Die Ostschweizer Grossstadt St. Gallen hat ihre erste weibliche Stadtpräsidentin. Die Stadtkanzlei hat kurz nach 15 Uhr die Sozialdemokratin Maria Pappa als Siegerin der Stapi-Wahl bekannt gegeben. Sie konnte sich mit 11'784 Stimmen gegen den FDP-Mann Mathias Gabathuler durchsetzen, der lediglich 9152 Stimmen holen konnte.
Die Wahl ist historisch und dürfte die Bürgerlichen fest schmerzen. St.Gallen, die ehemalige Textil-Hochburg in der Ostschweiz, war seit 2004 in bürgerlicher Hand. Der amtierende Freisinnige Thomas Scheitlin ist dort seit bald 14 Jahren Stadtpräsident und stellt neben Winterthur (CVP) und Lugano (Lega) eine bürgerliche Ausnahme dar.
Der heutige zweite Wahlgang wurde zur Zitterpartie für den Freisinn. Denn Gabathuler – obwohl gut vernetzt – wurde sogar von der liberalen «NZZ» als «Verlegenheitslösung» bezeichnet. Einen grossen politischen Leistungsausweis konnte er im Gegensatz zu seiner Kontrahentin Pappa nicht präsentieren. Letztere schaffte vor vier Jahren überraschend die Wahl in die Stadtregierung.
Pappa und Gabathuler lieferten sich untereinander zwar einen gesitteten Wahlkampf, der FDP-Kandidat stolperte aber einige Male über sich selbst. Die «NZZ» druckte am Freitag vor dem Urnengang eine Chronologie von Gabathulers «Wahlkampfpannen». So musste er sich über ein nicht genehmigtes Wahlplakat mit zwei Lokalkünstlern drauf erklären. Unglücklich war auch, dass für eine Wahlempfehlung für den FDP-Mann die Adressen von ehemaligen Kantonsschülerinnen und -schülern verwendet wurde, die zuvor an Gabathulers Kantonsschule waren. Die kritischen Enthüllungen lieferte jeweils das Ostschweizer Magazin «Saiten».
Die Nerven drüben in St.Gallen und insbesondere beim Freisinn lagen blank. Das schrieb auch das «St. Galler Tagblatt», als es über Gabathulers jüngsten Fehltritt berichtete. Der FDP-Kandidat ärgerte sich in einem Facebook-Post über die Wahlempfehlung einer Professorin der Fachhochschule Ost, in der sie sich für die Sozialdemokratin Pappa aussprach.
Gabathuler warf ihr «Missbrauch» vor: Ihre Wahlempfehlung sei «höchst problematisch», weil die Fachhochschule der (seiner) Kantonsschule am Brühl mit Nachwuchs beliefert werde. Es brach ein Shitstorm aus, in dem auch mit «Daddy chill»- und «Ok Boomer»-Memes herumgeworfen wurde. Gabathuler sah seinen Fehler ein und entschuldigte sich.
St.Gallen war in den vergangenen 100 Jahren – bis auf einen längeren Unterbruch – in bürgerlicher bzw. FDP-Hand. SP-Doyen Heinz Christen gilt als grosse historische Ausnahme, er regierte die Stadt von 1981 bis 2004 und war dafür verantwortlich, dass das Bundesverwaltungsgericht in die Ostschweizer Grossstadt zog.
Großstädte sind nach einer Begriffsbestimmung der Internationalen Statistikkonferenz von 1887 alle Städte mit mindestens 100.000 Einwohnern.
Wikipedia #2:
Die Stadt St. Gallen ist eine politische Gemeinde und der namensgebende Hauptort des Ostschweizer Kantons St. Gallen. St. Gallen zählt rund 80'000 Einwohner und ist mit rund 700 m ü. M. eine der höher gelegenen Städte der Schweiz.