Schweiz
Nationalrat

Bündnerfleisch-Rede: Lösung im Zollstreit präsentiert

ARCHIVE --- ALT-BUNDESRAT HANS-RUDOLF MERZ FEIERT AM 10. NOVEMBER 2017 SEINEN 75. GEBURTSTAG. ZU DIESEM ANLASS STELLEN WIR IHNEN DIESES BILD ZUR VERFUEGUNG --- Bundesrat Hans-Rudolf Merz lacht bei der ...
Was mit einem Lachanfall von Bundesrat Hans-Rudolf Merz begann, endet nach mehrjähriger Verhandlung mit einer Zollstreiteinigung.Bild: KEYSTONE

Erinnert ihr euch an das Bü, Bü, Bündnerfleisch? 10-jähriger Streit wurde nun beigelegt

Der Zollstreit rund um gewürztes Trockenfleisch ist bald beendet: Der Bund vermeldet zehn Jahre nach der legendären Bündnerfleisch-Rede eine Lösung.
26.08.2020, 12:0826.08.2020, 16:06
Mehr «Schweiz»

Die Fragestunde im Schweizer Parlament ist normalerweise kein Hingucker. Volks- und Lobbyvertreter stellen politische oder hochtechnische Fragen an den Bundesrat, dieser wiederum liefert die Antworten mündlich oder schriftlich. Politikerinnen nutzen diese Möglichkeit oft, um Informationen zu einer bestimmten Sachlage einzuholen oder um ein Thema aufs politische Tapet zu bringen.

Vor ziemlich genau zehn Jahren sorgte ein Auftritt vom damaligen Bundesrat Hans-Rudolf Merz für internationales Aufsehen. SVP-Nationalrat Jean-Pierre Grin wollte wissen, wie und ob verhindert wird, dass zu viel ausländisches, «gepfeffertes Fleisch» in die Schweiz importiert werde. Die einheimischen Produzenten würden einen Preisdruck in «inakzeptablem Ausmass» erleben.

Legendäre Bündnerfleisch-Rede von Hans-Rudolf Merz

Merz' Beamte recherchierten und lieferten die gewollten Informationen. Sie vorformulierten ihm die Antworten jedoch in einem solch unverständlichen Juristendeutsch, dass der Bundesrat unfreiwillig die Rede mit viel (Heiterkeit), (Grosse Heiterkeit) und (Beifall) – gemäss Wortprotokoll – ablesen musste.

Video: extern / rest/pd

Die Rede von Merz ging um die Welt. Die Bündner Fleischproduzenten nutzten seinen Auftritt für eine PR-Aktion vor dem Bundeshaus und beschenkten den damaligen Finanzminister mit Bündnerfleisch.

«Herr Nationalrat, ich bitte Sie um Verzeihung, wenn ich bisweilen einfach nicht verstanden habe, was ich Ihnen vorgelesen habe.»

Dossier abgeschlossen, nun darf Parlament entscheiden

Die Beamten von Merz blieben aber nicht tatenlos. Zwar wechselte die Angelegenheit zwischenzeitlich ins Departement vom heutigen Wirtschaftsminister Guy Parmelin – über zehn Jahre nach der legendären Bündnerfleisch-Rede liegt nun aber eine Lösung auf dem Tisch für den Zollstreit rund um gewürztes Trockenfleisch.

Ziel war es, Tricksereien ausländischer Fleischproduzenten beim Zolltarif zu verhindern. Auf Druck des Parlaments musste der Bundesrat handeln, höhere Zolltarife für Würzfleische standen aber im Konflikt mit den internationalen Wettbewerbsrichtlinien der Welthandelsorganisation (WTO). Das wussten ausländische Staaten, sie verpfiffen die Schweiz und zwangen sie an den Verhandlungstisch.

Zollkontingente für «gewürztes Rindfleisch» wird versteigert

Die Schweiz diskutierte daraufhin im sogenannten «Dekonsolidierungsverfahren», welche Kompensationen es mit den Ländern geben soll. So wollte man verhindern, dass die Länder wiederum Zölle auf Schweizer Exporte erheben.

Die Einigung liegt nun auf dem Tisch – und ja, sie betrifft auch das Dossier Bündnerfleisch, auch wenn das zuständige Bundesamt für Landwirtschaft auf Anfrage von watson lediglich von «Trockenfleisch» sprechen will. Die Einigung sieht wie folgt aus: Die Schweiz verpflichtet sich, das Zollkontingent für rotes Fleisch um 1200 Tonnen zu erhöhen.

Davon bleiben 600 Tonnen reserviert für den Import von gesalzenem, gewürztem Rindfleisch, das bereits zur Herstellung von Trockenfleisch zugeschnitten ist und zu keinem anderen Zweck verwendet werden kann. Das neue Teilzollkontingent für gewürztes Rindfleisch soll ab 2021 monatlich in Tranchen versteigert werden. Über die definitive Einführung dieser Lösung entscheidet das Parlament.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
13 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Frankygoes
26.08.2020 12:26registriert März 2019
Das ging ja schnell...

Das Bübübü ist ja kaum 10 Jahre her.
1423
Melden
Zum Kommentar
avatar
Jamaisgamay
26.08.2020 13:13registriert April 2016
Zwei Artikel zum gleichen Thema. Mach' ich meinen Kommentar halt auch hier rein:
Problem gelöst? Ausländisches Fleisch, nur weil es an Bündner Luft getrocknet wird, mit einer IGP auszuzeichnen, ist ja wohl absurd. Die Schweiz hat ein Problem mit Herkunftsbezeichnungen.
1273
Melden
Zum Kommentar
avatar
raues Endoplasmatisches Retikulum
26.08.2020 12:23registriert Juli 2017
Spannend auch, wo bleibt der Aufschrei der SVP?
Wegen Souveränitätsverlust und so...
Oder nimmt man das einfach so hin, dass die Schweiz mit fremden Mächten, am Schluss noch mit der EU, verhandeln muss, wie viel Fleisch sie importiert und ob sie Zölle erheben darf?
Sollen etwa fremde Handelsministerien unsere Zölle festlegen?
Das schreit geradezu nach dem Austritt aus der WTO

*Gewürzt mit Sarkasmus*
9944
Melden
Zum Kommentar
13
Mit diesen 8 Tipps werden Ostern für dich bestimmt nicht langweilig
Das verlängerte Osterwochenende steht vor der Tür. Damit dir während den freien Tagen nicht langweilig wird, haben wir hier acht sehr empfehlenswerte Ausflüge rund um die Ostertage zusammengestellt. Und ja: Es hat auch Schlechtwetter-Varianten.

Eine 20-Rappen-Münze so auf ein gekochtes Ei werfen, dass diese stecken bleibt? Ja, das geht. Wer's nicht glaubt, kann am Ostermontag unter den Bögen am Limmatquai oder auf dem Rüdenplatz diesen Zürcher Brauch bewundern oder selbst mitmachen.

Zur Story