Schweiz
Kommentar

So geschickt macht die «Weltwoche» Kuno Lauener zum Coverboy

Kommentar

So geschickt macht die «Weltwoche» Kuno Lauener zu ihrem Coverboy

23.02.2017, 14:4324.02.2017, 09:35
Simone Meier
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Heute, liebe Leute, machen wir mal eine medienkritische Bildbetrachtung. Wir nehmen dazu das neue Cover der «Weltwoche» und schauen uns mal genau an, was weshalb wo steht. Doch rufen wir uns zuerst die letzten Cover in Erinnerung. Sie gingen so: Die Bürgerlichen, der Bundesrat und Flüchtlinge werden verarscht, Trump, Autofahrer und Israel sind super. Und jetzt?

Bild
bild: watson

Wir sehen einen Mann. Er ist nicht mehr jung, rechts unten steht sein Alter, 55, verlebt sieht er aus für seine 55, authentisch verlebt, das ist gut. Nach einer schnellen Durchsicht von Bildagenturen ist klar: Dies ist das mit Abstand schlechteste Foto, das es je von ihm gegeben hat. Aber gerade die fehlende Attraktivität sagt: einer von uns, kein Star. Dabei ist Kuno Lauener, seit Jahrzehnten Frontmann der Band Züri West, einer der allergrössten Stars der Schweiz. 

Bild
bild: watson

Jetzt steht er da. Man sieht ihm an: Er war sicher mal ein Enfant terrible. Und kaum hat man das gedacht, sieht man auch schon das Wort links von Kunos Kragen stehen, bloss ist es nicht auf ihn gemünzt: «Geert Wilders: Hollands Enfant terrible im Originalton», steht da. Ein Enfant terrible ist was Sympathisches. Ein liebenswerter Spinner. Der ultrarechte Geert Wilders nicht. Ausser für die «Weltwoche». Sie ist gross in der Verharmlosung des Gefährlichen. 

Kuno wird auf dem Cover sauber vereinnahmt, wird von rechts und links von Rechten umringt, ja umarmt.

Trump ist auch da, allerdings wird er heute von seiner Frau vertreten: «First Lady: Nur Heuchler kritisieren Melania.» Irgendwie musste ja auch noch eine Frau aufs Cover. Wahrscheinlich wegen der erotischen Spannung, die dann auf Seite 17 auch ausführlich beschrieben wird. Kuno, Liebling restlos aller Frauen über 38. Auch noch da: Der Walliser SVP-Politiker Oskar Freysinger. Wahrscheinlich wird auch er von Heuchlern kritisiert: «Wallis: Alle gegen Freysinger.» Armer Oski, arme Melli. 

Züri West 2017: «Schachtar gäge Gent»

Aber jetzt habt ihr ja Kuno. In eurer Mitte. Mit seiner tröstlich schönen, melancholischen Musik. «Züri West: Die Seele Berns» ist der Titel. «Bern», das ist dort, wo «Weltwoche»-Chef Roger Köppel jetzt im Parlament rumwütet. Wahrscheinlich war er Bern nach den Parlamentarier-Diss-Covern der letzten Wochen was schuldig. «Seele» ist immer gut. «Seele» ist was Warmes, Unideologisches, Liebes, Innerliches, ganz egal mit welchem Kopf sie verwachsen ist.

«Rote Hölle Schweiz: Christoph Mörgeli über den neuen linken Übermut» prangt ebenfalls auf der Titelseite. Rechts oben natürlich. Sicher wurde deshalb ein so müdes Bild von Kuno gewählt. Übermut sieht anders aus. Es gibt keine mögliche Assoziation zwischen Kuno und der roten Hölle, nicht auf der Ebene dieses Covers.

Kuno Lauener, Saenger der Berner Rockgruppe Zueri West in einer Aufnahme von 1994. (KEYSTONE/Karl-Heinz Hug) === ===
Once upon a time, we were falling in love: Kuno Launener 1994.Bild: KEYSTONE

Was auf der Ebene dieses Covers, aufgrund all der inszenatorischen und rhetorischen Effekte, die gesetzt werden, allerdings ein für allemal klar wird: Beim mehr oder weniger apolitisch singenden Kuno Lauener muss es sich schon um einen schwarzkaputzigen, Steine schmeissenden Linksextremen handeln, dass all diese Massnahmen zur erfolgreichen Neutralisation nötig waren.

