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Sozialhilfe und Sonderjagd: Die kantonalen Abstimmungen im Überblick

Kantonale Abstimmungen: In Bern bleibt alles beim Alten, Basel baut kein Ozeanium

19.05.2019, 12:1919.05.2019, 17:30
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  • Zusätzlich zu den zwei nationalen Vorlagen wurde in 14 Kantonen über 31 kantonale Vorlagen entschieden. Im Kanton Genf gelangten gar neun kantonale, teils verknüpfte Vorlagen zur Abstimmung.
  • Die wichtigsten davon sind: die Abstimmung über die Sozialhilfe in Bern, die Sonderjagdinitiative in GR, die Topverdienersteuerinitiative sowie die Abstimmung über das Ozeanium in Basel, eine Initiative für weniger Bildungsabbau in Baselland und die Transparenzinitiative im Thurgau.
  • In den Städten und Gemeinden gelangten ebenfalls mehrere kommunale Vorlagen an die Urne. So zum Beispiel in Chur, hier wurde über eine neue Seilbahn nach Brambrüesch abgestimmt. In Affoltern am Albis (ZH) befanden die Stimmbürger über die Zukunft eines Spitals.

Bernerinnen und Berner lehnen Kürzung der Sozialhilfe ab

Im Kanton Bern wird die Sozialhilfe nicht gekürzt. Das Stimmvolk lehnte am Sonntag eine Gesetzesänderung mit 52,6 Prozent ab. Die Revision hätte ermöglicht, den Grundbedarf unter die Skos-Richtlinien zu senken.

Damit hält sich der Kanton Bern weiterhin an die nationalen Standards der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos). Die umstrittene Berner Kürzungsvorlage wurde mit 158'378 Nein gegen 142'757 Ja überraschend verworfen. Die Stimmbeteiligung lag bei 42,3 Prozent.

Die Städte Bern und Biel haben bei der Sozialhilfe die Wende gebracht.
Die Städte Bern und Biel haben bei der Sozialhilfe die Wende gebracht.Bild: Kanton Bern
Der Ausbau der Sozialhilfe wurde von fast allen Gemeinden abgelehnt.
Der Ausbau der Sozialhilfe wurde von fast allen Gemeinden abgelehnt.Bild: Kanton Bern

Mit 56 Prozent Nein lehnten die Bernerinnen und Berner aber auch von einem weitergehenden Volksvorschlag aus linksgrünen und kirchlichen Kreisen sowie Berufsverbänden. Diese wollten nicht nur die Skos-Richtlinien beibehalten, sondern neu Ergänzungsleistungen für über 55-jährige Ausgesteuerte einführen. Mehr dazu findest du hier.

Zoo Basel erleidet mit Ozeanium-Projekt Schiffbruch:

Mit seinem Ozeanium-Projekt hat der Zoo Basel Schiffbruch erlitten. Das Grossaquarium wurde deutlich versenkt. Realisiert werden kann dagegen der Neubau für das Naturhistorische Museum und das Staatsarchiv.

HANDOUT - Computervisualisierung des Ozeanium Projektes des Zoo Basel. Der Zoo Basel moechet ab 2019 mit den Bauarbeiten fuer den 100 Millionen teuren Bau beginnen, wie das Unternehmen am 26. Mai 2014 ...
So hätte das Ozeanium aussehen sollen.Bild: ZOO BASEL

Die Vorlage für das Ozeanium des Basler Zollis scheiterte mit 54,56 Prozent Nein-Stimmen. In absoluten Zahlen standen 25'888 Ja 31'084 Nein gegenüber. Die Stimmbeteiligung betrug hohe 55,49 Prozent.

60,33 Prozent Ja-Stimmen gab es dagegen für den Neubau für das Naturhistorische Museum und das Staatsarchiv. Der dafür notwendige Kredit von 214 Millionen Franken wurde mit 34'064 gegen 22'396 Stimmen bewilligt.

