Schweiz
Landwirtschaft

Landwirtschaft: Der Bundesrat verordnet den Bauern mehr Umweltschutz

Der Bundesrat verordnet den Bauern mehr Umweltschutz – richtig zufrieden ist niemand

Die Landwirtschaft belaste die Umwelt derzeit zu stark, findet der Bundesrat. Mit seiner Vorlage zur Agrarpolitik soll sich das ändern. Doch weder Bauernverband noch Umweltschutzverbände sind damit zufrieden.
14.02.2020, 06:15
Maja Briner / ch media
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Die Wünsche an die Adresse der Bauern sind gross und widersprüchlich. Sie sollen die Tiere bestmöglich halten, wenig – am besten gar keine – Pestizide einsetzen, Sorge zur Umwelt tragen. Sie sollen gute Qualität produzieren – und zwar zu einem vernünftigen Preis. Gleichzeitig kommt der Grenzschutz im Zuge von Freihandelsabkommen stärker unter Druck.

Wie also soll es mit der Landwirtschaft weitergehen? Am Donnerstag hat der Bundesrat seinen Plan vorgelegt, wie sich die Agrarpolitik ab 2022 weiterentwickeln soll. Er setzt den Fokus auf die Umweltbelastung. Bundesrat Guy Parmelin sagte: «Wir wollen den Druck der Landwirtschaft auf die Umwelt senken.»

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Bauern sollen weniger Pestizide einsetzen, fordert der Bundesrat. Im Bild: die Kirschernte. Bild: KEYSTONE

Besonders schädliche Pestizide sollen verschwinden

Das heisst insbesondere: Die Bauern sollen weniger Pestizide einsetzen, die Stickstoff- und Phosphorbelastung sowie die Treibhausgasemissionen reduzieren. Erreichen will der Bundesrat dies mit einem wilden Strauss an Massnahmen. Einige davon sind zwingend für alle Bauern, die Direktzahlungen erhalten, andere sind freiwillig.

Konkret sollen zum Beispiel alle Bauern, die Direktzahlungen erhalten, keine Pestizide «mit erhöhtem Umweltrisiko» mehr einsetzen dürfen. Der Bundesrat will weiter mit finanziellen Anreizen locken: Der Verzicht auf Pestizide soll via Direktzahlungen belohnt werden.

Die Bauern sollen zudem beispielsweise weniger Hofdünger pro Hektare ausbringen dürfen. Dadurch will der Bundesrat die Stickstoff- und Phosphorbelastung reduzieren. Für Betriebe mit sehr vielen Tieren könnte das bedeuten, dass sie entweder überschüssigen Dünger wegführen oder ihre Tierbestände reduzieren müssten.

Der Bundesrat schlägt seinen ökologischeren Kurs auf äusseren Druck hin ein: Die geplanten Massnahmen sind auch eine Antwort auf die Trinkwasser-Initiative. Diese fordert unter anderem Direktzahlungen nur noch für Bauern, die keine Pestizide einsetzen. Mit seiner Reform der Agrarpolitik erhofft sich der Bundesrat, die Initiative einfacher bodigen zu können.

Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des Eidgenoessischen Departements fuer Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), spricht an einer Medienkonferenz ueber die Botschaft zur Weiterentwicklung der Agrarpo ...
Will mehr Leistung für gleich viel Geld: Bundesrat Guy Parmelin.Bild: KEYSTONE

Ritter: «Ziele sind sehr ambitiös»

Für die Bauern bedeutet der bundesrätliche Vorschlag mehr Auflagen. Das Budget bleibt dabei in etwa gleich: Der Bundesrat will die Bauern von 2022 bis 2025 mit 13.8 Milliarden Franken unterstützen. «Die Landwirtschaft wird in Zukunft mehr leisten für den gleichen Betrag», erklärte Guy Parmelin. Beim Bauernverband kommt das nicht gut an.

