Der Migros droht eine Schlammschlacht. Am Dienstag machte die Westschweizer Pendlerzeitung «20 Minutes» den Fall von Damien Piller publik. Der 61-jährige Fribourger ist seit 23 Jahren Präsident der Migros-Genossenschaft Neuchâtel-Fribourg – und nun im Fokus eines Wirtschaftskrimis. Denn die Zentrale, der Migros-Genossenschaftsbund in Zürich, hat diese Woche Strafanzeige gegen Piller eingereicht wegen Verdacht auf ungetreue Geschäftsbesorgung.
Der Verwaltungsrat der Migros-Zentrale ist nach einer internen Kontrolle durch die Anwaltskanzlei Baker McKenzie zum Schluss gekommen, dass der Fribourger Jurist und Unternehmer im Zusammenhang mit zwei Bauprojekten rund 1.7 Millionen Franken in die eigene Tasche abgezweigt haben soll.
Dessen regionale Genossenschaft soll laut «20 Minutes» 2014 und 2015 zwei Zahlungen von je 864'000 Franken an zwei Immobilienfirmen getätigt haben, total also 1.7 Millionen. Die eine gehörte demnach Damien Piller bereits, die zweite übernahm er kurze Zeit später. Die beiden Firmen hatten in Belfaux FR und La Roche FR Überbauungen realisiert, in denen jeweils ein Migros-Supermarkt eingemietet ist. Piller vertrat laut der Zeitung nicht nur die Migros, sondern fungierte auch als Rechtsberater für die involvierten Immobilienfirmen.
Die vom Migros-Hauptsitz vor mehreren Monaten beauftragte Anwaltskanzlei Baker McKenzie kam bei ihren Untersuchungen zum Schluss, dass es für die Zahlungen keinen plausiblen Grund gegeben hat. Es mache den Anschein, dass das Geld Piller zugeflossen sei. Die Rede ist von einem eklatanten Interessenkonflikt. Zudem habe sich Piller obstruktiv gezeigt und eine Aufarbeitung des Falles torpediert.
Für Piller, der die Vorwürfe in aller Form von sich weist, gilt die Unschuldsvermutung. In einer Mitteilung an die Medien kündigte er am Dienstagabend rechtliche Schritte gegen die Migros an, mit einer Klage wegen Verleumdung und Irreführung der Rechtspflege. Zudem hat er der Migros auf juristischem Weg einen Maulkorb verpasst, was ein Migros-Sprecher auf Anfrage bestätigt.
Gegenüber dieser Zeitung holt Piller nun zum Rundumschlag aus. Er wittert einen Komplott gegen ihn. Auf die Frage, weshalb es bei diesem Streit so weit gekommen sei, sagt der Regio-Präsident: «Dieser Fall ist ein Machtkampf. Die Migros-Zentrale akzeptiert die Niederlage nicht, die sie im Rahmen der Präsidiumswahl erlitten hat, als sie Jeannine Pilloud vorgeschlagen hatte, aber Ursula Nold gewählt wurde.» Die Oberen der Migros-Zentrale hatten sich im Frühling für die ehemalige SBB-Managerin Pilloud als neue Präsidentin ausgesprochen – und somit gegen das Migros-Eigengewächs Nold, die seit langem die Migros-Delegiertenversammlung präsidiert hatte. «Die Migros-Zentrale wollte, dass Frau Nold ihre Kandidatur zurückzieht. Ich habe aber im Namen von Frau Nold interveniert, weil ich überzeugt war und noch immer bin, dass sie die beste Kandidatin war. Das gefiel der Migros-Verwaltung aber nicht.»
Am 24. Juni habe er bereits eine Strafanzeige wegen Ehrverletzung eingereicht, sagt Piller. Er sagt, er bedaure, dass es so weit gekommen sei. Die von der Migros eingesetzte Kanzlei Baker McKenzie habe mehrere Regeln missachtet. Der Autor des juristischen Untersuchungsberichts sei nicht unabhängig, da er häufig Mandate von der Zentrale erhalte, er beherrsche Französisch nicht und hantiere mit Unwahrheiten.
«Ich habe immer wieder gefordert, dass eine neutrale und objektive Compliance-Analyse von einem unabhängigen Experten durchgeführt wird, der noch nie vertragliche Beziehungen zur Migros und den an den Bauprojekten beteiligten Personen hatte.» Eine solche Überprüfung werde derzeit durchgeführt, sagt Piller. Er rechnet mit Ergebnissen in zwei Monaten. Damit folge man einem Vorschlag der Gottlieb-Duttweiler-Stiftung, welche Piller als Rat der Migros-Weisen bezeichnet. Sie habe im Rahmen einer Mediation gegen den Willen der Migros-Zentrale ebenfalls eine neue Untersuchung empfohlen.
Piller gilt als Vertrauensperson und Förderer des heutigen Migros-Chefs Fabrice Zumbrunnen, der einst die Genossenschaft Neuchâtel-Fribourg leitete. Hat er mit ihm direkt gesprochen, um den Konflikt zu lösen? Nein, sagt Piller. Er halte sich an die sogenannten Compliance-Regeln, welche dies verbieten würden. Diese respektiere er genauso wie Zumbrunnen. (aargauerzeitung.ch)