Beide Grossprojekte waren umstritten: Gegen das Ozeanium des Basler Zollis hatten die Grünen und Umweltverbände das Referendum ergriffen. Zur Abstimmung standen baurechtliche und städtebauliche Grundlagen für den Neubau. Bei der heftig geführten Debatte ging es aber in erster Linie um tierschützerische Aspekte.

Gegen das Ozeanium stark gemacht hatte sich namentlich auch die Fondation Franz Weber, die Grossaquarien als weder innovativ noch nachhaltig erachtet. Als Alternative zum «Konzept des vergangenen Jahrhunderts» hatte die Stiftung zum Schutz von Meer und Tieren 2014 ein virtuelles Multimedia-Fenster zum Ozean ohne lebende Tiere vorgeschlagen.

Der Bau des Grossaquariums hätte 100 Millionen Franken gekostet. Dieses Geld hätte der Zolli aus privaten Spenden auftreiben wollen. Zugesichert waren bis zur Abstimmung über 57 Millionen Franken. «Dieses Geld war klar zweckgebunden und wird dem Zolli nicht zur Verfügung stehen», sagte Zoo-Direktor Olivier Pagan nach Kenntnisnahme des Resultats.

Überraschendes Ja zu Juso-Initiative:

Gegen den Museums- und Archivneubau mit einer Gesamtfläche von knapp 20'000 Quadratmetern hatte die SVP das Referendum ergriffen. Hier waren vor allem die Kosten von 214 Millionen Franken umstritten. Bemängelt wurde überdies, dass das heute im sanierungsbedürftigen Berri-Bau auf dem Münsterhügel untergebrachte Naturhistorische Museum ins Aussenquartier St. Johann umziehen muss.

Ein unerwartetes Ja gab es für die «Topverdiener-Steuer» der Juso. Diese verlangt höhere Steuersätze für Einkommen ab 200'000 bei Alleinstehenden respektive ab 400'000 Franken bei den übrigen natürlichen Personen.

Nach Schätzungen der Behörden bringt die «Topverdiener-Steuer» dem Kanton Mehreinnahmen von 16 Millionen Franken pro Jahr. Angenommen wurde das Volksbegehren mit 52,71 Prozent Ja-Stimmen - dies bei 29'643 Ja und 26'600 Nein. Das Kantonsparlament hatte sich bei 47 zu 47 Stimmen mit Stichentscheid des Präsidenten gegen die Initiative entschieden.

Mit 50,08 Prozent Nein-Stimmen (28'341 gegen 28'250 Stimmen) wurde ferner die Krankenkassen-Initiative der Basler CVP mit einer Differenz von nur gerade 91 Stimmen äusserst knapp abgelehnt. Sie hatte einen steuerlichen Abzug der Krankenkassenprämien zum Inhalt, war aber wegen eines breit abgestützten Kompromisses bei der kantonalen Umsetzung der Steuervorlage 17 auch bei bürgerlichen Parteien auf Ablehnung gestossen.

Die Initiative für eine «Topverdiener-Steuer» der Juso wird überraschend angenommen. Sie kam auf 52,35 Prozent der brieflichen Ja-Stimmen.

Volksinitiative gegen die Bündner Sonderjagd verfehlt das Ziel

Im Kanton Graubünden werden über 5000 Hirsche und Tausende Rehe weiterhin auf einer zweistufigen Jagd geschossen. Eine Volksinitiative zur Abschaffung der Sonderjagd im Spätherbst wurde trotz Rekordzahl von Unterschriften an der Urne verworfen.

In Graubünden haben die Stimmberechtigten die Sonderjagd an der Urne liquidiert. Im Bild der ehemalige Ski-Nationaltrainer und leidenschaftliche Jaeger Fritz Zueger (Archivbild).
Nach sechs Jahren Kampf haben die Befürworter der Abschaffung der Sonderjagd in Graubünden an der Urne verloren.Bild: KEYSTONE

Die Volksinitiative zur Abschaffung der Sonderjagd, lanciert aus Jäger- und Naturschutzkreisen, war mit einer Rekordzahl von über 10'000 Unterschriften eingereicht worden. An der Urne reichte es trotzdem nicht für die Annahme: Das Begehren wurde mit 34'548 zu 29'011 Stimmen bei 49,45 Prozent Beteiligung abgelehnt.

