Eines vorab: Ja, ich esse Fleisch. Am liebsten Pferde-Steak. Aber ich mag auch veganes Essen – selbst eine Vegi-Wurst oder ein Vegi-Burger landet ab und zu auf meinem Teller.
Einträchtig stehen sie in unserem Bücherregal nebeneinander: «Tiptopf» an «Tiptopf». Links jener meiner Freundin, rechts meiner. Die Seiten von ersterem sind verkleckert und verklebt, meiner bis auf das Kapitel mit den Desserts (und vor allem die Seite mit dem Rouladen-Rezept) nahezu wie frisch aus der Presse. Unsere «Tiptopfs» sind die einzigen Schulbücher, die es in unsere gemeinsame Wohnung geschafft haben. In vielen Schweizer Haushalten dürfte das nicht anders sein.
«Mir hat ein Pfarrer einst gesagt, dass nach der Bibel für ihn der ‹Tiptopf› das wichtigste Buch sei», erzählte Marianne Keller, Mitautorin des Lehrmittels, einst gegenüber der «Schweizer Illustrierten». Eine Anekdote, die deutlich macht: Der «Tiptopf» ist in der Schweiz eine Institution.
Jetzt kommt ab 2019 also der «Greentopf» und damit eine vegetarische und vegane Variante des «Tiptopfs». Natürlich kann man sich zunächst einmal an dem Namen stören: Wortkombinationen aus zwei Sprachen gehen gar nicht. Man stelle sich vor, «Greenpeace» würde «Greenfrieden» heissen und das «Greenfield»-Festival «Greenfeld». («Tiptopf» ist übrigens abgeleitet von tiptop – gemäss alter Rechtschreibung.)
Den Traditionalisten missfällt aber etwas ganz anderes an der Publikation: Eine Ergänzung für den «Tiptopf» vorzuschlagen, ist für sie, als würde man die Kochkünste ihrer Mutter, ja Grossmutter beleidigen. Das ist Unsinn.
Drei Gründe, warum der «Greentopf» eine gute Sache ist.
Liebe «Tiptopf»-Fanatiker, niemand nimmt euch euer geliebtes Kochbuch weg. Der Original-«Tiptopf» von 1986 gibt es weiterhin und weiterhin dürfen Jugendliche in der Oberstufe nach ihm Fleischgerichte kochen. Aber – sie müssen nicht mehr.
Denn wer kein Fleisch isst, auch auf Milch und Eier verzichtet, oder einfach Pech im Leben hatte und kein Gluten verträgt, findet im Fake-«Tiptopf» Alternativen. Sie können ohne Graus mitkochen, respektive das, was sie zubereiten, auch essen.
Dass der «Greentopf» dabei nie den Stellenwert des «Tiptopfs» erreichen wird, ist auch schon klar. Ausserdem: Etwas Abwechslung in der Schulküche kann nicht schaden, oder?
Dass Fleisch nicht das gesündeste Nahrungsmittel überhaupt und der Fleischkonsum auch nicht unbedingt dem Klima zuträglich ist, sind Fakten. Es ist positiv, wenn sich die Schüler mit ihrer Ernährung und deren Auswirkungen auf ihren Körper und die gesamte Welt auseinandersetzen müssen. Und es gehört zur Aufgabe der Schule, dies zu vermitteln.
Mit dem «Greentopf» erhalten die Lehrpersonen dazu ein weiteres nützliches Lehrmittel. Denn wenn man schon sündigt, dann wenigstens bewusst. Wie ich mit meinem Pferde-Steak.
Vegane Ernährung wird gerne verteufelt. Dass Veganer Nahrungsergänzungsmittel benötigen, vor allem um das fehlende Vitamin B12 zu kompensieren, ist mittlerweile hinlänglich bekannt (übrigens: Auch viele Karnivoren haben zu wenig B12). Jeder kann von diesem Pillenschlucken halten, was er will. Letztendlich ist dies die Entscheidung des Einzelnen.
Das eigentliche Problem sind jene Veganer, die einfach mal drauflos veganern und sich nicht mit ihrer Ernährung auseinandersetzen. Es sind auch jene, bei denen es am ehesten zu Mangelerscheinungen kommt.
Hier bietet der «Greentopf» Hilfe. Nebst Rezepten versorgt die neue Publikation vegetarische und vegane Schüler auch mit Tipps über ihre Ernährung und macht sie darauf aufmerksam, worauf sie dabei achten müssen. Es gibt einen Garant dafür, dass die Tipps Hand und Fuss haben werden: Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung steht dem Projekt beratend zur Seite.