Kürzlich war ich beim Vater-Kind-Guetzlen. Meine beiden Söhne, beide noch nicht im Kindergartenalter, freuten sich. Jööh, kann man da sagen – wie lässig. Man muss dazu wissen: Ich kann mit Weihnachts-Guetzli nichts anfangen. Mit dem Guetzlen nichts. Und auch mit dem Guetzli-Essen nichts.
Da waren wir also. Die Buben stibitzten fröhlich Teig, verteilten Mehl und Zucker überall auf Tisch, Boden, Kleidern, Gesicht. Bald einmal fanden sie es witziger, im Raum herumzurennen. Später entdeckten sie den Töggelikasten im Vorraum. Den fanden sie spannender als das Programm drinnen. Ich war ein bisschen stolz. Sie scheinen die Prioritäten richtig zu setzen.
Es tut mir ja leid, aber ich hasse Guetsli (weiss eigentlich jemand, ob man Guetzli oder Guetsli schreibt?). Na ja, hassen ist vielleicht übertrieben. Ich mag sie einfach nicht. Ich weiss gar nicht, wie es dazu kommen konnte. Eigentlich liebe ich Süsses. Also vor allem Schoggi. Aber alles andere praktisch nicht.
Mein Leben lang gab es immer irgendwo Weihnachts-Guetzli. Bei jedem Besuch beim Omi, mein Mami hat jeweils ihre wunderschönen bemalten Blechbüchsen gefüllt und gestapelt mit allen möglichen und unmöglichen Sorten. Jetzt backt meine Frau liebend gerne Guetzli. Unsere Söhne «helfen» tatkräftig mit und essen Weihnachts-Guetzli ohne Ende. Bei mir ging die Lust auf Weihnachts-Guetzli in später Kindheit irgendwie verloren.
Gleich geht's weiter mit Retos Rant, vorher ein kurzer Werbe-Hinweis:
Und nun zurück zur Story ...
Mailänderli – langweilig. Chräbeli – ich will mir doch keine Zähne ausbeisen. Brunsli – wääk. Zimtsterne – Warum? Schwabenbrötli – ich bitte dich. Spitzbuben – kann mir jemand die Konfi wegnehmen. Nusshäufchen – völlig unnötig, die arme Nuss. Alle Guetzli mit Deko – Deko abknabbern und gut ist.
Meine Frau beschwert sich jeweils, dass ich ihre Guetzlikünste nicht schätze. Das ist natürlich nicht wahr. Es trübe trotzdem ihre Freude. Ich kann da leider nur mit den Schultern zucken – und in ein gekauftes Guetzli (mit viel Schoggi) beissen. Das macht logischerweise alles noch schlimmer: Aber die gekauften Guetzli sind für mich – auch um die Weihnachtszeit herum – einfach die besten. Nichts gegen die Backkünste meiner Liebsten, wie andere Guetzli-Esser bestätigen, seien diese absolut hervorragend.
Die Geste des Guetzli-Schenkens find ich grossartig. Aber dieses Hypen von selbstgebackenen 48 Sorten in zwei Tagen. Die Guetzli-Liebhaber freuen sich dann auf die Adventszeit, weil man da Weihnachts-Guetzli backen kann. All die vielen Sorten, die man da wieder ausprobieren kann. Dann kommen sie alle mit ihren (mindestens) 20 Dosen mit selbstgemachten Guetzli, alle sind «sooo fein» – und wehe, du hast eines nicht so gern.
Sie tauschen Rezepte aus oder halten sie geheim. Sie diskutieren endlos über die Guetzli. Freuen sich, dass man beim einen auch noch bisschen Zucker weglassen und dafür Quinoa-Samensaft brauchen kann, dass sie noch besser schmecken und auch nicht mehr dick machen – völlig unverständlich.
Als ob das alles nicht schon genug wäre. Auch Instagram wird vollgespamt mit Guetzlibildern. Schlimmer noch als Wanderbilder im Sommer (wobei jene sind ja immerhin meist total schön, da hab ich volles Verständnis).
Kürzlich geriet ich mit meiner lieben Arbeitskollegin Lea in eine Weihnachts-Guetzli-Diskussion. Sie ist eigentlich super. Ziemlich bald schickte ich ihr ein Bild von gekauften «Alltagsguetzli», die ich mag. «RETO», schrieb sie in Grossbuchstaben – was sie in all den Jahren bisher noch nie machte –, «das sind keine Weihnachtsguetsli. Das ist so Fertig-Zeugs. Das kannst und darfst du nicht vergleichen.»
Haha, als ob das drauf ankommt. Unterscheiden zwischen Weihnachts-Guetzli und «All-Jahres-Guetsli». Das ist, wie wenn man nur die Fussball-WM schaut. Oder nur den Spengler Cup. Jeder weiss, das geht eigentlich nicht.
Wie auch immer. Fassungslos lässt man mich zurück, wenn man sich extra Tage frei macht, um sich mit Guetzli-Gleichgesinnten zu treffen und den ganzen Tag Guetzli zu backen. Lea sagt: «Am Abend ist mir dann zwar jeweils schlecht, aber es lohnt sich trotzdem.» Ohne Worte.
Am Abend nach dem Vater-Kind-Guetzlen brachte unsere Nachbarin noch Guetzli vorbei. Unser älterer Sohn haute rein und verkündete: «Die Guetzli hani mega gern. Weisch, die wo mir hüt gmacht händ, hani überhaupt nöd gern. Die sind uh grusig gsi.»
danke Mami, bisch Di best!