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SRF-Sendung mit Mona Vetsch: Der Tote hätte nicht gezeigt werden dürfen

Die Rettungskräfte auf dem Weg zu einem Einsatz in einem Einkaufszentrum in Basel.
Die Rettungskräfte auf dem Weg zu einem Einsatz in einem Einkaufszentrum in Basel. bild: srf
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Warum das SRF den sterbenden Mann nie hätte zeigen dürfen

Das SRF zeigt in der jüngsten Folge von «Mona mittendrin» eine Szene, in der ein Mann stirbt. Das ist medienethisch bedenklich – und zieht einen Rattenschwanz an pietätloser Berichterstattung nach sich.
15.11.2019, 14:3315.11.2019, 15:24
Helene Obrist
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SRF-Reporterin Mona Vetsch begleitet in der jüngsten Folge von Mona mittendrin die Basler Berufsfeuerwehr. Nach einem Alarm in einem Einkaufszentrum müssen die Einsatzkräfte einen Mann aus einer WC-Kabine befreien. Der Mann erlitt einen Herz-Kreislauf-Kollaps. Zwölf Minuten lang versuchen Sanitäter den Mann zu reanimieren. Ohne Erfolg. Der Mann stirbt vor Ort – aufgezeichnet von den SRF-Kameras.

Die Szenen sind stark verpixelt, sie schockieren aber dennoch. Und sie sind medienethisch höchst bedenklich.

Der Tod ist einer der intimsten Momente in einem Menschenleben und gehört nur in absoluten Ausnahmefällen veröffentlicht – und auch dann gibt es Argumente, die dagegen sprechen.

Die Publikation eines Bildes des toten Terroristen Osama Bin Laden hätte damit gerechtfertigt werden können, dass er eine Person des öffentlichen Interesses war und sein Ableben historische Relevanz hat. Der damalige US-Präsident Barack Obama entschied sich dagegen.

Auf den toten Mann in der WC-Kabine in Basel trifft weder das eine noch das andere zu. Bei seinem Tod handelt es sich weder um ein relevantes Ereignis der Zeitgeschichte noch besteht ein öffentliches Interesse daran, seinen Tod zu zeigen.

Gegenüber dem «Blick» begründete SRF-Produzent Markus Storrer die Ausstrahlung der Szene damit, dass der Tod zum Berufsalltag von Feuerwehr und Sanität gehört. Das mag sein. Doch der Zuschauer begreift auch ohne solch explizite Szenen ziemlich genau, wie oft Sekunden zwischen Leben und Tod entscheiden – und welch wichtige Aufgabe Rettungskräfte tagtäglich leisten.

Dass es auch anders geht, zeigt ein SRF-Beitrag vom Oktober. In der Sendung «SRF bi de Lüt» versuchen Bergretter einen Verunfallten aus einer Gletscherspalte zu bergen. Als die Retter realisieren, dass die Person nicht mehr lebt, schalten sie direkt die Helmkamera aus.

Genau so hätte auch das Kamerateam bei «Mona mittendrin» reagieren müssen. In einer solchen Situation haben die Zuständigen einzig und allein den Auftrag, die Privatsphäre und Menschenwürde der Person zu respektieren – und die Kameras auszuschalten. Stattdessen wurde voll draufgehalten und danach ausgestrahlt.

Der «Blick» setzt dem Ganzen noch einen drauf. Erst veröffentlicht die Zeitung noch vor deren Ausstrahlung Screenshots der Szene – und prangert das SRF für sein Handeln an. Knapp zwei Tage später publiziert das Blatt den Namen und das Bild des verstorbenen Mannes auf einer Doppelseite.

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242 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bullygoal45
15.11.2019 14:40registriert November 2016
Ich bin kein Medien und kein Ehtikexperte. Für mich persönlich wäre es absolut bedenkenlos meinen Tod respektvoll und anonym zu zeigen.

Das Übeltäter ist für mich Blick! Der Name geht niemand was an. Auch wenn er ein D-Promi war.

Diese Sendung an sich hat aufklärende Wirkung und somit würde ich auch mein Tod zeigen. Doch was ich denke ist in diesem Fall ziemlich unwichtig..
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andybelle
15.11.2019 14:48registriert Februar 2014
Nein falsch. Es weiß eben nicht jeder was zu den Aufgaben der verschiedenen Rettungsdienste gehört. Ich finde es gut dass die Sequenz gezeigt wurde (sofern die Angehörigen damit einverstanden waren) damit wieder etwas mehr Verständnis und Respekt gegenüber der Arbeit der Rettungsdienste gezollt wird. Auch wenn ich bezweifle, dass die Menschen die die Rettungsdienste bei einem Einsatz willentlich behindern Zuschauer dieser Sendung sind...
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Else
15.11.2019 16:02registriert August 2017
Ich (freiw. Feuerwehrmann) habe die Sendung gestern mit meiner Frau (Pflegefachfrau auf der Intensivstation) gesehen. Wir waren uns spontan einig, dass die Szene, so wie sie gezeigt wurde zwar sehr traurig war und genau deshalb gezeigt werden sollte. Es ist hart: Bei Notfalleinsätzen sind Leben und Sterben so nahe beieinander. Für die Rettungskräfte können solche Situationen traumatisch sein, auch wenn sich die Feuerwehrmänner stark gaben hat man gemerkt dass ihnen das nahe geht. Deshalb war im Film auch die Nachbesprechung so zentral.
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