Warnetiketten auf gephotoshoppten Bildern: In Ländern wie Israel und Frankreich ist das bereits Realität, bald kommt auch Norwegen dazu. Im skandinavischen Land müssen gar Influencerinnen und Influencer bald retuschierte Werbebilder als solche kennzeichnen.
Bilder von perfekt gestählten Körpern oder porenfreier und glatter Haut können besonders bei Jugendlichen einen Einfluss auf das eigene Körperbild haben. In einer Befragung im Auftrag der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz bei 13- bis 16-Jährigen fand sich etwa die Hälfte der befragten Mädchen zu dick und 77 Prozent der befragten Jungen fanden sich zu wenig muskulös.
«Unrealistische Bilder und Videos aus den sozialen Medien können unter anderem der Grund für diese Unzufriedenheit sein», erklärt Chiara Testera, Leiterin Kantonale Aktionsprogramme, bei der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz.
Die Schweiz kennt zwar kein Gesetz wie in Frankreich oder Norwegen. Doch die Möglichkeit gegen stark bearbeitete Bilder vorzugehen gäbe es. Anfang 2019 führte die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) bei den Bestimmungen für faire und lautere Werbung den folgenden Grundsatz ein:
«Es ist unlauter, in der kommerziellen Kommunikation computertechnisch bearbeitete Abbildungen von Körpern und Körperformen in täuschender Weise einzusetzen, um damit eine Wirkung oder ein Ergebnis auszuloben, die bzw. das nicht erzielbar ist.»
Obwohl der Grundsatz bereits seit zwei Jahren in Kraft ist, hat die SLK noch keine Beschwerden diesbezüglich erhalten. «Was wir regelmässig erhalten, sind Beanstandungen zu sexistischen oder übersexualisierten Werbeanzeigen», sagt Marc Schwenninger von der Stiftung der SLK. Dass zu den retuschierten Bildern noch keine Beschwerden gekommen seien, erklärt sich Schwenninger damit, dass diese Möglichkeit womöglich noch zu wenig bekannt sei.
Testera von der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz findet die Beschwerdemöglichkeit bei der Lauterkeitskommission eine gute Massnahme. Noch besser fände sie aber ein nationales Gesetz, das Hinweise bei retuschierten Bildern vorsieht. «Erfahrungsgemäss haben es solche Gesetze aber eher schwierig in der Schweiz», sagt sie und ergänzt: «Es ist zudem wissenschaftlich noch unklar, ob solche Warnetiketten wirklich etwas bringen.»
Komme hinzu, dass ein Gesetz alleine nicht das einzige Mittel sei, um auf unrealistische Körperbilder aufmerksam zu machen. «Wir müssen auch direkt mit den Jugendlichen in Kontakt treten. Beispielsweise in Schulen, wo wir ihre Medienkompetenz schulen und ihr kritisches Denken fördern», so Testera.
Die Sensibilisierung der Jugendlichen sowie deren Eltern und weiteren Bezugspersonen sei enorm wichtig. Denn die Flut an perfekt inszenierten Social-Media-Bildern kann dazu beitragen, dass ein negatives Körperbild entsteht. Dieses kann negative Einflüsse auf die Gesundheit und Psyche der Jugendlichen haben. «Wer sich in seinem Körper nicht mehr wohlfühlt, kann zum Beispiel ein gestörtes Essverhalten entwickeln.»
Neben der Aufklärung in den Schulen strebt die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz künftig an, vermehrt auch das freiwillige Engagement von Betrieben und Fachverbänden in den Bereichen Medien und Mode zu fördern. Für kommenden Frühling ist ein Roundtable mit entsprechenden Playern aus diesen Branchen geplant. Ziel sei es, die grossen Player in der Modebranche zu motivieren, selbst gegen unrealistische Körperdarstellungen vorzugehen. «Zum Beispiel, indem man Mode für alle Körpergrössen- und -formen zeigt.»