Liebe Veganerinnen, liebe Veganer
Vor längerem schon ist mir folgender Witz untergekommen: «Woran erkennt man einen Veganer? – Er sagt es dir.»
Ich musste sehr lachen und wäre ich ein Veganer, wäre ich vermutlich ein wenig sauer geworden. Beides untrügliche Zeichen dafür, dass in diesem Bonmot mehr als nur ein Körnchen Wahrheit steckt.
Radikal auf die Spitze getrieben hat dieses vegane Sendungsbewusstsein nun eine junge Medizinstudentin in einem Bündner Restaurant. Sie bestand, in einer an Wurstigkeit vermutlich eher unvegan anmutenden Diskussion, darauf, dass der Wirt ihr ein Piccata-Menu vegan zubereiten lässt.
Das lehnte dieser ab, mit Hinweis auf den unverhältnismässigen Aufwand und drei andere vegane Menus auf der Karte. Das bescherte ihm wiederum eine 1-Sterne-Rezension auf Google und dem Internet einen reichweitenstarken, gehässigen und unkonstruktiven Schlagabtausch zwischen Veganern und Karnivoren.
Ähnlich verhielt es sich schon viele Male zuvor, zuletzt vor rund einem Monat, als sich das ganze Land in die Schützengräben beidseits der personifizierten Demarkationslinie Tamy Glauser stürzte und darüber stritt, ob jemand, der Veganerblut für krebsheilend halte, das Land eher gen Himmel oder auf direktem Weg in die Hölle führte. Hätte sie gesagt, sie fahre jetzt einen Hummer, es hätte weniger Aufruhr gegeben.
Eine simple Diät-Idee ist mittlerweile also ein gesellschaftlicher Spaltpilz, der zur simplen Verortung Einzelner in die Lager Gut und Böse (je nach Perspektive auch umgekehrt) dient. Man ist, was man isst und so ist die vegane Lebensweise für viele Leute folgerichtig auch Identitäts-Eckpfeiler und damit auch Indikator politischer Einstellung. Der Veganismus ist so zum kulinarischen Code sozialer und politischer Zugehörigkeit geworden.
In unserer zunehmend von Rechtspopulistensprech polarisierten Überfluss-Gesellschaft, in der die politische Debatte vom Wettbewerb der Ideen hin zu einer unappetitlichen Ressourcenverteil-Schlacht identitätspolitisch definierter Splittergruppen verkommen ist, ist es deshalb nur logisch, dass die Veganer – wie die Bauern, die Frauen, die Migranten, die LGBTQ, die alten weissen Männer und andere mehr – als eine weitere Anspruchsgruppe wahrgenommen werden. Und die könnte einem schliesslich auch noch etwas wegnehmen.
Natürlich ist das Quatsch, aber in der entsprechenden politischen Grosswetterlage ist die Reaktion dann eben heftig, wenn man solche diffusen Ängste in absurden Menu-Forderungen oder mit übergriffig-missionarischer Kommunikation in die Realität hineinkristallisieren lässt.
Deshalb hier zwei Vorschläge:
1. Behandelt Nichtveganer oder Gastgeber aller Art mit dem selben Respekt, mit dem ihr euch auch behandelt sehen möchtet.
2. Sagt, dass ihr vegan lebt und was eure Beweggründe sind, aber sprecht erst weiter, wenn das Gegenüber Interesse am Thema signalisiert.
Dann wird es künftig auch weniger Kalamitäten geben, wenn ihr sagt: «Ich bin ein*e Veganer*in.»
Lieber Gruss
Maurice Thiriet
Schlussendlich soll doch jeder essen was er will und das auch vertreten. Dieses ganze Verurteilen von beiden Seiten ist einfach nur unnötig und bringt niemandem was.
Es gab immer Diskussionen, ja - aber die sind auch durch Gegenfragen angerissen worden. Klassiker wie: Aber Mangelernährung. Wie toll findest du mich denn jetzt, da ich Fleisch esse. Was machst du mit (meist noch hypothetischen) Kindern?
Und dann habe ich die Leute in Absenz der/des Veganers/Veganerin darüber reden hören, dass er/sie ein Riesentamtam drum macht.
Wieso ich nie ein Problem mit Vegetariern/Veganern hab? Ich leg mich nicht mit Ihnen an.