Die Initianten wollten den zweiten Teil des zweistufigen Jagdkonzepts liquidieren, die Sonderjagd. Sie wird Ende November und Anfang Dezember durchgeführt, wenn auf der ordentlichen Jagd im September zu wenige Hirsche und/oder Rehe geschossen worden sind.

Die Sonderjagd ist seit Jahren umstritten, weil die Vorschriften gelockert werden. Jung- und Muttertiere dürfen dann geschossen werden. Gegner kritisierten, es komme auf der Sonderjagd zu moralisch, ethisch und jagdlich verwerflichen Szenen.

Die zweistufige Bündner Jagd ist seit 1989 gesetzlich etabliert. Die Volksinitiative zur Abschaffung der Sonderjagd hatte im Parlament, im Bündner Grossen Rat, keine Chance. Nur ein einziger Grossrat von insgesamt 120 stimmte ihr zu.

Initiative für SBB-Werkstätten in Bellinzona chancenlos

Im Kanton Tessin ist die Volksinitiative «Giù le mani dalle officine» (Hände weg von den Werkstätten) für die Erhaltung der SBB-Werkstätten in Bellinzona abgelehnt worden. Ebenfalls verworfen wurde ein Kredit für die Verflüssigung des Verkehrs in der Magadinoebene.

Gianni Frizzo, Sprecher der Werkstaette Bellinzona, waehrend seiner Rede am Informationsanlass des Komitee gegen Abbau von SBB-Werkstaetten in Bellinzona, am Dienstag, 8. November 2016 in Bellinzona.  ...
Gianni Frizzo, Sprecher der Werkstätte Bellinzona, bei einer Versammlung 2016. Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Die Volksinitiative für die Erhaltung der SBB-Werkstätten wurde mit 65,3 Prozent Nein-Stimmenanteil abgelehnt, wie die Staatskanzlei mitteilte.

Das Volksbegehren war bereits 2010 eingereicht worden, nachdem zwei Jahre zuvor ein mehrwöchiger Streik gegen die von der Schliessung bedrohten SBB-Werkstätten in Bellinzona landesweit für Aufsehen gesorgt hatte. Die Initiative wurde allerdings erst 2016 wieder aufgenommen und am 20. Februar dieses Jahres im Grossen Rat bereits deutlich verworfen.

Ziel war es, die 400 Arbeitsplätze in den SBB-Werkstätten in Bellinzona zu retten. Zu diesem Zweck sollten die dortigen Aktivitäten ausgeweitet und ein neues Forschungszentrum für die Fördertechnik entstehen.

Spital Affoltern am Albis soll eine Zukunft haben

Das Spital Affoltern, am Dienstag, 12. Februar 2019, in Affoltern am Albis. Das Spital Affoltern steht vor der Schliessung. Der Stadtrat von Affoltern am Albis sieht keine Perspektiven fuer das einzig ...
Der Spital Affoltern bleibt bestehen.Bild: KEYSTONE

Das einzige Spital im Zürcher Säuliamt wird nicht geschlossen: Die Stimmberechtigten der 14 Trägergemeinden haben entschieden, das Spital Affoltern am Albis weiterzuführen. Es soll aber anders positioniert werden, damit es eine Zukunft hat.

In drei separaten Vorlagen haben die 14 Trägergemeinden des Säuliamtes entschieden, den Zweckverband des Spitals Affoltern aufzulösen und zwei Nachfolgeorganisationen für Spital und Langzeitpflege zu gründen. Mit der Abstimmung vom Sonntag wurden die gemeinnützige AG Spital Affoltern und die interkommunale Anstalt (IKA) Pflegezentrum Sonnenberg ins Leben gerufen.

Damit vertrat die Bevölkerung eine andere Meinung als der Stadtrat der Standortgemeinde Affoltern am Albis und auch als der Zürcher Regierungsrat. Beide hielten eine Schliessung des kleinen und auch veralteten Spitals für den besseren Weg.

