielfalt der Schweizer Bevölkerung, so divers abzubilden wie sie es ist», sagt Vega. Für sie stellt sich die Frage, ob Diversität und Inklusion in der Unternehmenskultur der Migros wirklich gelebt werde - «oder ob sie ein Lippenbekenntnis bleibt.»
Fakt ist, dass die Migros bei der Geschlechterfrage Nachholbedarf hat. Im Verwaltungsrat, der von Ursula Nold präsidiert wird, beträgt der aktuelle Frauenanteil gerade mal rund 20 Prozent. Und auf Stufe Geschäftsführung, angeführt von Fabrice Zumbrunnen, sind es sogar bloss 14 Prozent.
Auf diesen Mangel von CH Media angesprochen, sagte Zumbrunnen an der Pressekonferenz, dass man beim Thema Gleichstellung viele Fortschritte gemacht habe. Zentrale Positionen wie die Chefposten von Migros Online und Hotelplan habe man mit Frauen besetzt. Und in den Geschäftsleitungen von Migros-Firmen gäbe es immer mehr kompetente Frauen. Aber Zumbrunnen räumte ein: «Der Weg ist noch lang.» Ein konkretes Ziel für die Geschäftstleitung und den Verwaltungsrat nannte er nicht.
Zur Kritik an der Power-Point-Präsentation nimmt eine Sprecherin nicht direkt Stellung. Sie sagt, die Bilder der verschiedenen Angestellten stammten von einem aktuellen Fotoshooting für das hauseigene Magazin. Die Migros beschäftige Mitarbeitende aus 169 Nationen aller Altersstufen und man wolle die Diversität ab Kaderstufe weiter vergrössern. Derzeit liegt der Frauenanteil dort bei 30 Prozent. Als erste Detailhändlerin der Schweiz habe die Migros die so genannte Advance Diversity Charta für Geschlechtergleichstellung und Chancengleichheit unterzeichnet und sich so zu einer fairen, ausgewogenen Rekrutierung, Entwicklung und Bindung von Mitarbeitenden verpflichtet. Zudem fördere man die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen ins Arbeitsleben. 930 Migros-Angestellte beziehen eine IV-Rente.
2018 hat die Migros eine Stelle geschaffen mit dem Namen «Diversity & Inclusion» (zu Deutsch: Diversität und Inklusion). Es ist der international anerkannte Begriff für die Förderung von Gleichberechtigung und Integration aller Personen, unabhängig ihrer Hautfarbe, Ethnie, Religion, Behinderung, sexuellen Orientierung, ihres Alters, Geschlechts oder ihrer Geschlechteridentität.
Wie die Migros damals gegenüber dieser Zeitung sagte, ist die Stelle dafür gedacht, die neue Massnahmen zu kreieren, «um eine Unternehmenskultur zu fördern, in der sich unsere Mitarbeitenden in ihrer Vielfalt wertgeschätzt fühlen.» (aargauerzeitung.ch)
Hier wird wieder aus einer Mücke ein Elefant gemacht, nur damit irgendwelche Experten ihren Posten rechtfertigen können.
Warum bekommen Leute wie Gina Vega eine Plattform?
Könnten die Kritiker nicht einfach ein Plakat präsentieren, welches in ihren Augen korrekt wäre?
Wären da sämtliche Gesundheits- und Herkunftsdaten aufgeführt?
Unter den gezeigten Menschen könnten auch welche sein, die z.B. 50% IV beziehen und ist es dann nicht diskriminierend diese nicht als "normal" anzusehen?
Eben.