Schweiz
Leben

Täglich erleben Frauen während der Geburt Gewalt.

epa06110559 Eniko Milo (R) is seen during labor while giving birth to her son Levente in the Josa Andras Education Hospital’s Obstetrics Gynecology Department in Nyiregyhaza, 227 km east of Budapest,  ...
Nicht jede Frau will, dass der Arzt ihr von oben auf den Bauch presst. Bild: EPA MTI

Wenn Frauen während der Geburt Gewalt angetan wird, können sie sich kaum dagegen wehren

Ein neu gegründeter Verein setzt sich gegen Gewalt unter der Geburt ein. Tagtäglich würden bei gebärenden Frauen Eingriffe vorgenommen, die sie nicht wollten, so die Vereinspräsidentin. 
04.04.2018, 05:0804.04.2018, 16:54
Michael Nittnaus / bz Basel
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Wenn Hebammen sich während der Geburt auf den Bauch der Gebärenden legen, um das Kind nach unten zu pressen, so kann das helfen. Von der Frau kann der Druck aber auch als Übergriff empfunden werden, der ihr Schmerzen bereitet und gegen den sie sich nicht wehren kann.

Wenn der Arzt entscheidet, einen Dammschnitt vorzunehmen, ohne die Frau zu informieren, kann das in einer Notsituation, in der jede Sekunde zählt, vorkommen. Von der Frau kann es aber auch als Gewaltakt wahrgenommen werden, der sie völlig unvorbereitet trifft.

Ein «Strengen Sie sich an!» kann je nach Tonfall motivierend oder aggressiv wirken. Es ist diese Ambivalenz, die beim Thema «Gewalt unter der Geburt» besonders bewegt.

Der Artikel der «Schweiz am Wochenende» vom Samstag, der die Situation beim Universitätsspital Basel und dem Bethesda-Spital beleuchtete, löste viele Reaktionen aus.

Verein will Frauen mobilisieren

«Es sind nicht bloss Einzelfälle, sondern Gewalt unter der Geburt kommt tagtäglich vor», sagt Monika Di Benedetto. Die Winterthurerin ist Präsidentin des erst vor einem Monat gegründeten Vereins Roses Revolution Schweiz. Zusammen mit zwei Mitstreiterinnen hat sie die international bereits etablierte Bewegung ins Land gebracht.

Der Verein sieht seine Aufgabe darin, auf Gewalt und Respektlosigkeit unter der Geburt aufmerksam zu machen. Jeweils am 25. November legen betroffene Frauen eine Rose und einen Brief bei der Klinik nieder, mit der sie schlechte Erfahrungen gemacht haben.

Di Benedetto hatte vor zehn Jahren selbst ein traumatisches Erlebnis bei der Geburt ihrer ersten Tochter. «Bei mir wurde die Geburt gegen meinen Willen medikamentös eingeleitet. Ich bekam einen Wehensturm, schrie vor Schmerzen, doch man liess mich im Gebärsaal völlig allein – weil die Hebammen überlastet waren.»

«Man liess mich im Gebärsaal völlig allein – weil die Hebammen überlastet waren.»
Monika Di Benedetto

Danach habe sie sich zu einer Doula ausbilden lassen, einer traditionellen Geburtsbegleiterin, die Hebammen unterstützt. «Seither erlebte ich auch in grossen Spitälern wunderschöne Geburten», sagt die 41-Jährige. Es stehe und falle mit den Ressourcen.

Jetzt auf

Die Geburt im Geburtshaus sei deshalb nicht einfach die Antwort auf alle Probleme. Und Beleg-Hebammen, die eine durchgehende Betreuung garantieren, gebe es schlicht noch zu wenige, da der Beruf sehr viel abverlange.

Nur eines ist für Di Benedetto klar: «Nur wenn sich die betroffenen Frauen wehren, können wir auch etwas verändern. Dann können uns die Spitäler nicht mehr ignorieren.» 

Das Geschlecht des Babys selbst auswählen?

Video: srf
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90 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DerGrund
04.04.2018 06:28registriert November 2015
Jeden Tag kommt auf schweizer Notaufnahmen Gewalt gegen Patienten vor. Ihnen werden ungefragt Nadeln unter die Haut gesteckt, Stromschläge (Defibrillationen) und chirurgische Eingriffe angetan, ohne dass die Patienten sich wehren können.

Nun, so ist das nun mal in kritischen Situationen, man hat nicht die Zeit zu diskutieren und die Patienten sind aufgrund der Ausnahmesituation häufig auch nicht entscheidungsfähig. Man darf und muss sofort reagieren, insbesondere wenn das Kindswohl mit auf dem Spiel steht. Oder soll man dem kritischen Notfall mit Nadelphobie die Medis vorenthalten?
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JuliSaflor
04.04.2018 09:04registriert April 2016
Ich kann mich noch gut erinnern mich wie in Trance während der Geburt gefühlt zu haben.Die Schmerzen haben mich völlig vereinnahmt.Nun lag mein Baby aber mit dem Gesicht nach oben. Hätten mir die Hebammen nicht immer wieder klare Anweisungen gegeben was ich machen,wie ich mich drehen, setzen oder pressen soll, wäre es ein Kaiserschnitt geworden. Eine Geburt ist ein Ausnahmezustand und gerade wenn eine Frau Probleme hat,ist es manchmal lebenswichtig das Hebamme oder Arzt eingreifen. Zum Wohle der Gebärenden sollten Hebammen keine Angst vor Klagen haben,nur weil sie ihren Job gemacht haben.
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ChiliForever
04.04.2018 11:07registriert November 2016
Auch dieser Artikel ist mal wieder ein strahlender Beweis dafür, daß unsere Gesellschaft ausschließlich Luxusprobleme hat, wenn sich darüber mokiert wird, daß Hebammen und Ärzte in Behandlungs-Stress-Situationen doch tatsächlich Entscheidungen treffen und diese nicht grenzenlos mit den Patienten ausdiskutieren - wo es doch die Patienten, google sei dank!, nach stundenlangem recherchieren tausend mal besser wissen als diese stümperhaften, jahrelang komplex ausgebildeten Ärtze und Hebammen....

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