Churer Hausberg wird mit neuer Bahn erschlossen

In Chur wird eine neue Bahn direkt von der Stadt ins Skigebiet nach Brambrüesch gebaut. Das Projekt der Bergbahnen Chur-Dreibündenstein wurde an der Urne mit 55 Prozent der Stimmen angenommen.

Den Investitionsbeitrag der Stadt von 24,4 Millionen Franken genehmigten die Stimmberechtigten mit 6400 zu 5124 Stimmen bei 48,2 Prozent Beteiligung. Gleichzeitig sprachen sie sich dafür aus, den jährlichen Betriebsbeitrag von derzeit 350'000 Franken nach Inbetriebnahme der neuen Anlage zu streichen - das mit 6963 zu 3905 Stimmen bei 47,1 Prozent Beteiligung.

Die gesamte Investitionssumme spricht die Stadt damit als A-fonds-perdu-Beitrag für die Realisierung der neuen Direktverbindung. Ersetzt werden sollen hätte aus technischen Gründen eigentlich nur der obere Teil der Verbindung. Machbar gewesen wäre diese Neuerung mit Kosten von 14 Millionen Franken.

Die Stadtregierung und das Gemeindeparlament entscheiden sich aber für die teurere Variante einer neuen Direktverbindung. Sie stelle punkto Nachhaltigkeit, Betriebskosten, Transportkomfort und Attraktivität die wirtschaftlichste Lösung dar.

Sprungschanzen in Einsiedeln weiterhin nur im Sommer in Betrieb

Einsiedeln beteiligt sich nicht an den Kosten, um die Sommer-Skisprung-Schanzen wintertauglich zu machen. Das Stimmvolk hat den 1,1-Millionen-Franken-Kredit mit einem Nein-Stimmenanteil von 71 Prozent abgeschmettert.

4369 Personen legten ein Nein in die Urne, 1814 ein Ja. Die Stimmbeteiligung lag bei 57 Prozent.

Der abgelehnte Kredit hätte Investitionsbeiträge von je 200'000 Franken an die Stiftung Einsiedler Schanzen und zehn jährliche Betriebsbeiträge von 70'000 Franken an die Schanzen Einsiedeln AG umfasst.

Die drei Schanzen können nur im Sommer genutzt werden, für den Winterbetrieb sind sie nicht eingerichtet. Lediglich die kleinste Schanze wird im Winter genutzt und vom Skiclub Einsiedeln präpariert.

Die Einsiedler Schanzen haben eine bewegte Vergangenheit. Mehrmals gerieten sie in grössere finanzielle Schwierigkeiten. Heute wird der Betrieb durch die Schanzen Einsiedeln AG sichergestellt. Die Schanzen werden seit Bestehen als Trainingszentrum für Skispringer genutzt und sind seit 2006 mit wenigen Unterbrüchen regelmässiger Austragungsort des FIS Sommer Grand Prix.

Ja sagten die Stimmberechtigten dafür zu einen Zusatzkredit von 992'000 Franken für den Bau des Schulhauses Trachslau.

Bildungsinitiativen des Baselbieter Lehrervereins verworfen

Zwei Bildungsinitiativen des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB) sind deutlich verworfen worden. Beide Volksbegehren richteten sich gegen eine weitere Schwächung der Baselbieter Schulen nach dem Sparkurs der letzten Jahre.

Die Initiative «Bildungsressourcen gerecht verteilen und für das Wesentliche einsetzen!» wurde mit 72 Prozent Nein-Stimmen verworfen, dies bei 19'982 Ja und 51'554 Nein. Die Stimmbeteiligung betrug 39,54 Prozent. Diese Initiative sollte die Grundansprüche der schulischen Infrastruktur im Bildungsgesetz verankern.

Verlangt wurden auch verbindliche Regeln für den Fall neuer Sparmassnahmen. In einer «Spar-Phase» sollen überdies neue überkantonale Reformprojekte nicht erlaubt sein.

