Das Klima wird wärmer und die Gletscher schmelzen. Unaufhaltbar. So unverwüstlich die gigantischen Eisriesen auch scheinen, so sicher sind sie dem Tod geweiht. Dies zumindest sagt der Schweizer Gletscherforscher Wilfred Haeberli in einem Interview im Rahmen der Gletscher-Initiative. Schon bei der Aufnahme seiner Tätigkeit um 1970 sei ihm bewusst gewesen, dass er als Gletscherforscher ein Sterbebegleiter seines eigenen Forschungsgegenstandes werden würde.
Dass die Eismassen in Gefahr sind, wissen auch Niklas Eschenmoser und Felix Keller. Die beiden kennen sich gut. Trotz verschiedener Ansätze verbindet sie die gemeinsame Leidenschaft und Sorge um die bedrohte Gletscherwelt.
Der 23-jährige Fotograf hat es sich in den letzten Jahren zur Aufgabe gemacht, die vergängliche Schönheit abzulichten und damit auf die Problematik der Gletscherschmelze aufmerksam zu machen. Entstanden ist daraus eine Foto-Serie, welche bei den «Sony World Photography Awards 2021»» nominiert wurde. In eigenen Worten beschreibt er sein Projekt:
Mit seinen Fotos versuche er seine Faszination für die Gletscher auf künstlerischem Weg zu übermitteln, erzählt Eschenmoser gegenüber watson. Der Funke der Faszination soll bei den Betrachtern schliesslich Sorge um die schönen Eisriesen entfachen. Damit wiederum soll ein neues Bewusstsein geschaffen werden. Ein Bewusstsein dafür, dass die Gletscher jedes Jahr mehrere Meter ihrer Eismasse einbüssen – unwiderruflich. Und zwar immer schneller, wenn nicht etwas dagegen unternommen wird.
Eine visionäres Projekt soll das Schmelzen der Gletscher verlangsamen: «MortAlive». Hinter dem Projekt stecken die zwei Glaziologen Johannes Oerlemans, gebürtiger Holländer, und der Schweizer Felix Keller. Mithilfe eines sogenannten Schmelzwasser-Recyclings soll der Morteratsch-Gletscher im Winter beschneit werden. Dabei wird das im Sommer entstehende Schmelzwasser gespeichert, um dann in Kunstschnee umgewandelt zu werden – alles ohne Strom.
Anhand eines extrem energieeffizienten Verfahrens, welches mit Wasserdruck arbeitet, erfolgt der Schneefall über mehrere «Schneiseile». Diese werden quer über den Gletscher gespannt und sollen bis zu zwölf Meter hohe Schneemassen bringen. So viel wird nämlich benötigt, um das darunter liegende Eis vollständig zu schützen.
Die Gletscherschmelze beinhaltet nicht nur den Verlust mächtiger Eiszungen, die durch ihre beeindrucke Ästhetik verzaubern. Es geht auch nicht um das veränderte Landschaftsbild – karge Böden, nackte Felsen, Schutt und Geröll – welches die schwindenden Gletscher hinterlassen. Viel mehr liegt die Problematik in den diversen Risiken, welche die Gletscherschmelze begleiten.
Überschwemmungen, Erdrutsche, Trinkwasserknappheit, die Bedrohung von Inselstaaten durch den Anstieg des Meeresspiegels und gefährdete Ökosysteme. Laut einer Studie des Glaziologen Hamish D. Pritchard werden in wenigen Jahrzehnten bis zu 221 Millionen Menschen im Himalaya-Gebiet von einer Verknappung der Trinkwasserversorgung betroffen sein.
Ziel des MortAlive Projektes ist es, die Beschneiungs-Technologie zukünftig auch in diesen Gebieten anzuwenden, um die drohende Trinkwasserknappheit aufzuhalten. Bei der Talstation Diavolezza in Pontresina wurde bereits eine Teststation errichtet. Seit Anfang Februar hängt dort das weltweit erste Schneiseil.
Noch handelt es sich dabei um eine Machbarkeitsstudie – das Projekt wartet noch auf die Bewilligung. Währenddessen knipst Eschenmoser weiter und teilt seine Fotos imposanter Berg- und Gletscherlandschaften auf seinem Instagram-Kanal.
Ich bin auch begeisterter Hobbyfotograf und leider ist diese Filterseuche kaum mehr wegzudenken. Es ist überall das gleiche.. schade!