«Hoch und heilig» habe die Schweizerische Post versprochen, dass es nicht mehr zu Engpässen wie im Frühling kommen wird, sagt der Manager eines Schweizer Versandhändlers. Am 12. Oktober hat er an einem runden Tisch teilgenommen, den die Post mit den grössten Versandhändlern abgehalten hat. Das Ziel: eine Situation wie im Frühling zu verhindern.
Anfang April dieses Jahres stand die Logistik der Post kurz vor dem Kollaps. Während des Lockdowns hat die Paketmenge fast explosionsartig zugenommen. Die Schweizerinnen und Schweizer bestellten wie wild online: Rekordhohe 17 Millionen Pakete hat die Post in diesem Spitzenmonat in die Haushalte spediert - ein Plus von 40 Prozent gegenüber Vorjahr.
Die Post musste deshalb für kurze Zeit mit dem Segen von Uvek-Vorsteherin Simonetta Sommaruga Kontingente für die grössten Versandhändler einführen. Die Verärgerung in der Branche war gross. Und die Sorge ist nun gross, dass es mit den erneuten Einschränkungen während der zweiten Welle und den gleichzeitig starken Monaten gegen Ende Jahr mit Black Friday und Weihnachten zu einer Wiederholung dieses Szenarios kommen könnte.
Mit gutem Grund: Bei den Onlinehändlern zieht das Geschäft bereits wieder an – notabene auf hohem Niveau. Digitec Galaxus beispielsweise sei von der zweiten Welle bereits «voll erfasst» worden, sagt Sprecher Alex Hämmerli. Die Nachfrage habe noch einmal angezogen. Hämmerli:
Bleibt der Andrang in den kommenden Wochen in dieser Grössenordnung, könnten die Kunden jedoch mit einer pünktlichen Lieferung rechnen.
Auch beim Versandhaus Lehner liegen die Umsätze dieses Jahr mit einem Plus von 30 Prozent deutlich über Vorjahr. Der Bettwäsche-Marktführer hat jedoch auf die Engpässe reagiert und lässt gemäss Firmenchef Thomas Meier mittlerweile einen grossen Teil der Pakete mit anderen Dienstleistern liefern. «Wir geben einen Grossteil an Quickpac und lassen sämtliches Sperrgut über DPD und andere Spediteure laufen», sagt er.
«Die Kapazitäten der Post dürften an ihre Grenzen kommen, auch wenn diese zuletzt erweitert wurden», sagt Patrick Kessler vom Handelsverband. Er warnt:
Die Post sei jedoch bereit für die nächsten Monate, betont Sprecher Erich Goetschi. In der Zwischenzeit haben die Paketmengen wieder etwas abgenommen; sie liegen aber im Schnitt nach wie vor 20 Prozent höher als 2019. «15 Prozent davon schreiben wir Corona zu», sagt Goetschi.
Zudem stelle die Post seit Anfang Oktober einen erneuten Anstieg bei den Paketmengen fest. Derzeit liegt die Paketmenge rund 24 Prozent über Vorjahr. Dieser Trend dürfte anhalten, sorgen doch die letzte Novemberwoche mit dem Black Friday sowie die Wochen vor Weihnachten für überdurchschnittlich hohe Paketmengen.
«Wir haben im letzten Jahr während der Cyber Week an Spitzentagen täglich bis zu 800'000 Pakete pro Tag ausgeliefert – statt wie üblich 500'000», sagt Goetschi. Die Post geht davon aus, dass in diesem Jahr das Paketvolumen noch deutlich höher ausfallen dürfte.
Dennoch sei man nun besser vorbereitet als im April. Eine erneute Kontingentierung für die grössten Onlinehändler sei derzeit kein Thema. Vielmehr bereite sich die Post so gut wie möglich vor. Dabei kommt ihr zugute, dass sie seit Jahren viel in die Infrastruktur investiert hat. So wurden für 60 Millionen Franken die bestehenden grossen Paketzentren in Daillens (VD), Härkingen (SO) und Frauenfeld (TG) ausgebaut.
Hinzu kommt die Investition von über 190 Millionen Franken in neue regionale Sortierzentren: Ostermundigen (war früher ein Briefzentrum), Cadenazzo, Vétroz und Untervaz. Drei davon sind bereits im Betrieb, Untervaz nimmt den Betrieb am 6. November auf. «Jedes regionale Zentrum kann 40'000 Pakete im Tag verarbeiten. Wir verfügen so über eine zusätzliche Kapazität für 160'000 Pakete täglich», erklärt Goetschi.
Um das hohe Volumen abzufedern, stockt die Post zudem die Personalressourcen in den Paketzentren und in der Zustellung um bis zu 30 Prozent auf. Bis Weihnachten werden pro Tag bis zu 400 zusätzliche Botentouren gefahren. Dafür mietet die Post rund 300 Lieferwagen dazu.
Die Mitarbeitenden der Post arbeiten in Sonderschichten an sechs Tagen die Woche. «Die Sortieranlagen stoppen nur für wenige Stunden in der Nacht zur Wartung. In den grossen Paketsortierzentren sortieren wir gut 20 bis 22 Stunden ununterbrochen Pakete», zählt Goetschi auf. Ebenfalls für die Bewältigung der Paketflut eingesetzt werden zudem die Mitarbeitenden der Briefzentren.
Aktuell sei die Lage stabil. Signifikante Verspätungen gebe es derzeit nicht. «Wir setzen alles daran, dass dies so bleibt», sagt Goetschi. Um Enttäuschungen zu verhindern' rät er gleichwohl, Weihnachtsgeschenke rechtzeitig zu bestellen und Weihnachtspäckli nicht auf den letzten Drücker aufzugeben. (aargauerzeitung.ch)