Mit der mit 21'641 gegen 50'191 Stimmen abgelehnten zweiten Initiative «Stopp dem Abbau an den öffentlichen Schulen!» wollte der LVB vier Eckpfeiler schulischer Qualität sichern. So sollte im Kantonsparlament künftig ein Zweidrittelsmehr nötig sein, wenn beispielsweise die Schulklassen vergrössert oder die Kosten des Schulbetriebs auf die Eltern überwälzt werden sollen.

Luzerner Regierung bleibt eine bürgerliche Männer-Bastion

Die Frauen und die Linke sind auch in den nächsten vier Jahren nicht in der Luzerner Kantonsregierung vertreten. Der parteilose Marcel Schwerzmann und Paul Winiker von der SVP schaffen gemäss Endresultat die Wiederwahl, Korintha Bärtsch (Grüne) hat das Nachsehen.

Die Kandidatin der Grünen, Korintha Bärtsch, liegt bei den Regierungsratswahlen in Luzern im Rückstand.
Korintha Bärtsch, Kandidatin der Grünen, konnte die Regierungswahlen in Luzern nicht aufmischen.Bild: KEYSTONE

Wie erwartet, erzielte Justiz- und Sicherheitsdirektor Winiker das beste Resultat. Er kam auf 65'887 Stimmen. Im ersten Wahlgang hatte er das absolute Mehr nur knapp verpasst.

Die Ausmarchung um den letzten der fünf Regierungsplätze fiel klar aus. Im Gegensatz zum ersten Wahlgang konnte sich Finanzdirektor Schwerzmann dieses Mal vor der grünen Herausforderin Bärtsch platzieren. Er kam auf 59'746 Stimmen, sie auf 51'640 Stimmen. Die Stimmbeteiligung betrug 40,8 Prozent.

Im ersten Wahlgang waren die bisherigen Regierungsräte Guido Graf und Reto Wyss (beide CVP) sowie der neue Fabian Peter (FDP) gewählt worden. Damit bleibt der Luzerner Regierungsrat weitere vier Jahre ein bürgerliches Männergremium.

Die SP hatte vor vier Jahren den traditionellen linken Sitz im Luzerner Regierungsrat an die SVP verloren. Sie zog nach dem ersten Wahlgang ihren Kandidaten zu Gunsten der grünen Kandidatin Bärtsch zurück. Diese konnte sich aber, trotz Erfolgen der Ökoparteien bei den Kantonsratswahlen, nun nicht durchsetzen.

Schwyzer sagen Ja zu «Transparenzgesetz light»

Die Politik im Kanton Schwyz wird eine Spur transparenter, «wilde Kandidaturen» sind Geschichte. Das Stimmvolk hat am Sonntag dem Transparenzgesetz überraschend zugestimmt. Es droht allerdings ein juristisches Nachspiel.

Das Schwyzer Stimmvolk nahm das neue Gesetz mit einem Ja-Stimmenanteil von 54 Prozent (24'713 Ja zu 20'687 Nein) an. Die Stimmbeteiligung lag bei 44 Prozent. Das Gesetz geht auf die Transparenz-Initiative der Juso zurück, die vor einem Jahr äusserst knapp angenommen wurde.

Es verpflichtet unter anderem Parteien und andere politische Gruppierungen und Organisationen, die Finanzierung ihrer Wahl- und Abstimmungskampagnen offenzulegen. Ausserdem regelt es die Offenlegung von Interessenbindungen von Kandidierenden für politische und öffentliche Ämter.

Diese Pflicht gilt nicht für Nationalratswahlen, weil für diese der Bund zuständig ist. Das führt zur eigenartigen Situation, dass Ständeratskandidaten ihre Interessen offenlegen müssen und Nationalratskandidaten nicht, obwohl die Wahlen am selben Tag stattfinden.