Oder war die Anstrengung am Ende gar nicht so gross? Lassen Kunos Texte dies nicht alles ganz problemlos zu? Hat sich die Band in den letzten Jahren irgendwann einmal deutlich politisch positioniert? Es ist spannend, ob und wie sich Züri West in den kommenden Tagen zur Affäre «Weltwoche» stellen wird.

Fast hätten wir darüber noch einen weiteren Mann auf dem Cover vergessen. Hitler. Der ist wirklich, wirklich böse. Auch für die «Weltwoche». Glück gehabt. Er ist allerdings vor allem böse, weil «Schweizer Steuermillionen» zu seinen «Verehrern» fliessen. So ein Pech. 

Züri West 2017: «Schatteboxe»

P.S. Im Heft finden sich übrigens noch 6 Seiten zu Züri West, es ist in ihnen nur die pure Verehrung zu vernehmen, sie könnten auch in irgendeinem andern Blatt stehen. Ist Züri West eigentlich von der «Weltwoche» kontaktiert worden? Nicht direkt. «Um sieben Ecken herum», sagt der Manager, hätten sie erfahren, dass die «Weltwoche» was machen wird. Das ist auch nicht weiter verwerflich. Nur: Nichts fühlt sich jenseits von rechts so beschissen an, wie von der «Weltwoche» geliebt zu werden.

Was hinter diesen Album-Covers wirklich steckt

1 / 18
Was hinter diesen Album-Covers wirklich steckt
Wie sehen diese berühmten Covers eigentlich aus, wenn man ein bisschen weiter heraus zoomt? Diese Frage hat sich die Agentur Aptitude gestellt – und die Antwort darauf gleich selbst kreiert. Das berühmte Nirvana-Baby schwimmt auf dem Cover von «Nevermind» dem Geld hinterher. Aber nicht wie angenommen in einem Pool, sondern ...
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
93 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Sanchez
23.02.2017 16:30registriert März 2014
Nun, liebe Freunde..
Stay open minded. Ich lese täglich was Watson berichtet. Ich nehme aber auch jeden Donnerstag die Weltwoche aus meinem Briefkasten.
Ich will schliesslich von allen Seiten berieselt werden! Einseitiges Aufnehmen von Artikeln stumpft ab..
15739
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ohniznachtisbett
23.02.2017 15:36registriert August 2016
War ihnen langweilig Frau Meier? Jetzt mal im Ernst: Warum darf die Weltwoche nicht positiv über Züri West schreiben? Nun, ja Watson und die Weltwoche sind zwei so konträre Medien - politisch gesehen - da muss man sich ja ab und an Saures geben. Als Mensch, nicht so links wie Watson, nicht so rechts wie die WW, entlockt mir ihr Artikel ein leichtes Schmunzeln. Irgendwie kommt er mir vor wie dieser Bub im Sandkasten, das den Nachbarsjungen hasst. Heute hat er mal keinen Streit gesucht, also muss nun ersterer mal eine Hampflä Sand rüberwerfen... für mich: Plumpe Affiggerei ;-)
15566
Melden
Zum Kommentar
avatar
Entenmann
23.02.2017 16:40registriert April 2015
Habe ich das richtig verstanden? Die Weltwoche schreibt auf sechs Seiten lobend über Züri West und bildet deren Frontmann auf dem Titelbild ab? Ja, das ist wirklich skandalös.
12032
Melden
Zum Kommentar
93
Zug kollidiert bei Köniz BE mit Auto – Einschränkungen im Bahnverkehr

Ein Zug der Bahngesellschaft BLS hat in Köniz bei Bern am Donnerstagabend ein Auto auf einem Bahnübergang gerammt. Dabei wurde niemand verletzt.

Zur Story