Der Bundesrat verlangt viel», sagt Präsident Markus Ritter. Die Pläne im Umweltbereich seien sehr ambitiös, findet der St. Galler CVP-Nationalrat. «Das führt zu mehr administrativem Aufwand und höheren Kosten für die Bauern.»

Erträge könnten sinken

Was Ritter besonders stört: «Der Bundesrat macht uns im Inland mehr Auflagen, aber bei den Importen schaut er weg.» Das schwäche die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft. Gleichzeitig würden die neuen Vorgaben zu sinkenden Erträgen führen – und damit zu mehr Importen, warnt Ritter. Würden weniger Pestizide eingesetzt, stiegen die Risiken bezüglich Ertrags- und Qualitätssicherheit zu.

Nationalrat Markus Ritter, Praesident Schweizer Bauernverband, anlaesslich der Jahresmedienkonferenz des Schweizer Bauernverband, am Donnerstag 2. Januar 2020, in Worb. (KEYSTONE /Marcel Bieri)
Bauernpräsident Markus Ritter.Bild: KEYSTONE

«Und wenn weniger Dünger ausgetragen werden darf, müssen die Tierbestände reduziert werden.» Betroffen wären insbesondere auch die Ost- und die Zentralschweiz, sagt Ritter.

Auch der Bundesrat räumt ein, dass die Produktion leicht zurückgehen könnte. Möglicherweise könne dies aber durch technologische Fortschritte wettgemacht werden, meinte Parmelin.

Umweltverbände werfen Bundesrat Mutlosigkeit vor

Auch Umweltverbände und die Grünen sind mit dem Bundesrat nicht zufrieden. Griffige Massnahmen fehlten, kritisierte etwa Pro Natura. Und die Grünen fordern, es brauche nicht nur eine Reduktion des Pestizideinsatzes, sondern einen «griffigen Plan für den Ausstieg».

Die Reaktionen geben einen Vorgeschmack auf die anstehende Debatte im Parlament. Bundesrat Parmelin zeigte sich am Donnerstag überzeugt, eine gute Lösung vorgelegt zu haben. Wenn niemand ganz zufrieden sei, sei das ein gutes Zeichen, sagte er. Zumindest das hat er erreicht. (bzbasel.ch)

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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Avalon
14.02.2020 08:26registriert September 2018
Logisch ist der Herr Ritter dagegen 🙄 seine Mission ist es, die bestehende Landwirtschaft zu verteidigen.
In einem muss ich ihm jedoch recht geben: Bei den Importen müssen die gleichen Vorschriften gelten.
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brudi
14.02.2020 08:07registriert März 2018
Wir bauern sind schon lange ein Spielball der Politik. Jahrelang hieß es wir müssen unternehmerischer denken. Unsere Betriebe spezialisieren und diversifizieren. Wir könnten nicht weiterwursteln wie unsere Großväter welche Kühe, Schweine, Hühner, Ackerbau obstbau usw. Auf einem Hof betrieben.
Jetzt also wieder zurück auf Start zu gotthelf Zeiten.
Viele meiner Kollegen sind bereit auf bio umzustellen (auch ich) leider fehlt der Absatzmarkt. Und bio produzieren zu dumpingpreisen geht halt nicht.
Also liebe Mitbürger: nicht nur bio predigen sondern auch kaufen.
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Borki
14.02.2020 09:12registriert Mai 2018
Alles, was zu einer Senkung der Tierbestände führt, ist zu begrüssen. Solange jedenfalls im langjährigen Durchschnitt immer noch Futtermittel importiert werden muss.

Kompensieren können wir das, in dem wir weniger, aber besseres Fleisch essen, nicht durch mehr Importe. Sprich wir sollten jeden auch nur einigermassen WTO-tauglichen Kniff anwenden, um Fleischimporte unattraktiv zu machen. Und natürlich uns als Kunden entsprechend verhalten.

Interessen-Deklaration:
Unser Wald leidet extrem unter den Stickstoffeinträgen aus der Lanwirtschaft. Ja, ich bin als Förster parteiisch.
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