Mit dem neuen Gesetz wird den «wilden Kandidaten» ein Ende beschert. Bislang gab es mit Ausnahme der Kantonsratswahlen bei den Majorzwahlen kein zwingendes Anmeldeverfahren, so dass man auch kurz vor dem Urnengang noch neue Kandidaten oder Listen einbringen konnte. Weil deren Überprüfung gemäss Regierungsrat kaum möglich ist, wird eine zwingende Anmeldefrist eingeführt.

Im Thurgau sollen öffentliche Akten zugänglich werden:

Im Kanton Thurgau zeichnet sich ein Ja zum Öffentlichkeitsprinzip ab. Nach der Auszählung von 57 von 80 Gemeinden befürworten 79 Prozent der Stimmberechtigten die Initiative «Offenheit statt Geheimhaltung».

Bisher gehört der Kanton Thurgau zu den wenigen Kantonen, in denen noch das Geheimhaltungsprinzip gilt.

Nach zwei gescheiterten Vorstössen im Parlament hatten Initianten verschiedener Parteien vor gut einem Jahr die kantonale Volksinitiative «Offenheit statt Geheimhaltung» eingereicht.

Luzerner Gemeinden und der Kanton verteilen Aufgaben neu

Der Kanton Luzern entlastet die Gemeinden im Volksschulwesen und im Wasserbau um 200 Millionen Franken. Dafür müssen die Kommunen neue Aufgaben übernehmen. Das Luzerner Stimmvolk hat die umstrittene Aufgaben- und Finanzreform 2018 genehmigt.

Das neue Gesetz kam am Sonntag an der Urne mit einem Ja-Stimmenanteil von rund 57 Prozent durch. 64'788 Personen stimmten für die Finanzvorlagen, 49'049 dagegen. Die Stimmbeteiligung lag bei 44 Prozent.Im Luzerner Kantonsrat war die AFR18 als austariertes Kompromisswerk bezeichnet worden, das so kompliziert sei, dass an ihm nicht mehr geschraubt werden dürfe. Das Parlament folgte dieser Mahnung und genehmigte das Reformwerk unverändert.

So werden nun die Gemeinden im Volksschulwesen und im Wasserbau um 200 Millionen Franken entlastet. Im Gegenzug müssen sie Verpflichtungen vom Kanton übernehmen, unter anderem die Ergänzungsleistungen zur AHV und zur IV sowie die Prämienverbilligungen für Sozialhilfebezüger.

Beschwerde hängig

Der Verband der Luzerner Gemeinden arbeitete an der AFR massgeblich mit und unterstützte sie. Zwölf Gemeinden, darunter die Stadt, die nicht Mitglied des Gemeindeverbandes ist, bekämpfte die Vorlage aber vehement. Sie sahen durch diese die Gemeindeautonomie gefährdet.

Zentraler Zankapfel war der vorgeschriebene Steuerfussabtausch: Die Gemeinden müssen für ein Jahr ihren Steuerfuss senken, damit der Kanton seinen erhöhen kann. Die oppositionellen Gemeinden befürchteten, dass die erzwungenen Einnahmenausfälle später mit einer Steuerfusserhöhung ausgeglichen werden müssen. Ein weiterer Kritikpunkt war die Verteilung der Mehrerträge aus der Bundessteuer.

Ob die AFR-Vorlage rechtens ist, muss das Bundesgericht entscheiden. Privatpersonen aus dem Umfeld der Gegnergemeinden haben dort eine Beschwerde eingereicht.

Flims erhält eine neue Pendelbahn

Das Unesco-Weltnaturerbe Tektonikarena Sardona wird von der Bündner Seite her neu erschlossen. Die Stimmberechtigten in Flims hiessen einen Kredit von 20 Millionen Franken an den Bau einer neuen Pendelbahn mit einem soliden Ja gut.

679 Ja zu 491 Nein lautet das Resultat der Flimser Gemeindeabstimmung bei einer Stimmbeteiligung von 64,9 Prozent. Der Endpunkt der neuen Bahn soll zu einem Besucherzentrum mit integriertem Restaurant ins Weltnaturerbe-Gebiet oberhalb von Flims führen.

Besucherinnen und Besucher sollen dort unmittelbar vor dem Unesco-Weltnaturerbe Tektonikarena Sardona stehen und die Tschingelhörner mit dem Martinsloch bestaunen können. Die Tektonikarena Sardona ist auch bekannt unter dem Namen Glarner Hauptüberschiebung. Das Gebiet im Kantonsdreieck von St. Gallen, Glarus und Graubünden wurde 2008 von der Unesco in den Stand eines Weltnaturerbes gehoben.

Mit der Neuerschliessung soll die Region zum Magnet werden für Natur-, Kultur-, Sport- und Freizeitreisende. Die Gesamtkosten der neuen Bahn belaufen sich auf 80 Millionen Franken. Ebenfalls 20 Millionen Franken soll die Weisse Arena AG beisteuern. Die restliche Finanzierung von 40 Millionen Franken soll über einen Bankkredit und Beiträge erfolgen.

Mit Material der sda

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Mit Zangen-Plakaten gelang es Christoph Blocher und der SVP, am 6. Dezember 1992 den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu bodigen.
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60 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P.
19.05.2019 12:27registriert August 2018
Mit den Leistungskürzungen wollen Sozialdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) und die bürgerliche Parlamentsmehrheit erreichen, dass Sozialhilfebezüger im Kanton Bern keinen höheren Lebensstandard erreichen als Niedriglohnverdiener.

Nun gut.

Wie wäre es, ist nur ein scheuer Vorschlag, wenn ihr hochgeachteten und gut verdienenden Bürgerlichen schaut, dass in euren Firmen die Niedriglohnverdiener endlich mal anständige Löhne bekommen ?

Unfassbar, wie die Bürgerlichen argumentieren.
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Posersalami
19.05.2019 13:04registriert September 2016
" Mit den Leistungskürzungen wollen Sozialdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) und die bürgerliche Parlamentsmehrheit erreichen, dass Sozialhilfebezüger im Kanton Bern keinen höheren Lebensstandard erreichen als Niedriglohnverdiener."

Es wäre ja auch ein No-go, wenn man den Niedriglohnsektor per Gesetz abschaffen würde! Es wäre absolut kein Problem, endlich einen vernünftigen Mindestlohn (pro Stunde) ins Gesetz zu schreiben!

Aber lieber den Leuten noch mehr wegnehmen. Unfassbar, die Vollpfosten von der SVP.
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nöd ganz. klar #161!
19.05.2019 14:12registriert April 2019
Wenn das Sozialhilfegesetz angenommen wird, ist das wie Wasser in die Mühlen der Rechtsnationalisten.
Es sichert ihnen, auf längere Zeit hinaus, eine Wählerschaft, welche mit 50 aussortiert wurde, und dann von der gekürzten SH leben soll. Das Geld wird immer weniger, und Köbi und Käti glauben ihren Aposteln der rechten Ecke, dass entweder Europa, die Asylanten, die linken Gutmenschen oder Greta die Verursacher ihrer Notlage sind.
Typisches nach unten treten, um später dann wieder fleissig die SVP am Stammtisch, auf Wahlzetteln und in Kommentarspalten zu verteidigen.
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15 Milliarden für Armee und Ukraine: Mega-Deal im Bundeshaus schafft erste Hürde
Es ist ein Deal, wie man ihn in Bern kaum je gezimmert hat. Jetzt hat eine erste Kommission Ja gesagt dazu, das Armee-Budget schnell aufzustocken und zugleich den Wiederaufbau der Ukraine zu unterstützen. In einem Punkt ist dies sehr brisant.

Die Schuldenbremse ist ein helvetisches Heiligtum. Weil der Bund keine Defizitwirtschaft will, war es bislang nicht möglich, die Armee schnell aufzurüsten und der Ukraine Milliarden für den Wiederaufbau zukommen zu lassen. Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) pocht auf das Einhalten der Schuldenbremse. Zugleich, so hört man, möchte Verteidigungsministerin Viola Amherd (Mitte) mehr Flexibilität, um angesichts der neuen Bedrohungslage mehr Mittel fürs Militär freizumachen.

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